von Ursula Kampmann
25. Oktober 2012 – Hall in Tirol. Man muss schon vollständig sein, um keine Verwechslung aufkommen zu lassen. Denn Städte, die so oder so ähnlich heißen, gibt es viele: Hallein, Hallstadt, Reichenhall, Halle, nicht zu vergessen Schwäbisch Hall. Sie alle haben eines gemeinsam. Hier wurde Salz abgebaut, oder wie man mittelhochdeutsch sagte, Hall.
Hall in Tirol, im Vordergrund Burg Hasegg, wo heute das Münzmuseum untergebracht ist. Foto: Herbert Ortner, Wien / Wikipedia CC-Lizenz.
Die Saline von Hall wurde erstmals 1232 erwähnt. Hier investierten die Grafen von Tirol und verschafften sich so den Reichtum, der zu ihrem Aufstieg führen sollte, erst zu dem der Meinhardiner, später dem der Habsburger. Salz galt damals als das weiße Gold. Es bot die einzige Möglichkeit, Fleisch und Fisch haltbar zu machen, gehörte also in der Vorkühlschrankszeit zu den wichtigsten Rohstoffen überhaupt.
Hall in Tirol. Medaille 1903 von Stefan Schwartz auf das Jubiläum 600 Jahre Stadt Hall. Die Stadtgöttin l. hält das Stadtwappen in ihrem Schoß. Aus Sommerauktion Rauch 2012, 2321.
Das Wappen von Hall weist auf diese Vergangenheit hin. Es zeigt eine Salzkufe, ein spezielles Holzfass mit Deckel, das zum Transport benutzt wurde und seit dem 14. Jahrhundert eine Standartgröße darstellte. Die goldenen Löwen des Wappens fügte übrigens erst Maximilian I. im Jahre 1501 dazu.
Sigismund der Münzreiche (1446-1496). Guldiner 1486, Hall. Aus Auktion Künker 201 (2012), 379.
Zu diesem Zeitpunkt war Hall schon eine wohlhabende Stadt, die ihren Reichtum nicht nur dem Salz, sondern auch dem Handel verdankte. Hier konnten die Kaufleute den Inn auf einer Brücke überqueren, und bis hier war der Inn schiffbar. Zwei wichtige Jahrmärkte wurden in Hall abgehalten. Und seit 1486 gab es auch noch die Münzstätte, in der das Silber aus dem benachbarten Schwaz verprägt wurde. Ungefähr doppelt so groß wie Innsbruck war Hall in seiner Blütezeit.
Stadtpfarrkirche St. Nikolaus von Hall. Foto: KW.
Die größte Altstadt Tirols, die inzwischen liebevoll restauriert wurde, zeugt heute noch davon. Vor allem der Obere Stadtplatz mit dem Rathaus, dem Stubenhaus und der Stadtpfarrkirche St. Nikolaus, sind einen ausführlichen Besuch wert, ehe man in das Museum „Alte Münze“ geht.
Kniehebelpresse. Foto: KW.
In der Burg Hasegg, wo seit dem 16. Jahrhundert die Münzstätte untergebracht war, ist heute ein einzigartiges Museum für Prägetechnik eingerichtet, in dem man viele Prägemaschinen im Original bzw. in der Rekonstruktion sehen kann. Erklärungen dazu liefert ein ausgesprochen gut gemachter Audioguide, den man besonders Münzsammlern empfehlen kann, die mit Familie anreisen. Für die Kinder gibt es nämlich eine spezielle Fassung, in der altersgerecht und spannend die Objekte erklärt werden.
Der erste Saal enthält übrigens die modernsten Maschinen, so zum Beispiel eine Kniehebelpresse.
Detail der Kniehebelpresse. Ansatz des Hebels, der zum Heben und Senken der Pressvorrichtung dient. Foto: KW.
Kniehebelpressen waren im 19. und noch weit ins 20. Jahrhundert hinein die moderne Methode, Umlaufmünzen zu prägen.
Refriktionspresse. Foto: KW.
Für Medaillen dagegen verwendete man gerne Refriktionspressen. Sie beruhten auf dem Prinzip der Spindelpresse. Durch große Schwungräder wurde der Druck langsam stärker werdend in das Metall übertragen, was den Medaillen des 19. Jahrhunderts ein Relief verschaffte, wie es in modernen Münzstätten gar nicht mehr erreicht werden kann.
In der vertieften Kuhle saß derjenige, der die Schrötlinge einlegte. Foto: KW.
Selbstverständlich ging die Prägung hier nicht so schnell wie auf der Kniehebelpresse. Ein in einer Vertiefung sitzender Mann musste jeden Schrötling einzeln von Hand einlegen.
Spindelpresse. Foto: KW.
Einen Raum weiter steht der von Hand zu bedienende Vorgänger der Refriktionspresse, die Spindelpresse, auch Balancier oder Anwurf- bzw. Stoßwerk genannt. Viele haben diese Form der Münzprägung schon einmal selbst durchgeführt. Ein kräftiger Stoß setzt die Schraube in Bewegung, die sich in der Spindel nach unten dreht, angetrieben durch die Schwungkraft der beiden gewichtigen Kugeln.
Die Rekonstruktion des Walzprägewerks füllt einen ganzen Raum. Foto: KW.
Aber das ist noch nicht der Höhepunkt. Der kommt im nächsten Raum. Dort steht das Walzprägewerk, eine Maschine, die einen ganzen Raum füllt. Natürlich ist das kein Original mehr, aber sie wurde liebevoll von Werner Nuding unter Mithilfe vieler anderer – Numismatiker, Historiker, Archivare – rekonstruiert. Während Führungen wird die Maschine im Betrieb gezeigt, und man kann jedem nur raten, einmal selbst mitzuerleben, wie ein Zinnzain durch die beiden Walzen gepresst wird.
Riesige Mühlräder trieben früher die Maschine an. Foto: KW.
Ursprünglich wurde das riesige Rad in der Mitte mittels Wasserkraft angetrieben. Wo das nicht ging, setzte man Tiere ein. Heute hilft ein Elektromotor, der über das zentrale Rad zwei weitere Räder in Bewegung setzt, die auf der einen Seite ein Streckwerk, auf der anderen Seite ein Walzprägewerk in Betrieb halten.
Streckwerk. Foto: KW.
Vom Wasser angetriebene Mühlen waren seit dem hohen Mittelalter eine Energiequelle, mit der man nicht nur Getreide zerkleinerte, sondern viele andere Aufgaben erfüllte. Da gab es Ölmühlen, Walkmühlen, Sägemühlen, Hammerwerke, Schleifmühlen, um nur ein paar Anwendungsbeispiele zu nennen. Und irgendwann kam ein schlauer Kopf auf die Idee, die Zaine, die vorher von Hand ausgehämmert werden mussten, mittels eines Mühlwerks auf die richtige Dicke zu bringen.
Walzprägewerk. Foto: KW.
Der Schritt zur Idee, das Münzbild gleich mit in die Walzen zu schneiden, war dann nicht mehr weit. In Hall wurde diese Technik zur Massentauglichkeit gebracht. Von hier aus schickte man Maschinenbestandteile und Techniker in andere Münzstätten, um dort die Kunst zu vermitteln, so eine Maschine zu betreiben.
Walzen. Foto: KW.
Das Schneiden der Walzen war nämlich nicht trivial.
Zaine – einer aus Zinn, einer aus Birkenrinde. Foto: KW.)
Das Münzbild mussten leicht gestaucht geschnitten werden, um im Metall richtig umgesetzt zu werden. Ein Abdruck auf Birkenrinde zeigt, wie genau die Stempelschneider arbeiteten.
Geldtruhe. Foto: KW.
Ein letzter Saal ist der Hammerprägung gewidmet, ehe es in den Innenhof geht.
Innenhof mit festlicher Bemalung. Foto: KW.
Auch wenn wir es uns kaum mehr vorstellen können. Dieser Innenhof war einst farbenprächtig ausgemalt für die vielen adligen Gäste und Diplomaten, die der Herrscher von Tirol mit seinem Walzprägewerk beeindrucken wollte.
Reste der Bemalung. Foto: KW.
Nur noch Reste der Bemalung sind heute noch erkennbar.
Schmelz- und Probierofen. Foto: KW.
Noch im Original ist in der Burg Hasegg ein Schmelz- und Probierofen erhalten, wie er verwendet wurde, um das Silber für die Prägung vorzubereiten und zu überprüfen.
Werkzeuge. Foto: KW.
Wer sich nicht entschließt, auf den Turm zu steigen (trotz vieler Stufen sehr empfehlenswert wegen des phantastischen Panoramablicks) und sich das Museum der Stadtarchäologie Hall anzusehen, der ist hier am Ende der Führung durch das Museum „Alte Münze“.
Souvenirshop. Foto: KW.
Danach bleibt noch der Souvenirshop. Hier kann man selbst eine Medaille auf dem Balancier prägen und Literatur zum Thema erwerben. Dazu gibt es T-Shirts und allerlei numismatische Mitbringsel.
Bernhard Beheim. Foto: KW.
Und wenn Sie dann noch ein wenig Zeit haben, dann vergessen Sie nicht, auf den Kirchhof zu gehen. Dort entdecken Sie das Epitaph von Bernhard Beheim dem Älteren, dem Mann, unter dessen Aufsicht die ersten Taler geprägt wurden.
Wenn Sie mehr über die Münze Hall wissen wollen, klicken Sie hier.
Etwas über Bernhard Beheim finden Sie hier.
Wenn Sie das Thema Prägetechnik interessiert, können wir Ihnen eine Zeitreise durch sechs Münzstätten vom 16. Jahrhundert bis 2003 empfehlen.
Es fand gerade in Hall ein Kolloquium zur Bedeutung der Münzstätte für Europa statt. Unseren Bericht dazu finden Sie hier.
Und das ist die Seite der Tourismusinformation.