Warum ging das Römische Reich unter?

Plakat zur Landesausstellung 2022 in Trier „Der Untergang des Römischen Reiches“, Büro Wilhelm, Amberg/Rheinisches Landesmuseum Trier (GDKE).
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Trier, die älteste Stadt Deutschlands, gilt europaweit als „Zentrum der Antike“ und bietet als Kaiserresidenz der Spätantike mit seinen weltberühmten UNESCO-Welterbestätten den passenden Rahmen für ein europaweit einzigartiges Ausstellungsprojekt: „Der Untergang des Römischen Reiches“. Vom 25. Juni bis 27. November 2022 sind das Rheinische Landesmuseum, das Museum am Dom und das Stadtmuseum Simeonstift Schauplatz dieser spektakulären Landesausstellung. Die Museen widmen sich zum ersten Mal einer kaum bekannten, aber entscheidenden Epoche des Römischen Imperiums: seinem Untergang.

GDKE, Rheinisches Landesmusuem Trier, Foto: Th. Zühmer.

Sie fügen mit dieser herausragenden Kulturschau der 2007 begonnenen Erfolgsgeschichte der Sonderausstellungen in Rheinland-Pfalz ein neues Kapitel hinzu und widmen sich einer der spannendsten und rätselhaftesten Fragen der Weltgeschichte: Warum ging das Römische Reich unter?

Kein Ort in Mitteleuropa bietet für ein Ausstellungsprojekt dieser Dimension geeignetere Rahmenbedingungen als Trier, das mit seinem reichen spätantiken Erbe beeindruckt.

Paradehelm von Berkasovo, Šid (Serbien) aus dem 4. Jahrhundert: Innere und äußere Bedrohungen für das Römische Reich und seine Kaiser lassen die Bedeutung des Militärs stetig wachsen. Museum der Vojvodina, Novi Sad.

16 v. Chr. als „Augusta Treverorum“ gegründet, ist Trier nicht nur die älteste Stadt Deutschlands, sie war auch die größte und bedeutendste römische Kaiserresidenz nördlich der Alpen. Noch heute stellen die Porta Nigra, die Konstantinsbasilika, die Kaiserthermen, das römische Amphitheater und die Barbarathermen ein einzigartiges Ensemble römischer Baukunst dar, das weltweit seines Gleichen sucht. Nirgendwo sonst in Europa lässt sich römische Geschichte authentischer erleben. Nicht zu Unrecht gilt Trier als zweites Rom und lädt Besucher aus ganz Europa zu einer faszinierenden Reise in die Weltgeschichte ein.

Mehr als 700 Kunstwerke von 130 nationalen und internationalen Leihgebern machen Trier zu einer Schatzkammer auf Zeit. Die Liste der Leihgeber liest sich wie das Who’s Who der weltweiten Kunstszene, die nun ihre kostbaren Werke in der Kaiserstadt Trier präsentieren. Aus Adelaide, Amsterdam, Mailand, Belgrad, Berlin, Neapel, Paris, Rom, Sevilla, Stockholm und Wien stammen die kostbaren Leihgaben, die seit dem 25. Juni 2022 Trier in einen Hot-Spot der europäischen Kultur-, Zeit- und Kunstgeschichte verwandeln.

Der Niedergang eines Imperiums

Silberplatte mit der Darstellung Kaiser Theodosius mit Mitkaisern und Leibwache (4. Jh. n. Chr). Die über 15kg schwere Platte war ein kaiserliches Geschenk. Real Academia de la Historia in Madrid, Spanien. Replik, Römisch-Germanisches Zentralmuseum, Mainz.

Die Suche nach den Gründen für das Ende des Römischen Reiches bewegt seit Jahrhunderten die Wissenschaft. Wie stirbt ein solch riesiges Reich und wie verwaisen einstmals blühende Metropolen? Was waren die Vorboten des Zerfalls und was ist das Erbe des gefallenen Imperiums? Die große Landesausstellung in Rheinland-Pfalz 2022 beschäftigt sich an drei Standorten in Trier mit diesem faszinierenden Thema. Die zentrale historische Ausstellung „Der Untergang des Römischen Reiches“ im Rheinischen Landesmuseum Trier zeichnet mit herausragenden archäologischen Exponaten die bewegten letzten Jahrhunderte des Weltreiches nach. Das Museum am Dom zeigt in „Im Zeichen des Kreuzes – Eine Welt ordnet sich neu“, wie die Kirche das politische Machtvakuum besetzte und so zunehmend weltliche Aufgaben übernahm. Das Stadtmuseum Simeonstift beleuchtet in „Das Erbe Roms. Visionen und Mythen in der Kunst“ das Erbe des Imperium Romanum in der Kunst- und Kulturgeschichte.

Der Niedergang des Weströmischen Reiches wird in drei Museen und 31 Ausstellungssälen auf insgesamt 2.000 m² Fläche präsentiert.

Kooperation mit Tradition

Goldmünze des Kaisers Valens (4. Jh. n. Chr.). Zwei thronende Kaiser halten als Zeichen der gemeinsamen Herrschaft den Globus, Rheinisches Landesmuseum Trier (GDKE), Foto: Th. Zühmer.

Das Rheinische Landesmuseum, das Museum am Dom und das Stadtmuseum Simeonstift können auf erfolgreiche gemeinsame Ausstellungsprojekte zurückschauen. Nicht zum ersten Mal haben sich die drei Museen zusammengetan, um ein Thema aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten. Bereits 2007 konnte mit „Konstantin der Große“ eine kulturhistorische Landesausstellung zu einem bedeutenden spätrömischen Kaiser präsentiert werden. Im Jahr 2016 folgte die Sonderausstellung „Nero – Kaiser, Künstler, Tyrann“, die über 270.000 Gäste nach Trier locken konnte. Auch für die letzte Landesausstellung in Trier „Karl Marx 1818-1883. Leben. Werk. Zeit.“ kooperierten 2018 Rheinisches Landesmuseum, Stadtmuseum Simeonstift und das Karl-Marx-Haus.

GDKE, Rheinisches Landesmusuem Trier, Foto: Th. Zühmer.

Trier als Ausstellungsstandort und „Trier – Zentrum der Antike“

Zusammen mit dem Dom St. Peter und der Liebfrauenkirche bilden die römischen Bauwerke der Stadt das Welterbe Trier. Mit ihren antiken Baudenkmälern und als ehemalige römische Kaiserresidenz gilt die Stadt als das Zentrum der Antike in Deutschland. Als Standort für Ausstellungen zur Antike ist Trier als älteste Stadt Deutschlands, größte römische Metropole nördlich der Alpen und spätantike Kaiserresidenz prädestiniert. 1986 wurden die antiken Monumente Porta Nigra, Amphitheater, Kaiserthermen, Barbarathermen, Römerbrücke, Konstantin-Basilika und die Igeler Säule sowie die beiden Kirchen als UNESCO-Welterbe ausgezeichnet. Viele dieser Baudenkmäler stammen aus der spätrömischen Epoche. Somit gibt es keinen Ort, der bessere Bedingungen für eine Landesausstellung mit dem Titel „Der Untergang des Römischen Reiches“ bieten könnte.

GDKE, Rheinisches Landesmusuem Trier, Foto: Th. Zühmer.

Rheinisches Landesmuseum Trier: Der Untergang des Römischen Reiches

Als zentrale historische Ausstellung zeigt das Rheinische Landesmuseum Trier die entscheidende, wenn auch wenig bekannte Epoche des Römischen Reiches im 4. und 5. Jahrhundert. Anhand internationaler Spitzenexponate entsteht ein lebendiges Bild vom Zerfall des Imperium Romanum und seinen Ursachen.

Dazu zählen zweifellos die blutigen, innerrömischen Machtkämpfe zwischen den römischen Kaisern und ihren Widersachern, die aber nicht allein das Ende des Imperiums besiegelten. Die schleichend schwindende kaiserliche Zentralgewalt bringt neue machthungrige Widersacher wie regionale Warlords ins Spiel. Neben den zunehmend chaotischen Machtverhältnissen ist es auch die wechselvolle Beziehung zwischen Barbaren und Römern, die sich verhängnisvoll entwickelt. Die traditionell unter dem Begriff Völkerwanderung gefassten Prozesse und Ereignisse werden im Ausstellungsrundgang unter Berücksichtigung neuester Forschungsergebnisse in ihren historischen Kontext gesetzt.

Die spannende Ausstellung illustriert verständlich die zahlreichen Faktoren und Ursachen, die zum Untergang des Römischen Reiches geführt haben. Sie verdeutlicht zudem, welche römischen Traditionen im Übergang zwischen prunkvoller Spätantike und vermeintlich dunklem Frühmittelalter verloren gingen oder in gewandelter Form fortleben konnten.

Museum am Dom Trier.

Museum am Dom Trier: Im Zeichen des Kreuzes – Eine Welt ordnet sich neu

Der Blick des Museums am Dom richtet sich insbesondere auf die Mosel- und Rheinregion von den Anfängen des Christentums bis ins 7. Jahrhundert. Die Ausstellung vermittelt örtliche Kontinuitäten und Brüche in der Weitergabe der römischen Zivilisation und vor allem, welche Rolle die Christen dabei spielten.

In die bewegten Zeiten des untergehenden Römischen Reiches fällt auch der Aufschwung des christlichen Glaubens. Die Kirche und ihre Bischöfe wussten das langsam entstehende Machtvakuum zu nutzen und übernahmen zunehmend auch weltliche Aufgaben, die ihren politischen Einfluss stärkten.

In kaum einer anderen Stadt lassen sich die Anfänge des Christentums so gut nachvollziehen wie in Trier. Das frühchristliche Gräberfeld unterhalb der ehemaligen Abteikirche St. Maximin bringt einmalige Einblicke in die Traditionen und Lebensumstände der frühen Christen. Die Ausstellung wird u.a. archäologische Funde aus den Gräbern wie Seidenstoffe, echten Purpur und kostbaren Schmuck präsentieren, die die christliche Elite im 4. und 5. Jahrhundert kennzeichneten.

Stadtmuseum Simeonstift Trier.

Stadtmuseum Simeonstift Trier: Das Erbe Roms. Visionen und Mythen in der Kunst

Das Stadtmuseum Simeonstift beleuchtet das Fortleben des Römischen Reiches in der Kunst- und Kulturgeschichte, wo es bis heute als Maßstab für Macht, Kultur und Zivilisation gilt. Die künstlerische Rezeption dieses Themas lässt sich über Jahrhunderte hinweg nachverfolgen und stellt einen Spiegel der jeweiligen Geschichts- und Weltbilder dar.

Von der Mythisierung des Untergangs durch die spätantiken Kirchenväter leitet der Rundgang zum 19. Jahrhundert, in dessen Vorstellung der Untergang Roms Unabhängigkeit und Freiheit für ehemals Beherrschte bedeutete. Der aufkeimende Nationalismus führte zu zahlreichen Darstellungen der jeweiligen Helden, die „ihr“ Land gegen die „römische Unterdrückung“ verteidigten – wie etwa Arminius in Deutschland, Vercingetorix in Frankreich oder Boudicca in England. Diese Bilderwelt führt bis ins 20. Jahrhundert, wo sie weitergeführt, übersteigert und pervertiert wurde.

In diesem Spannungsfeld zeigt die Ausstellung eindrucksvoll, wie das Römische Reich und sein Untergang mal als „schlimmstes Unglück“, bald als „glänzender Triumph der Freiheit“ immer wieder neu interpretiert, gedeutet und verarbeitet wurden.

Vertieft wird die Präsentation des Stadtmuseums durch eine begleitende Ausstellung in der Schatzkammer der Wissenschaftlichen Bibliothek, die anhand von herausragenden Handschriften aus dem eigenen Bestand dem Fortwirken Roms in der Bildungsgeschichte des Mittelalters nachgeht.

Elfenbeinrelief mit Reliquienprozession, Domschatz Trier, Foto: A. Münchow.

Auf Zeitreise in die Spätantike

In Rheinland-Pfalz sind die Spuren des römischen Reiches so allgegenwärtig wie in keinem anderen Bundesland. Antike Tempel und Villen, Bäder und Thermen, Kastelle und Aquädukte findet man fast überall im Land. Rund um die Landesausstellung bietet das Themenjahr „Spätantike“ in Rheinland-Pfalz ein umfangreiches Programm und zahlreichen kulturellen Aktivitäten.

Mit der Broschüre Entdeckungsreise Spätantike laden wir ein, die Geschichte von Rheinland-Pfalz in Museen und an zahlreichen authentischen und für die Spätantike wichtigen archäologischen Orten zu erkunden. Der umfangreiche „Reiseführer“ stellt 101 Orte der Spätantike in Rheinland-Pfalz vor. Die Broschüre ist Online kostenfrei erhältlich.

Gestaltung

Im Rheinischen Landesmuseum konnte für die Ausstellungsgestaltung das Architekturbüro „Duncan McCauley“ aus Berlin gewonnen werden, das sich 2020 mit seinem Entwurf in einem Ideenwettbewerb durchsetzte. Der Ausstellungsrundgang folgt in der Gestaltung der Idee eines Sonnenuntergangs.

Im Museum am Dom entwickelte Susanne Weibler von crawatzo design das künstlerische Raumkonzept. Gemeinsam mit Marco Gouverneur gestaltete sie den Gedanken der Neuordnung nach erfolgter Zerstörung anhand eines Motivs aus dem marmornen Domfußboden.

Die Ausstellung „Das Erbe Roms. Visionen und Mythen in der Kunst“ im Stadtmuseum Simeonstift Trier wurde vom Design- und Architekturbüro res d aus Köln gestaltet, das namhafte Häuser wie die Bundeskunsthalle Bonn, das Museum für Kommunikation Berlin oder das Wallraff-Richartz-Museum Köln zu seinen Kunden zählt. Ihr Design für „Nero – Lust und Verbrechen“, den Ausstellungsteil im Stadtmuseum zur Landesausstellung 2016, wurde mit dem German Design Award ausgezeichnet. Auch die aktuelle Gestaltung besticht durch eine durchdachte Verknüpfung von Atmosphäre und Inhalt.

Begleitband „Der Untergang des Römischen Reiches“

Zur Ausstellung erscheint ein großer Begleitband im Theiss Verlag. Er gibt auf 464 Seiten einen Überblick über die aktuellen Deutungen und den Stand der Diskussion zum „Untergang“. Er entwirft zugleich ein großes Bild der Entwicklungen im Römischen Reich vom 3. bis zum 5. Jahrhundert. ISBN: 978-3-944371-16-0. Preis: 40,00 EUR.

 

Online finden Sie weitere Informationen zur Ausstellung und zum Besuch.

Lernen Sie mehr über Kaiser Valentinian I und die Pfalz in der Spätantike.

Werfen Sie einen Blick hinter die Kulissen des Münzkabinetts im Rheinischen Landesmuseum Trier.