Leitfaden für den Münzhandel zum Umgang mit dem Kulturgutschutzgesetz

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10. November 2016 – Das Gesetz zur Neuregelung des Kulturgutschutzrechts vom 31.07.2016 (im Folgenden: KGSG) enthält zahlreiche Regelungen, die erhebliche Auswirkungen auf den Münzhandel haben. Der Verband der deutschen Münzenhändler e. V. und der Berufsverband des deutschen Münzenfachhandels e. V. möchten diese Neuregelungen nach fachkundiger Beratung durch Herrn Rechtsanwalt Dr. Arensmann, Fachanwalt für Verwaltungsrecht in Osnabrück, näher erläutern und – unverbindlich sowie unter Ausschluss jeglicher Haftung – erste Handlungsempfehlungen für die Praxis geben. Aktuell bestehen noch erhebliche Unsicherheiten zum richtigen Verständnis und zur sachgerechten Handhabung der Neuregelungen, da sich eine gefestigte Rechtspraxis erst noch finden muss. Dieser Leitfaden (Stand: 02.11.2016) wird daher zu gegebener Zeit zu überarbeiten und zu ergänzen sein.

I. Sorgfaltspflichten

Nach § 40 Abs. 1 KGSG ist es – unter Strafandrohung – verboten, ein Kulturgut in den Verkehr zu bringen1, wenn es 

  • abhandengekommen ist, 
  • rechtswidrig ausgegraben oder 
  • unrechtmäßig eingeführt worden ist. 

Kulturgut ist nach der Definition in § 2 Abs. 1 Nr. 10 KGSG unter anderem jede bewegliche Sache oder Sachgesamtheit von numismatischem Wert, so dass sowohl Einzelmünzen als auch Münzsammlungen grundsätzlich von dem allgemeinen Terminus Kulturgut erfasst sind.2

1. Allgemeine Sorgfaltspflichten
Die allgemeinen Sorgfaltspflichten des § 41 KGSG hat jedermann – sowohl der private Münzsammler als auch der gewerbliche Münzhändler – einzuhalten. Danach ist er verpflichtet, vor Inverkehrbringen von Münzen mit der erforderlichen Sorgfalt zu prüfen, ob das Kulturgut abhanden gekommen ist, unrechtmäßig eingeführt oder rechtswidrig ausgegraben worden ist. Diese Sorgfaltspflicht ist aber ausdrücklich auf den zumutbaren Aufwand beschränkt, so dass jedenfalls für private Münzsammler keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden.3 Mit Blick auf die oftmals verhältnismäßig geringen Werte von Münzen sind hier in der Regel keine intensiven Nachforschungen anzustellen, sofern sich keine konkreten Anhaltspunkte für einen der oben genannten Tatbestände aufdrängen. Solche konkreten Anhaltspunkte sind nach dem Gesetzestext beispielsweise vorhanden, wenn bei dem eigenen Erwerb ein außergewöhnlich niedriger Preis ohne nähere Begründung gefordert worden ist oder der Verkäufer bei einem Kaufpreis von mehr als € 5.000,-Barzahlung verlangt hat. 

Im Falle von Münzen ist besondere Vorsicht beispielsweise dann geboten, wenn ganz offensichtlich Fundmünzen in den Verkehr gebracht werden sollen.

Der Gesetzgeber hat andererseits aber auch klargestellt, dass künftig keine lückenlosen Provenienzen für Münzen gefordert werden und zutreffend darauf verwiesen, dass sich im Regelfall niemand mehr längerer Zeit an die Erwerbsumstände einer einzelnen Münze erinnern könne.4 Entscheidend ist letztlich immer, wie sich eine vernünftige Person im Einzelfall unter denselben Umständen verhalten würde. 

Vor diesem Hintergrund muss ein privater Münzsammler, der keine Kenntnis davon hat, ob einer der genannten Tatbestände vorliegt, lediglich dann tatsächlich aktiv werden und näher prüfen, wenn sich nach den Umständen, unter denen er selbst das Kulturgut erwirbt oder erworben hat, eine solche Vermutung aufdrängt oder aufdrängen musste.
Bemerkenswert ist, dass der private Münzsammler zwar verpflichtet ist, die Sorgfaltspflichten einzuhalten, aber keine Aufzeichnungen darüber anzufertigen braucht. 

2. Professionelle Sorgfaltspflichten
Für gewerbliche Münzhändler bestehen ab einem Wert von € 2.500,- pro Einzelstück (Ankaufswert bzw. Schätzwert5) zusätzliche, strengere Sorgfaltspflichten beim Inverkehrbringen von Münzen. Unterhalb von € 2.500,- gelten auch für Münzhändler die allgemeinen Sorgfaltspflichten. Aufzeichnungen über die Einhaltung der professionellen Sorgfaltspflichten sind ebenfalls erst ab einem Wert von € 2.500,- pro Einzelstück anzufertigen. Diese Dokumentationen sind für 30 Jahre aufzubewahren.

Im Ausnahmefall können Münzen auch als archäologische Kulturgüter zu qualifizieren sein. Dann gelten die professionellen Sorgfaltspflichten bereits ab dem Wert € 0,-pro Einzelstück. Dies ist jedoch nur der Fall, wenn die Münzen aus Grabungen stammen und einen Erkenntniswert für die Archäologie aufweisen. Der Bundesfinanzhof hat insoweit ausdrücklich klargestellt, dass Münzen einen solchen archäologischen Erkenntniswert in der Regel nicht aufweisen, insbesondere wenn es sie in großer Anzahl gibt und sie nicht mehr einem bestimmten Fundort zugeordnet werden können.6 Deshalb gehen wir davon aus, dass Münzen in der Regel keine archäologischen Kulturgüter sind.7

Die professionellen Sorgfaltspflichten umfassen:
1. die Feststellung von Name und Anschrift des Veräußerers, des Einlieferers, des Erwerbers oder des Auftraggebers,
2. die Anfertigung einer Beschreibung und einer Abbildung, die geeignet sind, die Identität des Kulturgutes festzustellen,
3. die Prüfung der Provenienz8 des Kulturgutes,
4. die Prüfung von Dokumenten, die eine rechtmäßige Ein-und Ausfuhr belegen,9
5. die Prüfung von Verboten und Beschränkungen zur Ein- und Ausfuhr sowie zum Handel,
6. die Prüfung, ob das Kulturgut in öffentlich zugänglichen Verzeichnissen und Datenbanken eingetragen ist und
7. die Einholung einer schriftlichen oder elektronisch übermittelten Erklärung des Einlieferers oder Veräußerers, dass dieser berechtigt ist, über das Kulturgut zu verfügen. 

Die Pflichten nach Nr. 3 bis 6 sind ausdrücklich nur nach Maßgabe des zumutbaren Aufwandes und der wirtschaftlichen Zumutbarkeit, zu erfüllen. Für das Kriterium der Zumutbarkeit spielen auch hier der Wert der Münze sowie die Kosten und der Zeitaufwand für die Erfüllung der Sorgfaltspflichten eine wichtige Rolle. Je weniger die Münze wert ist, desto geringer sind also die Anforderungen an die einzuhaltenden Sorgfaltspflichten.
Die Prüfung, ob eine Münze einer Ein-und Ausfuhrbeschränkung anderer Staaten (Nr. 5) unterliegt, kann mit Hilfe des Internetportals der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien unter www.kulturgutschutz-deutschland.de geschehen. Unter der Rubrik „Staateninformationen“ sind dort die maßgeblichen Ausfuhrbestimmungen sowie die exportverantwortlichen Behörden zahlreicher Staaten dargestellt. Das Portal soll schrittweise weiter ausgebaut werden. Leider finden sich die maßgeblichen Gesetzestexte dort häufig lediglich in der Originalsprache. Im Übrigen ist die Prüfung, ob eine konkrete Münze tatsächlich von diesen Bestimmungen erfasst wird, äußerst schwierig, da die meisten Staaten ihr geschütztes Kulturgut nicht individualisiert in einer Liste zusammenfassen, sondern lediglich auf allgemein gehaltene Kulturgutkategorien verweisen. Einige Staaten verzichten aber weitestgehend auf eine Ausfuhrgenehmigungspflicht für Münzen und Medaillen, z.B. USA, Schweiz, Niederlande, Dänemark, Schweden. Andere Länder setzen konkrete Wert- oder Altersgrenzen an, z.B. Vereinigtes Königreich, Frankreich, Polen. Problematisch sind die Länder, die nach dem Kategorienprinzip (nahezu) alle Münzen und Medaillen zunächst unter die Ausfuhrgenehmigungspflicht stellen (z.B. Italien, Griechenland, Bulgarien, Rumänien, Türkei, Zypern) oder solche Länder, die im Prinzip ein totales Ausfuhrverbot für Kulturgüter vorsehen, z. B. China oder Russland.10 Solche Münzen können mit Blick auf eine möglicherweise unrechtmäßige Ausfuhr aus dem Herkunftsstaat gleichwohl in den Verkehr gebracht werden, wenn sie nachweislich bereits vor bestimmten Stichtagen aus diesem Herkunftsstaat verbracht worden sind (EU-Mitgliedstaaten: 31.12.1993, Vertragsstaaten der UNESCO-Konvention 1970: 26.04.2007).

In Bezug auf die Prüfung, ob das Kulturgut in öffentlich zugänglichen Verzeichnissen und Datenbanken eingetragen ist (Nr. 6), besteht für Münzen ein verbandsinternes Warnsystem, das von der International Association of Professional Numismatists (IAPN) und Verbänden auf nationaler Ebene unterhalten wird. Recherchemöglichkeiten in Bezug auf abhandengekommene oder gestohlene Münzen finden sich zudem im „Lost Coin Archive“ der IAPN. Dieses Verzeichnis ist kostenfrei für jedermann zugänglich. Weitergehende Recherchen auf kostenpflichtigen Datenbanken wie etwa dem Art Loss Register halten wir unter Berücksichtigung der oftmals verhältnismäßig niedrigen Werte von Münzen und des damit verbundenen Zeit- und Kostenaufwands unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Zumutbarkeit nur in seltenen Ausnahmefällen für erforderlich. Im Übrigen werden einzelne Münzen dort selten erfasst.

3. Zusammenfassung
Die einzuhaltenden Sorgfaltspflichten beim Inverkehrbringen von Münzen lassen sich im Wesentlichen wie folgt zusammenfassen:
Private Münzsammler dürfen nicht wissentlich Münzen in Verkehr bringen, die abhanden gekommen sind, unrechtmäßig eingeführt oder rechtswidrig ausgegraben worden sind. Sofern konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass einer dieser Tatbestände erfüllt sein könnte, ist eine nähere Prüfung geboten, die sich aber auf den zumutbaren Aufwand beschränkt. Kriterien der Zumutbarkeit sind dabei z. B. der Wert der Münze und der Zeitpunkt des Erwerbs. Gewerbliche Münzhändler haben über diese allgemeinen Sorgfaltspflichten hinaus bei Münzen mit einem Wert von über € 2.500,- pro Einzelstück zusätzliche Sorgfaltspflichten einzuhalten. Münzen sind in der Regel nicht als archäologisches Kulturgut zu qualifizieren, wenn es sie in großer Stückzahl gibt und sie für die Archäologie keinen relevanten Erkenntniswert haben. Münzen sind als Massenware also grundsätzlich von den zusätzlichen Sorgfaltspflichten ausgenommen, wenn sie den Schwellenwert von € 2.500,- nicht übersteigen. Selbst für den Fall, dass die zusätzlichen Sorgfaltspflichten in Einzelfällen tatsächlich eingreifen sollten, sind diese überwiegend auf den Umfang des zumutbaren Aufwandes, insbesondere der wirtschaftlichen Zumutbarkeit, beschränkt. 

4. Hinweise für die Praxis
Gewerbliche Münzenhändler sollten dazu übergehen, bereits beim Ankauf (bzw. bei der Übernahme zur Versteigerung) sich von dem Geschäftspartner bestätigen zu lassen, dass er auf das Kulturgutschutzgesetz hingewiesen wurde. Dabei sollte der Verkäufer bestätigen, dass ihm keine Hinweise vorliegen, dass die Münze oder Medaille, die zum Verkauf steht, abhandengekommen ist, rechtswidrig ausgegraben wurde oder unrechtmäßig eingeführt wurde. Wir empfehlen, dies bei allen Ankäufen ungeachtet des Ankaufswertes zu tun. Zusätzlich sollte bei Einzelstücken mit einem Wert über € 2.500,- eine Dokumentation angelegt werden, aus der die Beschreibung des Stückes (inkl. Foto) hervorgeht. Darüber hinaus sollte die Dokumentation die angewendeten Sorgfaltspflichten wiedergeben: 

  • Name und Anschrift des Veräußerers (inkl. Passkopie) 
  • Recherche in Lost Coin Archive = negativ 
  • keine Hinweise auf rechtswidrige Ausgrabung 
  • keine Hinweise auf unrechtmäßige Aus- oder Einfuhr 
  • alle vorgelegten Dokumente über Ein- und Ausfuhr wurden geprüft 
  • Verbote und Beschränkungen zur Ein- und Ausfuhr wurden geprüft 
  • Angabe der bekannten Provenienzen 

Erst mit dieser Dokumentation kann das Stück legal angeboten werden. Die Dokumentation muss einem Interessenten bzw. dem Käufer nicht vorgelegt werden, sondern verbleibt in der Buchhaltung des Münzenhändlers.

II. Ausfuhrregelungen

Die Ausfuhr von Münzen aus Deutschland in einen anderen Staat unterliegt unter Umständen kulturgutschutzrechtlichen Beschränkungen.
Während dies nach der Verordnung (EG) Nr. 116/2009 bislang bereits für die Ausfuhr aus Deutschland in einen Drittstaat galt, ist mit dem KGSG nunmehr eine umfassende Ausfuhrkontrolle auch für die Ausfuhr von Deutschland in einen anderen EU-Mitgliedstaat geschaffen worden. Ob dies mit der Warenverkehrsfreiheit im europäischen Binnenmarkt vereinbar ist, die nur in seltenen Ausnahmefällen nach Art. 36 AEUV eingeschränkt werden darf, erscheint unserer Einschätzung nach zwar äußerst zweifelhaft. Dies ändert aber nichts an der derzeit geltenden Rechtslage, die es zunächst zu beachten gilt.

Die neuen Ausfuhrregelungen stellen sich zusammengefasst wie folgt dar:
§ 21 KGSG sieht unter bestimmten Voraussetzungen ein absolutes Ausfuhrverbot vor, mit dem in erster Linie die Sicherung des Eintragungsverfahrens für nationales Kulturgut bezweckt wird. Das Ausfuhrverbot gilt etwa für den Fall, dass für eine Münze das Verfahren zur Eintragung in ein Kulturgutverzeichnis bereits eingeleitet, aber noch nicht endgültig abgeschlossen ist. Ferner gilt es im Falle einer Sicherstellung oder Anhaltung bis zur Entscheidung über die weitere Vorgehensweise. Diese Ausfuhrverbote gelten damit lediglich zeitlich beschränkt. Schließlich ist die Ausfuhr verboten, wenn eine erforderliche Ausfuhrgenehmigung nicht vorliegt oder wenn die Münze unrechtmäßig eingeführt worden ist.
In §§ 22, 23 KGSG finden sich Ausfuhrgenehmigungspflichten für die vorübergehende oder dauerhafte Ausfuhr von nationalem Kulturgut im Sinne von § 6 KGSG in einen Mitgliedstaat der EU oder in einen Drittstaat. Dies betrifft ausschließlich solche Münzen, die tatsächlich als nationales Kulturgut in ein Kulturgutverzeichnis der Bundesländer eingetragen sind, was selten der Fall ist. 

Für die Ausfuhr von sonstigem Kulturgut aus Deutschland in einen Staat außerhalb der EU (Drittstaat) sind die Regelungen der unmittelbar geltenden Verordnung (EG) Nr. 116/2009 maßgeblich. Danach besteht eine Ausfuhrgenehmigungspflicht in den folgenden Fällen: 

  • Einzelmünzen, wenn sie mindestens 50 Jahre alt sind und einen Wert von € 50.000,- übersteigen, 
  • Münzsammlungen11, wenn sie – altersunabhängig – als Sammlungen von numismatischem Wert eine Wertgrenze von € 50.000,- übersteigen. 

Für die Ausfuhr von Münzen aus Deutschland in einen anderen EU-Mitgliedsstaat gelten nach der Neuregelung des Kulturgutschutzgesetzes in § 24 Abs. 2 KGSG höhere Alters- und Wertgrenzen. Eine Ausfuhrgenehmigungspflicht besteht daher nur in folgenden Fällen: 

  • Einzelmünzen, wenn sie mindestens 100 Jahre alt sind und einen Wert von € 100.000,- übersteigen, 
  • Münzsammlungen12, wenn sie – altersunabhängig – als Sammlungen von numismatischem Wert eine Wertgrenze von € 100.000,- überschreiten. 

Der für die Genehmigungspflicht maßgebliche finanzielle Wert ist der innerhalb der letzten drei Jahre gezahlte Preis bei einem An- oder Verkauf, in sonstigen Fällen ein begründeter inländischer Schätzwert zum Zeitpunkt der Antragstellung.13

Archäologische Kulturgüter unterliegen wertunabhängig einer Ausfuhrgenehmigungspflicht, wenn sie älter als 100 Jahre sind. Wie bereits erläutert, gehen wir allerdings davon aus, dass Münzen in der Regel keine archäologischen Kulturgüter sind. In Bezug auf die Qualifizierung von Münzen als archäologische Gegenstände bzw. archäologische Kulturgüter gilt eine Sonderregelung, wonach dies zu verneinen ist, wenn es die Münzen in großer Stückzahl gibt, sie für die Archäologie keinen relevanten Erkenntniswert haben und nicht von einem Mitgliedsstaat der EU als individualisierbare Einzelobjekte unter Schutz gestellt sind (§ 24 Abs. 2 Satz 2 KGSG). Damit gilt letztlich der Grundsatz, dass die Ausfuhr von Münzen als „Massenware“ in der Regel nicht genehmigungspflichtig ist.
In § 24 Abs. 8 KGSG findet sich schließlich noch eine Regelung zur vereinfachten Ausfuhr, wonach eine Genehmigungspflicht entfällt, wenn das Kulturgut sich nachweisbar nur vorübergehend bis zu zwei Jahre im Bundesgebiet befindet. Dies gilt allerdings nicht, wenn das Kulturgut unrechtmäßig eingeführt oder zuvor ohne Genehmigung ausgeführt wurde.

Die zuständigen Behörden sowie die maßgeblichen Ausfuhrformulare sind abrufbar unter www.kulturgutschutz-deutschland.de. dort unter der Rubrik „Behörden und Ansprechpartner“ und „Service/ Downloads“.

III. Einfuhrregelungen

1. Bisherige Rechtslage
Nach der bisherigen Gesetzeslage unter Geltung des Gesetzes zum Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung und des Kulturgüterrückgabegesetzes bestand praktisch kein Einfuhrverbot für Kulturgut anderer Staaten nach Deutschland. Die Einfuhr aus Mitgliedstaaten der EU war per se nicht genehmigungspflichtig, die Einfuhr aus Vertragsstaaten der UNESCO-Konvention 1970 gemäß § 14 Kulturgüterrückgabegesetz nur dann, wenn der Gegenstand im Verzeichnis wertvollen Kulturgutes der Vertragsstaaten individualisiert bezeichnet eingetragen war. Eintragungen, die konkret bezeichnete Münzen betreffen, sind in diesem Verzeichnis aber nicht erfolgt. Für Münzen bestand daher bislang kein Einfuhrhindernis.

2. Neue Rechtslage
Mit Inkrafttreten des KGSG wird die Einfuhr von Münzen aus dem Ausland nach Deutschland deutlich erschwert. Nach § 28 KGSG besteht ein absolutes Einfuhrverbot für nationales Kulturgut anderer Mitgliedsstaaten der EU oder Vertragsstaaten der UNESCO-Konventionen 1970 (im Folgenden: UNESCO-Vertragsstaaten), sofern dieses nach dem Recht des jeweiligen Herkunftsstaates illegal ausgeführt worden ist. Als Herkunftsstaat in diesem Sinne ist der EU-Mitgliedsstaat oder UNESCO-Vertragsstaat anzusehen, in dem das Kulturgut entstanden ist oder der eine so enge Beziehung zu dem Kulturgut hat, dass er es zum Zeitpunkt der Verbringung aus seinem Hoheitsgebiet als nationales Kulturgut unter Schutz gestellt hat. Nach dieser Definition ist als Herkunftsstaat grundsätzlich der Herstellungsort, im Falle von Münzen also der Ort der Prägestätte, zu qualifizieren.

Im Grundsatz gilt also die Regel, dass Münzen, die in einem anderen EU-Mitgliedsstaat oder UNESCO-Vertragsstaat als nationales Kulturgut unter Schutz gestellt worden sind, nicht nach Deutschland eingeführt werden dürfen, wenn sie unrechtmäßig aus dem Herkunftsstaat verbracht worden sind: unrechtmäßige Ausfuhr = unrechtmäßige Einfuhr!

Ausnahmen gelten nach § 29 KGSG für den Fall der Wiedereinfuhr von Münzen, die sich zum Stichtag 6. August 2016 bereits rechtmäßig im Bundesgebiet befunden haben. Eine solche Wiedereinfuhr nach vorübergehende Ausfuhr ist nicht genehmigungspflichtig.
Grundsätzlich gilt in einem etwaigen Verwaltungsprozess zwar der Amtsermittlungsgrundsatz, wonach das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen erforscht. Die Beteiligten sind dabei aber heranzuziehen, so dass der Importeur, der sich auf diese Ausnahmeregelung berufen will, – soweit vorhanden – Nachweise dafür bereithalten sollte, dass sich die Münze bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des KGSG rechtmäßig in Deutschland befunden hat. Solche Nachweise können nach der Gesetzesbegründung etwa Kaufbelege, Dokumente vorheriger Zollabfertigungen, Ausfuhrgenehmigungen, Versicherungsnachweise, Inventarlisten oder Ausstellungskataloge sein (BT-Drs. 18/8908, S. 91). Auch glaubhafte, schriftlich dokumentierte Angaben des vorherigen Besitzers sind insoweit zweckdienlich. Angesichts dessen halten wir eine notariell beglaubigte Bestandserfassung für nicht erforderlich.

Weitere Ausnahmen finden sich in der Stichtagsregelung des § 32 KGSG. Danach ist die Einfuhr von Kulturgut nur dann unrechtmäßig, wenn dieses bei der Ausfuhr aus einem anderen Staat entgegen den dort geltenden Rechtsvorschriften zum Schutz nationalen Kulturgutes verbracht worden ist 

  • nach dem 31. Dezember 1992 aus dem Hoheitsgebiet eines anderen EU-Mitgliedsstaates oder 
  • nach dem 26. April 2007 aus dem Hoheitsgebiet eines UNESCO-Vertragsstaates. 

Weitere Einfuhrverbote ergeben sich aus dem unmittelbar geltenden EU-Embargo-Recht, insbesondere der sog. Irak-Verordnung und der sog. Syrien-Verordnung. Auch hier gelten allerdings Stichtagsregelungen, wonach das strikte Einfuhrverbot von Münzen mit irakischer oder syrischer Herkunft nicht gilt, wenn nachgewiesen werden kann, dass diese bereits vor dem 6. August 1990 aus dem Irak bzw. vor dem 9. Mai 2011 aus Syrien ausgeführt worden sind.

Trotz der vorstehend genannten Stichtagsregelungen bedeuten die neu geschaffenen Einfuhrbeschränkungen eine nicht unerhebliche Beschränkung des grenzüberschreitenden Handels mit Münzen. Denn zahlreiche andere Staaten stellen ihr nationales Kulturgut nicht – wie Deutschland – nach einem Listenprinzip unter Schutz, sondern lediglich nach einem allgemein gehaltenen Kategorienprinzip. Wie bereits oben ausgeführt, besteht in einigen Ländern wie etwa Russland oder China im Prinzip ein totales Ausfuhrverbot für Kulturgüter, andere Länder sehen konkrete Wert- oder Altersgrenzen vor. Insofern ist auch unter Berücksichtigung der Staateninformationen in dem vorgenannten Internetportal im Einzelfall nicht immer leicht zu beurteilen, ob die jeweils betroffene Münze tatsächlich als nationales Kulturgut in einem anderen Staat unter Schutz gestellt worden ist und nicht ausgeführt werden durfte. Dies gilt umso mehr als gerade im Falle von Münzen der Herkunftsstaat oftmals nicht eindeutig zu identifizieren ist. Im Regelfall wird im Übrigen nicht mehr nachvollziehbar sein, wann die einzelne Münze den Herkunftsstaat tatsächlich verlassen hat und welche kulturgutschutzrechtlichen Regelungen zu diesem Zeitpunkt galten. 

3. Hinweise für die Praxis
Angesichts dieser Unsicherheiten empfehlen wir unverbindlich, vor beabsichtigter Einfuhr einer Münze nach Deutschland das folgende Prüfschema anzuwenden:
1. Befand sich die Münze am 6. August 2016 bereits rechtmäßig in Deutschland? 

  • Ja: Die Wiedereinfuhr nach vorübergehender Ausfuhr ist gemäß § 29 KGSG ohne Weiteres zulässig. 
  • Nein: Es ist weiter wie folgt zu prüfen: 

2. Ist nachweisbar, dass sich die Münze bereits vor dem 31. Dezember 1992 außerhalb des als Herkunftsstaat zu definierenden EU-Mitgliedstaates oder vor dem 26. April 2007 außerhalb des als Herkunftsstaat zu definierenden UNESCO-Vertragsstaates befunden hat? 

  • Ja: Die Einfuhr ist nach § 32 Abs. 1 Nr. 1 KGSG ohne Weiteres zulässig. 
  • Nein: Es ist weiter wie folgt zu prüfen: 

3. Ist die Münze nach dem Recht des Herkunftsstaates tatsächlich als nationales Kulturgut eingestuft bzw. definiert?
Hierzu sind die Staateninformationen auf dem vorgenannten Internetportal zu Rate zu ziehen. 

  • Ergibt sich daraus nicht, dass die Münze als nationales Kulturgut des betreffenden Herkunftsstaates unter Schutz gestellt ist, ist die Einfuhr nach Deutschland unserer Einschätzung nach ohne Weiteres zulässig, 
  • Handelt es sich hingegen um nationales Kulturgut des Herkunftsstaates, ist wie folgt weiter zu prüfen: 

4. Ist die Ausfuhr der als nationales Kulturgut eingestuften Münze nach einer Regelung des Herkunftsstaates verboten bzw. genehmigungspflichtig?
Es sind die vorgenannten Staateninformationen auszuwerten. Ergibt sich daraus, dass 

  • kein Ausfuhrverbot bzw. keine Ausfuhrgenehmigungspflicht besteht, ist die Einfuhr nach Deutschland zulässig und es müssen dann selbstverständlich auch keine Belege zur Rechtmäßigkeit der Ausfuhr wie etwa Ausfuhrgenehmigungen vorgelegt werden. 
  • tatsächlich ein Ausfuhrverbot besteht, ist die Einfuhr der Münze nach Deutschland verboten. Wissentliche Zuwiderhandlungen gegen dieses Einfuhrverbot sind strafbar. 
  • tatsächlich eine Ausfuhrgenehmigungspflicht besteht, ist zum Nachweis der Rechtmäßigkeit der Einfuhr eine entsprechende Ausfuhrgenehmigung des Herkunftsstaates vorzulegen. Ohne Ausfuhrgenehmigung ist die Einfuhr der Münze nach Deutschland verboten. Wissentliche Zuwiderhandlungen gegen dieses Einfuhrverbot sind strafbar. 

Bei Einhaltung dieses Prüfschemas wird die Gefahr eines Verstoßes gegen das Einfuhrverbot trotz im Einzelfall ggf. verbleibender Unsicherheiten unserer Einschätzung nach deutlich minimiert. 

Erhebliches Haftungsrisiko bei unrechtmäßiger Einfuhr
Abschließend weisen wir noch auf ein erhebliches Haftungsrisiko für den Fall einer unrechtmäßigen Einfuhr hin: Sollte sich nach erfolgter Einfuhr einer Münze herausstellen, dass dies unter Verstoß gegen das absolute Einfuhrverbot des § 28 KGSG erfolgt ist, weil die Münze den Herkunftsstaat nicht bzw. nicht ohne Genehmigung hätte verlassen dürfen, ist es nicht ohne Weiteres möglich, die Münze an den ausländischen Veräußerer oder Einlieferer zurückzugeben. Denn in diesem Fall greift das absolute Ausfuhrverbot des § 21 Nr. 3 KGSG ein. Außerdem ist der Händler nach § 40 Abs. 1 KGSG gehindert, die Münze in den Verkehr zu bringen. Je nach dem, ob der vereinbarte Ankaufspreis bereits gezahlt ist, entsteht entweder dem Veräußerer/ Einlieferer oder dem Händler ein erheblicher finanzieller Schaden, da die Rückabwicklung aufgrund dieser gesetzlichen Regelung praktisch unmöglich ist. Dem Händler ist daher zu empfehlen, ausländische Geschäftspartner ausdrücklich auf die Regelungen des KGSG hinzuweisen, um sich keinen Haftungsrisiken auszusetzen. 

Anmerkungen
1 „Inverkehrbringen“ von Kulturgut ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 9 KGSG das Anbieten, das Verkaufen, die Vermittlung, der Vertrieb, das Absetzen, die unentgeltliche Weiter- oder Abgabe zum Zweck der wirtschaftlichen Verwertung oder die wirtschaftliche Verwertung in sonstiger Weise im eigenen oder fremden Namen.

2 Es ist strittig, ob tatsächlich alle Münzen generell in den Anwendungsbereich des KGSG fallen oder nur solche, die einen numismatischen Wert im wissenschaftlichen Sinne aufweisen. Wir gehen in diesem Leitfaden vorsorglich von einer weiten Auslegung des Begriffs „numismatischer Wert“ aus, so dass zunächst alle Münzen grundsätzlich als Kulturgut im Sinne des KGSG betrachtet werden.

3 Siehe BKM, Hintergrundpapier Münzsammler, Juli 2016, S. 2: „Diese Sorgfaltspflicht beschränkt sich ausdrücklich auf den ,zumutbaren Aufwand‘, so dass bezogen auf die gängigen Werte von Münzen keine besonderen Anstrengungen von Sammlern zu fordern sind.“

4 Siehe BKM, Hintergrundpapier Münzsammler, Juli 2016, S. 2: „In das Kriterium der Zumutbarkeit fließt natürlich ein, wann eine Münze erworben wurde: niemand kann sich im Regelfall nach 10 oder 15 Jahren noch an die Erwerbsumstände einer einzelnen Münze erinnern.“

5 Bei Versteigerungen im Rahmen von Auktionen ist fraglich, ob als gezahlter Kaufpreis der Zuschlagspreis – ggf. abzüglich Aufgeld und Provision – maßgeblich ist. Diese Frage ist bereits im Gesetzgebungsverfahren aufgeworfen worden, blieb letztlich aber ungelöst.

6 BFH, Urteil vom 11.12.2012, Az.: VII 33, 34/11. Diese Rechtsprechung hat auch explizit ihren Niederschlag in § 42 Abs. 3 S. 2 KGSG gefunden: „Münzen gelten nicht als archäologisches Kulturgut […], wenn es sie in großer Stückzahl gibt und sie für die Archäologie keinen relevanten Erkenntniswert aufweisen.“

7 Eingehend zu dieser Frage: Florian Arensmann, Die Ausfuhr historischer Münzen im Regelungsgefüge des Kulturgüterschutzrechts, Marburg 2016 (zugl. Diss. Universität Osnabrück 2015), S. 224 ff.

8 Die Prüfung der Provenienz umfasst nach der Gesetzesbegründung einerseits die Klärung der Urheberschaft eines Werkes, andererseits auch die Prüfung des Verbleibs bis zum heutigen Besitzer, soweit dies möglich ist (vgl. BT-Drs. 18/7456, S. 98).

9 Derartige Dokumente können selbstverständlich nur dann geprüft werden, wenn sie überhaupt existieren.

10 Zu den kulturgutschutzrechtlichen Regelungen einiger der vorstehend genannten Staaten unter besonderer Berücksichtigung von Münzen siehe Florian Arensmann, Die Ausfuhr historischer Münzen im Regelungsgefüge des Kulturgüterschutzrechts, Marburg 2016 (zugl. Diss. Universität Osnabrück 2015), S. 241 ff.

11 Der Begriff der Sammlung bezeichnet nach der Gesetzesbegründung eine Anzahl von aufbewahrten, gezielt gesammelten Gegenständen. Entscheidend ist also die jeweilige Intention des Sammlers und die von ihm vorgegebene Ordnung und Einteilung, die in der Zusammensetzung der Sammlung ihren Ausdruck gefunden hat. Das Sammeln kann im Einzelfall auch unterschiedliche Schwerpunkte haben, so dass dann von mehreren, separat zu beurteilenden Sammlungen auszugehen ist. Im Regelfall weisen die Teile einer Sammlung eine gewisse Gleichartigkeit auf oder stehen zumindest für die gleiche Sammlungsmotivation und unterscheiden eine Sammlung damit von einer bloßen Bestandsaufnahme, die etwa ein Inventar dokumentiert (vgl. BT-Drs. 18/7456, S. 60 u. S. 86). Hat jemand z. B. eine Münzsammlung aus Römern (Wert: € 20.000,-), Griechen (Wert: € 30.000,-) und Sachsen (Wert: € 45.000,-) zusammengetragen, dürfte die Ausfuhr nicht genehmigungspflichtig sein, da die verschiedenen Sammlungskonzepte die Wertgrenze von € 50.000,- für sich genommen nicht überschreiten.

12 Zum Sammlungsbegriff siehe oben Anm. 11.

13 Auch hier stellt sich das Problem der Ermittlung des maßgeblichen Wertes bei Versteigerungen im Rahmen von Auktionen, siehe oben Anm. 5.

Wir danken den beiden deutschen Verbänden der Münzhändler dafür, dass sie diese umfangreiche Dokumentation zur Verfügung gestellt haben, insbesondere Michael Becker, 1. Vorsitzender des Berufsverbands des deutschen Münzenfachhandels e. V., und Ulrich Künker, 2. Vorsitzender des Verband der deutschen Münzhändler e. V.

Mehr Informationen finden Sie auf den Websites des Berufsverbands des deutschen Münzenfachhandels e. V. und des Verbands der deutschen Münzhändler e. V.

Verfasst hat diesen Text Dr. Florian Arensmann. Mehr Information über ihn sowie einen Link zu der Kanzlei, für die er arbeitet, finden Sie hier.

Folgende Institutionen haben die Entstehung des Leitfadens unterstützt: 

International Association of Professional Numismatists (IAPN) 

World Money Fair, Berlin

Numismata, München

Mehr Berichte zu dem neuen KGSG finden Sie auch in unserer Archivkategorie Kulturgüterschutz.