Remember Belgium: Die seltensten Münzen des modernen Belgiens

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Sie sind ein Zeichen des Widerstands, den das kleine Belgien gegen die übermächtige deutsche Armee entfaltete, jene 1 Franc-Stücke, die während des Ersten Weltkriegs nicht von der königlichen Belgischen Münzstätte in Brüssel, sondern von der privaten Birmingham Mint geprägt wurden. Während die 1 Franc-Stücke mit französischer und flämischer Legende aus dem Jahr 1914 durchaus häufig sind, kennen wir nur einige wenige Stücke aus den Jahren 1917 und 1918. Das hat gute Gründe, die Sie hier erfahren.

Plakat „Remember Belgium“: Die amerikanische Regierung wirbt für die Zeichnung von Kriegsanleihen mit dem Schattenriss eines deutschen Soldaten, deutlich zu erkennen an seiner Pickelhaube. Er reißt ein hilfloses Mädchen mit offenem Haar mit sich, das für die „Vergewaltigung von Belgien“ steht, ein Begriff, den die zeitgenössischen Medien prägten. Im Hintergrund brennt eine Stadt. Bild: Library of Congress Prints and Photographs Division cph.3a21126.

Der historische Hintergrund

Am 2. August 1914 forderte die deutsche Regierung Belgien auf, den deutschen Truppen den Durchzug nach Frankreich zu gestatten. Am 3. August lehnte die belgische Regierung dieses Ansinnen ab. Am 4. August überschritten die Deutschen die belgische Grenze und besetzten mit Ausnahme einer kleinen Exklave das Land. „Remember Belgium“ wurde zu einem Schlagwort, das zusammen mit der „Belgischen Vergewaltigung“ weltweit von den Medien aufgegriffen wurde, um das Geschehen und die notwendigen Maßnahmen zu charakterisieren. Diese Worte entfalteten eine solche Schlagkraft, dass sie sich zu einem Motto entwickelten, mit dem die Alliierten für ihre Kriegsanleihen und Freiwillige warben.

König Albert I. von Belgien weigerte sich, sein Königreich zu verlassen. Er hielt als Oberbefehlshaber der Armee ein kleines Stückchen Land bei Ypern. Im Stellungskrieg widersetzten sich die belgischen Soldaten der deutschen Übermacht an der Yser-Front.

Die belgische Regierung dagegen ging nach Le Havre ins Exil. Ihr gelang es in letzter Minute, alle Edelmetallvorräte und die umlauffähigen Banknoten vor der Einnahme Brüssels nach London zu schaffen. Daraufhin entzog die deutsche Besatzungsverwaltung der Nationalbank ihr Privileg, Münzen und Geldscheine herauszugeben. Sie übertrug es der Sociéte générale de Belgique.

Die belgische Regierung beharrte ebenfalls auf ihrem Münzprivileg und orderte bei der privaten Birmingham Mint 1 Franc-Stücke mit der Jahreszahl 1914. Sie wurden in großer Menge mit französischer und flämischer Legende geprägt und sowohl im freien Belgien als auch in Frankreich in Kurs gesetzt. Schließlich war Belgien Teil der Lateinischen Münzunion, so dass die belgischen zusammen mit den französischen 1 Franc-Münzen kursieren und so den belgischen Widerstand finanzieren konnten.

Während die Zivilbevölkerung im besetzten Belgien Hunger, Grausamkeit der Besatzer, Massaker und die Zerstörung ihrer Städte erlebte, orderte die belgische Exilregierung eine weitere Tranche von 1 Franc-Münzen bei der Birmingham Mint. Mit der Jahreszahlt 1917 wurden 3.910.000 Stück mit flämischer, 4.630.000 Stück mit französischer Legende geprägt, 1918 folgten 1.099.220 mit flämischer, 370.000 mit französischer Legende. Allerdings stieg in diesen Jahren der Silberpreis extrem. Hatte er im Jahr 1914 noch 25 pence pro Unze betragen, so kletterte er 1920 auf 89 pence. Damit lag der intrinsische Wert der 1 Franc-Stücke wesentlich über ihrem Nominalwert. Das Ergebnis ist logisch: Da die Münzen noch nicht in Kurs gesetzt waren, wurde die gesamte Auflage eingeschmolzen.

Die Birmingham Mint sicherte sich ein paar Exemplare von jeder der vier geprägten Münzen. Ein Exemplar von jeder dieser Münzen kann Numismatica Genevensis in der Auktion 17 am 15. November 2022 als Teil der Sammlung eines „Distinguished Gentleman“ in prägefrischer Erhaltung anbieten. Sie wurden vom Museum der Birmingham Mint in den 1970er Jahren an Spink London verkauft. Spink seinerseits verkaufte sie dem „Distinguished Gentleman“.

König Albert I. mit Gattin und Sohn während der deutschen Besatzung Belgiens.

Alle Münzen zeigen, wie die belgischen 1 Franc-Stücke es seit 1910 taten, das Porträt des volksnahen Königs Albert I. auf der Vorderseite. Er blieb, wie bereits erwähnt, als Oberbefehlshaber des belgischen Heeres bis zum Kriegsende an der Front, während seine Gemahlin, die bayerische Prinzessin und Arzttochter Elisabeth, die Krankenpflege organisierte und mit kleinen Erleichterungen wie Kartenspiele, Büchern, Zigaretten und Fronttheater für die Moral der Truppe sorgte. Der jugendliche Thronfolger Leopold III. leistete im Alter von 13 Jahren sechs Monate lang Dienst an der Yser-Front, bevor er von seinen Eltern auf das britische Internat Eton geschickt wurde.

Auf der Rückseite der Münzen ist ein Kranz aus Eichen- und Lorbeerblättern abgebildet, ein beliebtes Symbol des 19. Jahrhundert. Während der Lorbeer für die Sieghaftigkeit steht, erinnern die Eichenblätter an die Bürgerkrone des römischen Kaisers Augustus. Sie symbolisieren die Bürgernähe des Staates. Innerhalb des Kranzes liest man das Nominal, den Wert und die Jahreszahl. Unter dem Kranz befindet sich das belgische Motto: L’union fait la force resp. Eendracht maakt macht – in deutscher Übersetzung Einigkeit macht stark.

Tatsächlich gelang es den belgischen Truppen, die Yser-Front bis zur deutschen Niederlage im Jahr 1918 zu halten. Nicht nur deshalb erhielten die Belgier einen Platz am Runden Tisch der Pariser Friedenskonferenz. Auch wenn das Land nur sehr wenige Forderungen im Versailler Vertrag durchsetzen konnte, bleibt es bemerkenswert, dass sich Albert I. bereits zu diesem Zeitpunkt gegen zu harte Friedensbedingungen aussprach, ausdrücklich um keine Rachegedanken in der deutschen Bevölkerung zu provozieren. Er gab ferner zu bedenken, dass die sofortige Auflösung des Habsburger Reichs zu einer Instabilität auf dem Balkan führen würde. Und obwohl Belgien 8 % der deutschen Reparationen zustanden, war es die vergewaltigte Nation, die 1921 einen Kompromiss aushandelte, der die Reparationsforderungen von Versailles auf ein realistischeres Maß zurückstutzte.

 

Die präsentierten Münzen finden Sie im Auktionskatalog von Numismatica Genevensis.

Für weitere Informationen, besuchen Sie die Website des Auktionshauses.

Kennen Sie die belgischen Belgas? Wenn nicht, sollten Sie unbedingt diesen Artikel lesen.

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