11-03-2012 – 15-03-2012
Auktionen 204-209
Rekordzuschlag für Mittelaltermünze bei Künker: 160.000 Euro
Neuer Rekordzuschlag für eine Mittelaltermünze bei Künker: Der auf 30.000 Euro veranschlagte Portraitdenar Karls des Großen wurde für 160.000 Euro verkauft. Der Zuschlag ging an einen unbekannten telefonischen Bieter. Dieses Ergebnis war das herausragende Ereignis der Frühjahrsauktion vom 12. bis 16. März in Osnabrück.
1405: KAROLINGER. Karl der Große (768-814). Denar 800 oder 812. Depeyrot 1166. M./G. 317. Von allergrößter Seltenheit, f. vz. Taxe: 30.000 Euro, Zuschlag 160.000 Euro.
Der 1,53 Gramm schwere Silberpfennig mit der Büste und dem Kaisertitel des großen Karolingers gehört zu den absoluten Raritäten der Numismatik und ist im Katalog 205 unter der Nummer 1405 genauer beschrieben. Die Wissenschaft geht von 15 bis allenfalls 35 Exemplaren aus, die entweder zur Kaiserkrönung im Jahr 800 oder aufgrund der byzantinischen Anerkennung des KARLVS IMP(erator) AVG(ustus) im Jahr 812 geprägt worden sind.
Die Auktionswoche selbst war schon rekordverdächtig: ein halbes Dutzend Kataloge, knapp 8000 Lose, Gesamtzuschlag über elf Millionen Euro. Das Ergebnis lag um mehr als 60 Prozent über den Taxen. Lediglich 181 Lose gingen in den Nachverkauf, was einen lebhaften Auktionsverlauf bedeutet. Die antiken Münzen (in Summe 76 Prozent über den Schätzungen) und Teil drei der Sammlung Hagander (plus 102 Prozent!) haben das Gesamtergebnis maßgeblich mitbestimmt. Ausschlaggebend waren bei Künker wieder die exquisiten Qualitäten, die schon am Montag im Katalog 204 für manche Überraschung sorgten.
569: ROM. Vespasian (69-79). Aureus, 72. BMC 402. Calico 627 b. Coh. 139. RIC 2. Aufl. 1179. Selten, kl. Kratzer auf dem Rv, attrakt. vz. Taxe: 12.500 Euro, Zuschlag: 135.000 Euro.
Ein bei 12.500 Euro eingestufter Aureus des Vespasian des Jahres 72 aus Lugdunum erzielte 135.000 Euro, das gleiche Nominal von Postumus, 266, Colonia, statt 75.000 stolze 110.000 Euro. Ein Solidus des Procopius aus Constantinopolis 365/366 fuhr statt 40.000 Euro 60.000 Euro ein.
Mit dem Mittelalterkatalog (Auktion 205) bot Künker mehrere herausragende Serien an, außer Karolingern z. B. umfangreiche Sammlungen von Erfurt, Halberstadt, Magdeburg und Regensburg. Der Adler von Arnstein und der Falke von Falkenstein setzten nicht unerwartet zu Höhenflügen an, die erst bei 8.000 Euro (Münzstätte Hettstedt, Taxe 3.000 Euro) und 17.000 Euro (Münzstätte Ermsleben, Taxe 5.000 Euro) endeten – um nur zwei Beispiele herauszugreifen. Es müssen aber nicht immer Rekorde sein. Ein auf 100 Euro geschätzter Schwertgroschen um 1450 aus Nordhausen war für genau diese 100 Euro zu haben. Und ein Erfurter Hohlpfennig o. J. (nach 1352), mit 20 Euro getaxt, wurde für 18 Euro zugeschlagen.
Der Silber-Katalog 206 war mit über 3.000 Nummern der zahlenmäßig stärkste der Auktionswoche. Als Höhepunkte lassen sich hier eine Salzburg-Sammlung, eine Spezialsammlung Friedrich II. sowie eine preußische Medaillenkollektion herausheben. Oder Einzelexponate wie etwa die Regensburger Klippe o. J. (1711-1740) zu fünf Reichtalern:
5411: REGENSBURG. Fünffache Reichstalerklippe o. J. (1711-1740), mit Titel Karls VI. Beckenb. – (vgl. 6172). Dav. – (vgl. 2613). Vermutlich Unikum, vz. Taxe: 10.000 Euro, Zuschlag: 28.000 Euro.
Das mutmaßliche Unikum erzielte statt 10.000 Euro 28.000 Euro. Den gleichen Zuschlag erreichte Erzherzog Leopolds dreifache Reichstalerklippe o. J. (1626, Hall) auf seine Vermählung mit Claudia von Medici. Der doppelte Guldiner 1521 des Salzburger Erzbischofs Matthäus Lang von Wellenburg auf die Einweihung der Radianakapelle wurde für 6.500 Euro (Taxe: 8.000 Euro) zugeschlagen, der Reichstaler des Salzburger Fürstbischofs Jakob Ernst von Liechtenstein überstieg die Taxe um 600 auf 2.600 Euro. Auch Leopold Anton Eleutherius von Firmians Reichstaler 1728 verbesserte sich von 2.500 auf 3.400 Euro.
4616: PREUSSEN. Friedrich II., der Große (1740-1786). Silbermedaille 1758 auf die Schlacht bei Zorndorf. F. u. S. 4403. Old. 648. Von großer Seltenheit, vz., f. Tönung. Taxe: 1.000 Euro, Zuschlag 5.000 Euro.
Des Alten Fritz’ Medaillen waren gefragt: Statt 1.500 Euro holte seine Silbermedaille 1745 auf den Frieden von Dresden 3.200 Euro. Seine unsignierte Medaille 1758 auf die Schlacht bei Zorndorf verbesserte die Schätzung um das Fünffache auf 5.000 Euro. Einige Münzen unter seinem Namen überraschten. Mit einer Taxe von 500 Euro beispielsweise erreichte eine Münze zu 8 Gute Groschen 1763 A den Zuschlag von 5.000 Euro.
4861: BRAUNSCHWEIG-HARBURG. Wilhelm (1603-1642) Reichstaler 1636. Dav. 6407. Slg. Koch -.Welter Nachtrag 724. Von größter Seltenheit, vz. Taxe: 5.000 Euro, Zuschlag 24.000 Euro.
Auch kleine Territorien haben Großes zu bieten. Ein Reichstaler 1636 des Harburger Fürsten Wilhelm verfünffachte fast seine Taxe und kam auf 24.000 Euro. Ein Taler 1597 des Hatzfelder Fürsten Sebastian I. (geprägt 1666 unter Graf Hermann, 1658-1677) verbesserte den Schätzpreis von 5.000 auf 11.000 Euro.
6444: POLEN. Sigismund III., 1587-1632. Portugalöser zu 10 Dukaten 1622. Fb. 77. H.-Cz. 5793 (R7). Kopicki -. Von großer Seltenheit, winz. Grafitti, attrakt. ss. Taxe: 30.000 Euro, Zuschlag: 130.000 Euro.
Größeres ereignete sich im Ausland: Für 130.000 Euro (Taxe: 30.000 Euro) wurde ein Portugalöser zu 10 Dukaten 1622 des polnischen Königs Sigismund III. zugeschlagen. Hiermit befinden wir uns aber schon im Auktionskatalog 207, in dem vieles auch zu dreistelligen Beträgen „zu holen“ war. Aber eben nicht alles. Die Münze zu 5 Pound des englischen Königs Georg IV. 1826 war nicht für 10.000, sondern erst für 28.000 Euro zu haben.
7541: WOLGAST. 20 Dukaten 1633. Ahlström 2 (XR). Fb. -.Hagander 133. Hildebrand I, S. 190, 186. Von allergrößter Seltenheit. Felder fein gegl., kl. Rf., attrakt. sehr schönes Exempl. Taxe: 50.000 Euro, Zuschlag: 100.000 Euro.
Ein Thema für sich war dann der Katalog 208 mit Teil drei der Schweden-Sammlung von Julius Hagander. Im Beisein des schwedischen Auktionators Ulf Nordlind und der Familie Hagander gab es außerordentliche Zuschläge: 55.000 Euro (Taxe: 25.000 Euro) für den Goldgulden 1569 von König Johan III., 100.000 Euro (Taxe: 50.000 Euro) für den zwanzigfachen Dukaten der Stadt Wolgast 1633 auf die Überführung Gustav II. Adolfs nach Schweden, 75.000 Euro (Taxe: 30.000 Euro) für das Zehn-Dukaten-Stück seiner Tochter Christina des Herzogtums Bremen-Verden; das einzige in Privathand befindliche der bekannten vier Exemplare wurde 1650 in Stade geprägt. Den gleichen Zuschlag bekam ein auf 20.000 Euro geschätzter fünffacher Dukat 1645 der Stadt Riga. Auch das nur einige Beispiele, und noch kein Ende mit Hagander: Teil vier der berühmten Sammlung soll noch folgen.
8061: RUSSLAND. Anna (1730-1740). Rubel 1734. Bitkin 92 (R2). Dav. 1672. Diakov 9. Von großer Seltenheit, kl. Zainende, ss+. Taxe: 10.000 Euro, Zuschlag: 44.000 Euro.
Der Katalog 209 war zweigeteilt: erst Russland, dann deutsche Münzen ab 1871. Einen starken Auftritt hatte Anna, Zarin von 1730 bis 1740. Ihre beiden auf 15.000 und 10.000 Euro geschätzten Rubel 1734 aus Moskau wurden für 32.000 und 44.000 Euro zugeschlagen. Eine zwölffache Steigerung der Taxe schaffte der von Zar Alexander Michailowitsch 1655 überprägte norwegischer Speciedaler, dieser bei 1.500 Euro vermutete Jefimok überraschte mit 18.000 Euro. Aber an diesem Freitag gab es auch vieles im dreistelligen Bereich, oder auch zweistellig: Statt 50 Euro kostete ein kupfernes Zweikopekenstück 1924 nur 40 Euro.
8942: DDR. 10 Mark 1985 A. 40. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus. Materialprobe in Silber-Kupfer. J. 1603P. Nur 10 Exempl. gepr., Stgl. Taxe: 1.000 Euro, Zuschlag: 17.000 Euro.
Traditionell Schlusslicht, das aber nur chronologisch gemeint, ist Deutschland. Ein hart umkämpftes Gebiet, nicht zuletzt auch bei den Sammellosen. Gern gesehen sind seltene Münzen und Proben, was etwa die Materialprobe des Zehn-Mark-Stücks 1985 der DDR auf die Befreiung vom Faschismus bewies: Taxe 1.000 Euro, Zuschlag 17.000 Euro. Schließlich trabte, wenn man so will, eine 13-köpfige Elefantenherde durch den Auktionssaal: Goldmünzen aus dem früheren Deutsch-Ostafrika zu 15 Rupien mit der Jahreszahl 1916. Der abgebildete trompetende Elefant ließ sich von den Taxen zwischen 1.000 und 3.000 Euro nicht aufhalten. Für ihn musste man schon 1.900 bis 4.000 Euro pro Stück bieten. – Die nächste Versteigerung des Osnabrücker Auktionshauses findet vom 18 bis 22. Juni statt.
Einen spannenden Artikel zum Porträtdenar Karls des Großen lesen Sie hier.
Die Ergebnislisten der Auktionen 204-209 stehen hier online.