13-12-2011 – 01-01-1970
Auktion 202 – Kunst der Antike
Höchstpreise für Objekte aus der Sammlung Waltz
Jede Sammlung ist ein Spiegel desjenigen, der sie zusammengetragen hat. Michael Waltz (1938-2010) leistete dabei etwas ganz Besonderes. Er verstand es, Kunstobjekte von großer Schönheit und Ausdruckskraft so zu kombinieren, dass das Ensemble zu einem Zeugnis des guten Geschmacks, des profunden Fachwissens und der großen Liebe zur griechischen Kunst wurde. Die Objekte seiner Sammlung, die am 14. Dezember 2011 bei Gorny & Mosch versteigert wurden, erzielten durchwegs Höchstpreise. Kein einziges Stück ging zurück. Die Gesamtschätzung von 380.000 Euro der 70 Lose wurde um ein Vielfaches mit einem Endergebnis von 2,2 Millionen Euro* übertroffen! Doch auch der Rest der Auktion lief ausgezeichnet. Es ist zu beobachten, dass viele Sammler heute zu Investoren werden, die den Kauf eines begehrten Objekts mit dem Argument des Werterhalts rechtfertigen. Und so kann man sich bei Gorny & Mosch über ein Gesamtergebnis von 3,4 Millionen Euro freuen.
2: Männliches Kykladenidol. Marmor. H. 21 cm. Frühkykladisch I, Typ Plastiras, ca. 3200-2700 v. Chr. Aus Sammlung Waltz, 70er Jahre. Schätzung: 25.000 Euro. Endergebnis: 322.000 Euro.
Bereits der Anfang der Auktion wies darauf hin, was kommen sollte. Der Kopf eines Kykladenidols, entstanden etwa zwischen 2.700 und 2.500 v. Chr. war mit 15.000 Euro geschätzt worden. Das Endergebnis lautete auf knapp das Zehnfache, auf 149.500 Euro! Noch mehr brachte ein männliches Kykladenidol, etwas eher entstanden, ca. 3200-2700 v. Chr. Die prachtvolle Skulptur, die in der Höhe etwa 21 cm misst, realisierte 322.000 Euro, also mehr als das Zwölffache ihrer Schätzung von 25.000 Euro.
21: Kykladische Schale mit Ausguß. Frühkykladisch II, ca. 2700-2400 / 2300 v. Chr. H 6,5 cm, Dm 13,5 cm. Marmor. Aus Sammlung Waltz, 70er Jahre. Schätzung: 8.000 Euro. Endergebnis: 126.500 Euro.
Auf den ersten Blick ziemlich unauffällig, so schien eine kykladische Schale mit Ausguss, entstanden etwa 2700-2400 / 2300 v. Chr. Bescheidene 8.000 Euro betrug die Schätzung dieses dünnwandigen Steingefäßes. Einem Sammler war das hochseltene Stück mehr wert, genau 126.500 Euro! Geradezu günstig erscheint im Vergleich dazu ein mindestens genauso seltenes Fragment eines frühklassischen Grabreliefs aus dem Osten Ioniens mit der zarten Darstellung eines Frauenkopfs. Das qualitätvolle Kunstwerk war mit 10.000 Euro geschätzt. Der Endpreis lautete auf 103.500 Euro.
Hohe Preise brachte auch die Keramik der Sammlung Waltz. Eine attische Halsamphore mit einfachen geometrischen Verzierungen, entstanden bereits 800-750 v. Chr. wurde mit 27.600 Euro verkauft (Schätzung: 4.000 Euro).
56: Attische Schale des Penthesilea-Malers. Um 460 v. Chr. H 15,9 cm. Dm ohne Henkel 34,8 cm. Aus Sammlung Waltz, 70er Jahre. Schätzung: 30.000 Euro. Endergebnis: 126.500 Euro.
Noch teurer wurde eine attische Halsamphore mit Deckel. Die schwarzfigurige Darstellung dürfte aus der Hand eines großen Meisters stammen. Archäologen fassen ähnliche Stücke unter einer Gruppe zusammen, die nach einem prominenten Beispiel als Würzburg 199 bezeichnet wird. Die Vorderseite der Vase zeigt einen jungen Hopliten, der sich in Anwesenheit seines Vaters und einer Frau (seine eigene, seine Mutter?) zur Schlacht rüstet. Die gesamte Bewaffnung eines attischen Kriegers ist hier bis ins Detail zu studieren. Dieses Kabinettstück war zurückhaltend mit 30.000 Euro taxiert. Das Endergebnis lautete 126.500 Euro. Die gleiche Schätzung, das gleiche Ergebnis: Die attische Schale des Penthesileamalers, entstanden um 460 v. Chr. entzückt mit ihrer delikaten Darstellung im Inneren. Der kalte Nordwind Boreas greift nach der Nymphe Oreithyia, Tochter des attischen Königs Erechteus. Das Äußere der Schale ist bemalt mit Zechern, die im Zug des Dionysos, dem Komos, einherziehend sich vergnügen.
53: Attische Schale des Onesimos. Um 490 v. Chr. H 9,3 cm, Dm ohne Henkel 23,2 cm. Aus Sammlung Waltz, 70er Jahre. Schätzung: 20.000 Euro. Endergebnis: 414.000 Euro.
All diese Ergebnisse wurden noch übertroffen von einer attischen Schale des Malers Onesimos, entstanden um 490 v. Chr. Hier sehen wir im Inneren einen Komasten, in der einen Hand einen Weinschlauch, in der anderen ein Trinkgefäß. Die Außenseite schmückt die prachtvolle Darstellung eines ausgelassenen Symposions, bei dem eine Hetaira die Doppelflöte spielt. Nur 20.000 Euro stand als Schätzung im Katalog. Einem Kenner war dieses prachtvolle Gefäß 414.000 Euro wert.
Auch wenn die Sammlung Waltz zweifellos ein Ereignis von besonderem Rang war, die anderen Ergebnisse waren ebenfalls beachtlich. Ein kleines geometrisches Bronzepferd mit einer Höhe von 12,5 cm war mit 25.000 Euro geschätzt. Das Endergebnis betrug 48.300 Euro.
98: Lotosknospenbecher. H 19,5 cm. Dm 8,7 cm. 2. Hälfte 1. Jh. n. Chr. Syrien? Englische Sammlung. Schätzung: 40.000 Euro. Endergebnis: 66.700 Euro.
Ein Lotosknospenbecher, hergestellt wohl in der 2. Hälfte des 1. Jh. n. Chr., vielleicht in Syrien, wurde von einem englischen Sammler in den 80er Jahren erworben. 40.000 Euro schätzten die Auktionatoren das exquisite Stück, 66.700 Euro war ein Sammler bereit, dafür auszugeben.
Auch wenn das jetzt aussehen mag, als sei antike Kunst etwas für Leute mit viel Geld, tatsächlich gab es in der Auktion 202 von Gorny & Mosch zahlreiche Stücke, die einem Kenner für relativ wenig Geld viel Freude bereiten können. Denken wir nur an die wunderschönen Tonlampen, von denen ein ganzes Ensemble bei Gorny & Mosch angeboten wurde. Zum größten Teil stammten sie aus einer rheinischen Privatsammlung. Ab 200 Euro war es möglich, hier ein Stück zu erwerben, auch wenn so prachtvolle Beispiele wie eine römische Tonlampe mit einer Hafenszene natürlich ein Vielfaches davon kosteten.
382: Figurenlampe in Form eines Spitzes. L 9 cm. 1. Jh. n. Chr. Schätzung: 300 Euro. Endergebnis: 276 Euro.
Das mit 350 Euro taxierte Stück wechselte für 4.600 Euro den Besitzer. Machen wir noch einen Ausflug zu einem anderen Preisextrem – nur um zu zeigen, dass antike Kunst für jeden erschwinglich ist. 276 Euro zahlte der Ersteigerer einer Öllampe in Form eines kleinen Hundes sicher gerne. Das exquisite Stück entstand im 1. Jh. n. Chr. und war vollständig intakt.
576: Terrakotta-Bozetto der Titusbogen-Reliefs. Eines von zwei Terrakotta-Reliefs, je 60 x 100 cm (ohne Rahmen). Erste Hälfte 19. Jh. Für beide Schätzung: 75.000 Euro. Endergebnis: 109.250 Euro.
Beschließen wir diesen Bericht mit einem historisch äußerst interessanten Los, mit zwei Terrakotta-Bozzetti zu den Titusbogen-Reliefs. Sie entstanden wohl zu Beginn des 19. Jahrhunderts, als man den Bogen von seinen Anbauten befreite. Normalerweise dienten vergleichbare Bozzetti dazu, Vorlagen für anzufertigende Kunstwerke zu liefern.
576: Terrakotta-Bozetto der Titusbogen-Reliefs. Eines von zwei Terrakotta-Reliefs, je 60 x 100 cm (ohne Rahmen). Erste Hälfte 19. Jh. Für beide Schätzung: 75.000 Euro. Endergebnis: 109.250 Euro.
Wahrscheinlich wurden die hier angebotenen Bozzetti dazu gemacht, um nach dieser Vorlage die berühmten Reliefs mit den Darstellungen aus dem Triumph des Titus über die Juden zu ergänzen, was glücklicherweise dann doch unterblieb. 75.000 Euro lautete die Schätzung dieses besonderen Loses, 109.250 Euro betrug der Endpreis.
Weitere Ergebnisse finden Sie hier.
Versäumen Sie auch nicht, den Katalog der nächsten Auktion mit antiker Kunst anzufordern, die im Juni 2012 stattfinden wird. Wenden Sie sich an Gorny & Mosch, Giessener Münzhandlung, Maximiliansplatz 20, 80333 München, Tel: +49-89-2422643-0, oder per E-Mail.
*Alle Preise beinhalten 15 % Aufgeld.