Das Bucerius Kunst Forum thematisiert vom 8. Oktober 2022 bis zum 15. Januar 2023 mit der Ausstellung „Die neuen Bilder des Augustus. Macht und Medien im antiken Rom“ einen zentralen Aspekt antiker Bildkultur: den regelrechten Bilderboom, der sich unter dem ersten römischen Kaiser Augustus Bahn bricht. Im Fokus der von Prof. Dr. Annette Haug und Prof. Dr. Andreas Hoffmann kuratierten Ausstellung steht ein neues Verständnis von Bildsprache, -strategien, -medien und -materialien dieser Zeit. Dieses wird anhand von etwas mehr als 200 Objekten wie Statuen, Büsten, Reliefs, Wandgemälden, Münzen und Keramiken sichtbar gemacht, die u.a. aus dem Louvre in Paris, den Uffizien in Florenz, den Kapitolinischen und Vatikanischen Museen in Rom, dem Archäologischen Nationalmuseum in Neapel und weiteren bedeutenden europäischen Museen und Sammlungen stammen. Es ist die erste Ausstellung zu Augustus in Deutschland seit 34 Jahren.
Augustus markierte einen Wendepunkt in der römischen Geschichte. Als erster Kaiser (27 v. Chr. bis 14 n. Chr.) besaß er nicht nur eine immense Macht, sondern bediente sich auch neuartiger Kommunikationsstrategien. Dabei spielten Bilder eine ungeahnte Rolle. Eine zuvor nicht erreichte Omnipräsenz an Bildwerken, insbesondere des Kaisers, sowie ein großes Interesse an Abbildungen in der Gesellschaft sorgten für einen Bilderreichtum an allen Orten. Dahinter standen auch neue Auftraggeber:innen: Erstmals hatten nicht nur die Eliten, sondern die Gesellschaft in ihrer ganzen Breite an der Beauftragung und Rezeption der Werke teil. Die wirtschaftlichen Umstände begünstigten dies, so sorgten erfolgreiche Kriege für neuen Reichtum in der Gesellschaft, die Entdeckung der Steinbrüche in Luni für die umfangreiche Verfügbarkeit von Marmor und das Kopistenwesen für eine einsetzende serienhafte Kunstproduktion. Augustus nutzte die Möglichkeiten visueller Kommunikation in vielfältigen Medien strategisch: Porträtstatuen, Büsten, Reliefs, Bilder und Inschriften an Bauwerken sowie die Errichtung neuer öffentlicher Gebäude, Münzen und Schmuck vermochten seine intendierten Botschaften in allen Lebenskontexten und im ganzen Reich zu verbreiten. Dabei inszenierte und veränderte er sein Image jeweils passend zur politischen und gesellschaftlichen Situation, um seine Macht zu sichern. Auch im privaten Wohnraum wandelte sich der Geschmack. Ein neuer Bilderreichtum zeigte sich in Form regelrechter Pinakotheken mit Tafelbildern, Bildern auf Keramik und Möbeln sowie in den Innenhöfen und Gärten durch Statuetten, reich dekorierte Wasserbecken und Brunnen. Die Themen waren weniger politisch inspiriert, sondern kreisten vor allem rund um die Götter Bacchus und Venus.
Die politische Instrumentalisierung von Bildern lässt das Vorgehen von Augustus auch heute aktuell erscheinen. Inszenierte Bilder spielen gerade in Diktaturen, gelenkten Demokratien und Kriegen, die zunehmend auch Medienkriege sind, eine bedeutende Rolle. Die Parallelen zwischen dem Übergang von der ausgehenden Römischen Republik zum Prinzipat, der Alleinherrschaft Augustus, und heute verleihen der augusteischen Bilderwelt eine Aktualität wie lange nicht mehr.
Die Ausstellung zeigt anhand von fünf Kapiteln diesen neuen Umgang mit Bildern:
- Das Bild des Kaisers und der Kaiserin,
- Neue Narrative und einprägsame Bilder,
- Das neue Bild der Stadt,
- Neue und alte Bilder im Kult,
- Bilder im Haus zwischen Tradition und Innovation.
Zu Beginn werden die Bildinnovationen anhand der Selbstdarstellung des Kaisers greifbar gemacht. Verschiedene Bildnistypen zeigen die Entwicklung des Porträts vom Image des jugendlichen Staatsretters über jenes des Feldherrn und Imperators bis zur revolutionären Erfindung des Kaiserporträts. Mit Augustus’ Gattin Livia rückte erstmals auch das Bild einer prominenten Frau in den Fokus der Öffentlichkeit, deren Image nicht weniger sorgfältig kuratiert wurde. Durch Bildnisse in Form von Porträtköpfen, Büsten, Statuen und Münzen, die in zuvor unerreichter Omnipräsenz in Rom und in den Provinzen Verbreitung fanden, kommunizierte das Kaiserhaus in diversen Medien mit dem Volk.
Für seine Selbstdarstellung nutzte Augustus zudem neue Narrative und einprägsame Bilder über die Geschichte der Stadt Rom, die göttliche Herkunft seiner Familie, seine Erfolge oder die Sieghaftigkeit des Kaisers im Allgemeinen. Diese Bildideen wurden u.a. an prominenten neuen Bauten zur Schau gestellt und im ganzen Reich rezipiert. In der Ausstellung sind diese auf Wandfresken, Architekturfragmenten, Terrakotten, Statuen und Statuetten, Reliefs und Inschriften zu sehen.
Das Stadtbild Roms veränderte sich zur Zeit von Augustus durch prestigeträchtige Bauvorhaben und verwandelte Rom in eine Großbaustelle. Während zuvor besonders Heiligtümer mit Bildern versehen waren, wurden jetzt auch die neuen Profanbauten als Bildträger verwendet. Anhand ausgewählter Gebäude wie dem Augustusforum wird dies in der Ausstellung präsentiert. Augustus propagierte diese Bauten und auch die Bauvorhaben über die Darstellung auf Münzen im ganzen Reich.
Zu den prominentesten Baukomplexen des augusteischen Rom gehörte das Heiligtum Apollos, dem Schutzgott Augustus, auf dem Palatin, seinem Wohnort. In die Kultstätten der einfachen Leute wurde schon zur Zeit des Augustus der Kaiserkult integriert. An den Straßenkreuzungen der Stadtbezirke verehrten sie ihre persönlichen Schutzgötter, die Laren. Durch die Neuordnung der Kultfeiern an den Larenschreinen wurden diese Festlichkeiten mit der Person des Princeps verbunden. Schon kurze Zeit nach dem Tod von Augustus entstanden in vielen Städten Heiligtümer für den Kaiserkult. Die Ausstellung vermittelt anhand von Statuen, kostbare Hermen, Büsten, Altäre, Friesfragmente und Bilder auf Terrakottenplatten aus Rom, Heraculum und Cuma die Verwendung von Bildern in den Kultstätten.
Besonders deutlich zeigte sich die neue Lust am Bild zu Beginn der Kaiserzeit im privaten Bereich. Neben den Wandmalereien des dritten Stils mit seinen klassizistischen Motiven, seinen neuen Bildergalerien und Pinakotheken gilt dies auch für die Skulpturen, marmorne und bronzene Dreifüße und Kandelaber, welche die Gärten der Reichen bevölkerten. Auch das Tafelgeschirr wurde als Bildträger entdeckt. Die Themen kreisten um die Welt des Bacchus und der Venus und waren von der öffentlich-politischen Bildkultur weit entfernt.
Bauten wie das Augustusforum, das Apolloheiligtum des Augustus auf dem Palatin, das Apolloheiligtum in Pompeji, aber auch das Augusteum von Herculaneum und pompejanische Wohnhäuser wie die augusteische Casa di Cecilio Giocondo und die Casa della Fortuna werden zumindest in Teilbereichen in der Ausstellung räumlich derart erlebbar gemacht, dass die Besucher:innen sie in ähnlicher Weise wie die Betrachter:innen aus augusteischer Zeit wahrnehmen können.
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog im Hirmer Verlag mit Aufsätzen internationaler Professor:innen für Klassische Archäologie, Museumsdirektor:innen und Kurator:innen.
Die Ausstellung ist in besonderem Maße ein deutsch-italienisches Ausstellungsvorhaben. Ein internationales Ehrenkomitee der Ausstellung versammelt neben dem Generaldirektor der italienischen Museen, Massimo Osanna, einige der bedeutendsten Museumsdirektor:innen Italiens. Sie alle haben sich bei der Vernetzung des Bucerius Kunst Forums und der Vermittlung von Leihgaben persönlich engagiert. Eine Vielzahl italienischer Museen beteiligen sich als Leihgeber, darunter die Vatikanischen und Kapitolinischen Museen, der Archäologische Park des Kolosseums, das Museum am Palatin, die Uffizien sowie die Archäologischen Nationalmuseen der Städte Florenz, Neapel, Spoleto und Venedig. Das italienische Ministerium für Kultur spielt eine zentrale Rolle für die Ausstellung schon allein durch die Freigabe der Leihgaben für die Ausleihe. Die Ausstellung steht unter der Schirmherrschaft der Botschaft der Italienischen Republik.
Weitere Informationen zur Ausstellung und zum Besuch finden Sie auf der Website des Bucerius Kunst Forums.
Zum 2.000. Todestag des Augustus zeigte die Skulpturhalle Basel eine Sonderausstellung.
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Hand aufs Herz: Sehen Sie Augustus eher als Friedenskaiser oder als Massenmörder?
Wie Augustus die Welt sah oder gesehen wissen wollte, sehen wir wunderbar in seiner Münzprägung.