IADAA analysiert Jahresbericht des Zolls

Viele Bilder des Berichts der WZO zeigen Gegenstände von geringem Wert. Keines dieser Gegenstände unterliegt den Regelungen des UNESCO-Übereinkommens aus dem Jahr 1970. Foto: IADAA / WZO
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Im Dezember letzten Jahres wurde von der Weltzollorganisation der neueste „Report zum illegalen Handel“ veröffentlicht. Generell können Probleme im illegalen Handel mit Hilfe vierer Variablen bewertet werden: die Anzahl der Fälle, die Anzahl der Beschlagnahmungen, der Umfang des beschlagnahmten Materials und der Wert dieses Materials. Die IADAA vertritt schon seit langer Zeit die Meinung, dass Kulturgüter im Hinblick auf diese Variablen keine signifikante Rolle in den genannten Risikoklassen spielen.

Die IADAA hat eine eigene Auswertung des 205-seitigen WZO-Berichts durchgeführt. Sie ist eine Art nutzerfreundliches Handbuch, das Links zum Originaldokument beinhaltet, sodass eine unabhängige Nachprüfung der Aussagen möglich ist.

Die Risikokategorien im illegalen Handel und Beschlagnahmungen im Vergleich. Foto: IADAA
Die Risikokategorien im illegalen Handel und Beschlagnahmungen im Vergleich. Foto: IADAA

 

Sowohl die Analyse der IADAA als auch der Bericht der Weltzollorganisation zeigen, dass Drogen 47,7 % des globalen illegalen Handels ausmachen, während am anderen Ende des Spektrums Kulturgüter auf lediglich 0,2 % kommen. Das gleiche gilt für Beschlagnahmungen: Drogen kommen hier auf 42,8 %, während Kulturgüter 0,2 % ausmachen. Die nächstgrößere Kategorie in beide Bereichen ist die von natürlichen Produkten wie Tieren und Pflanzen. 2,7 % resp. 2,3 % entfallen auf diese Gegenstände. Damit sind die Werte bereits 16 bzw. 14 Mal höher als jene, die für Kulturgüter genannt werden.

Die Bewertung dieser Zahlen muss im Kontext der erfolgreichen Arbeit der Zollbeamten im Bereich Kulturgüter gesehen werden. Laut WZO haben im Vergleich zum Vorjahr doppelt so viele Länder entsprechende Daten vorgelegt (25 statt 13). Dennoch ist die Anzahl der Fälle, die in Verbindung mit Kulturgütern stehen, etwas gesunken, während die Anzahl der Beschlagnahmungen von 158 auf 167 gestiegen ist. Zum Vergleich: es gab im Jahr 2017 mehr als 40.000 drogenbezogene Fälle und über 43.000 damit verbundene Beschlagnahmungen.

Eine genauere Auswertung der Zahlen ist aufgrund fehlender Informationen einfach nicht möglich – obwohl Schätzungen davon ausgehen, dass der weltweite illegale Handel von Tier- und Pflanzenprodukten zwischen 91 Milliarden und 250 Milliarden Dollar wert ist. Es ist jedoch eindeutig, dass der Wert des beschlagnahmten Materials aller anderen Kategorien, mit Ausnahme der Kulturgüter, sich auf mindestens einige Hundert Millionen Dollar beläuft.

Im Bereich des illegalen Kulturgüterhandels ist die Anzahl der Fälle gesunken und die Anzahl der Beschlagnahmungen leicht gestiegen. Insgesamt ist die Anzahl der beschlagnahmten Gegenstände von 9.931 auf 14.754 gestiegen. Dazu gehört eine ganze Reihe verschiedener Gegenstände, die unter den Begriff Kulturgut fallen: Bücher, Manuskripte, Gemälde, Haushaltswaren, Schmuck, Waffen, Stiche und Lithographie, Film- und Tonmaterial. Letztere machen eine besonders große Zahl beschlagnahmter Stücke aus (laut WZO-Bericht: 3.169). Während im Jahr 2016 8005 Antiquitäten beschlagnahmt wurden, waren es im Folgejahr 8725.

Viele Bilder des Berichts der WZO zeigen Gegenstände von geringem Wert. Keines dieser Gegenstände unterliegt den Regelungen des UNESCO-Übereinkommens aus dem Jahr 1970. Foto: IADAA / WZO

Man darf wohl davon ausgehen, dass die WZO in diesem Bericht Bilder der wichtigsten beschlagnahmten Gegenstände zeigt. Wenn dies so ist, dann wurden wohl generell eher Stücke von geringem Wert beschlagnahmt. So wurde denn auch ein Bild eingefügt, das die 2919 Schallplatten zeigt, die auf der Reise von den Niederlanden in die Türkei sichergestellt wurden. Es ist jedoch nicht illegal, Schallplatten aus den Niederlanden zu exportieren und es ist unklar, warum sie beschlagnahmt wurden.

Die meisten Antiken, die im Bericht abgebildet werden, sind Tonscherben und Münzen – Gegenstände also, die nicht den Regelungen des UNESCO-Übereinkommens aus dem Jahr 1970 unterliegen. In der Analyse der IADAA wird darauf hingewiesen, dass die einzigen wertvollen Gegenstände, die im Bericht abgebildet wurden, nicht in Verbindung mit Zollarbeit stehen und nicht einbehalten wurden. Als ihre Besitzer herausfanden, dass sie eventuell von den Regelungen betroffen sein könnten, wurden sie freiwillig zurückgegeben. Sie in diesem Bericht aufzuführen ist irreführend.

Auch wenn dies keine wissenschaftliche Auswertung ist, lässt sich dennoch Folgendes annehmen: wenn man den Abbildungen glauben darf, dann kann man den Wert der beschlagnahmten Antiquitäten auf ca. 500.000 USD schätzen. Das entspräche höchstens ca. 0,001 % des Gesamtwertes der nächstgrößeren Kategorie.

Wenn die Zollbeamten in vielen Ländern der Erde wirklich so viel erfolgreicher arbeiten und entsprechende Daten vorlegen, wo sind dann die entsprechenden Zahlen zu Fällen und Beschlagnahmungen in dem Bericht, die man erwarten würde, wenn man den Aussagen vieler Handelsgegner und Politiker Glauben schenkt? Die WZO wies selbst in dem Bericht des Jahres 2016 darauf hin, dass die steigenden Zahlen der Beschlagnahmungen leicht suggerieren könnten, dass der illegale Kulturgüterhandel zunehme. In Wirklichkeit sei er jedoch konstant oder nehme sogar ab.

Das widerspricht auch den Behauptungen der Interpol, dass der Schwarzmarkt für Kunst genauso lukrativ werden würde, wie der für Drogen, Waffen und gefälschte Produkte. Diese Aussage widerspricht übrigens auch den Aussagen, die man unter den FAQs auf derselben Webseite findet. Das ist besonders deshalb wichtig, da die Europäische Kommission und das Europäische Parlament gerne die Einführung strengerer Regulierung der Importlizenzen auf den Aussagen der Interpol stützen.

Bereits in der Konsultations- und Verhandlungsphase bezüglich der Importlizenzen für Antiken konnte die IADAA zeigen, dass die Recherche der Europäischen Kommission keine Probleme finden konnte. Dennoch wurde darauf bestanden, die unnötigen und schädigenden Regelungen zu verabschieden.

Die Analyse der IADAA wird an diejenigen weitergeleitet, die im Moment im Auftrag der Europäischen Kommission eine Folgestudie durchführen, da Zweifel an den ersten Ergebnissen geäußert wurden. Hoffentlich werden die Statistiken der WZO etwas bewirken.

Mehr über IADAA erfahren Sie auf der Verbandsseite.

Den Bericht der Weltzollorganisation finden Sie online.

Die Antwort der IADAA finden Sie hier.

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