Wer am Samstag den 7. März 2020 wie jedes Jahr um 9.00 Uhr zur Numismata ging, um rechtzeitig seine Eintrittskarte zu kaufen, sah sich enttäuscht. Auf Plakaten stand zu lesen, dass in Rücksprache mit dem Kreisverwaltungsreferat die Veranstaltung abgesagt sei. Die Reaktionen? Nun, so verschieden wie die Menschheit. Es gab diejenigen, die sich getäuscht fühlten, die wütend waren auf die Organisation, auf das Kreisverwaltungsreferat, auf den Staat. Andere freuten sich, schon alles vorher gewusst zu haben. Und dann waren da noch diejenigen, die ruhig wieder nach Hause oder in die Stadt München fuhren.
Dem Münchner Münzkabinett bescherte die geschlossene Numismata einen Rekordbesuchstag. Gorny & Mosch öffnete trotz Samstag sein Büro, um gestrandeten Numismatikern wenigstens eine warme Stube zu bieten. Künker hielt seine Vorbesichtigung ab wie geplant. Zum Schutz von Besuchern und Angestellten wurden jedem Eintretenden erst einmal die Hände desinfiziert.
War es vorhersehbar?
Es stellt sich natürlich die Frage, ob die Veranstalter eine Absage der Numismata nicht hätten vorhersehen können. Die MünzenWoche telefonierte am Dienstag, dem 3. März, mit dem Veranstaltungsbüro, um den Artikel, der in der MünzenWoche vom 6. März 2020 erschien, zu recherchieren. In diesem Telefongespräch erfuhren wir, dass das Münchner Kreisverwaltungsreferat trotz der wegen des Coronavirus angespannten Situation seine Genehmigung für die Veranstaltung erteilt hatte. Was aber änderte sich zwischen Dienstag, dem 3. März, und Freitag, dem 6. März, als die Numismata zwischen 22.00 und 23.00 Uhr abgesagt wurde?
Schuld ist Südtirol
Ein Blick in die Medien verrät, dass eigentlich nur ein Ereignis für diesen Meinungsumschwung verantwortlich sein kann. Am Donnerstagabend erklärte das Berliner Robert-Koch-Institut Südtirol zu einer vom Coronavirus besonders gefährdeten Region. Das Auswärtige Amt erließ am Freitagmorgen zusätzlich zu den bereits bestehenden Reisewarnungen für Italien eine für das Münchner Lieblingsskigebiet, Südtirol. Man kann sich sehr gut vorstellen, wie diese Reisewarnung bei den Verantwortlichen im Münchner Kreisverwaltungsreferat ankam. Ein großer Teil der Münchner ist es gewohnt, über das Wochenende nach Südtirol zum Skifahren zu reisen. Und viele Münzsammler aus Südtirol besuchen regelmäßig die Numismata. Doch die Genehmigung war erteilt.
Am Samstagmorgen verbreitete sich unter den abbauenden Münzhändlern das Gerücht, dass ein hoher Beamter des Kreisverwaltungsreferats am Freitagabend – also zwölf Stunden vor Beginn der Numismata – bei den Organisatoren angerufen habe, um ihnen mitzuteilen, dass man kurzfristig wesentlich höhere Sicherheitsbestimmung festsetzen müsse. Es wurde gesagt, dass diese neuen Bestimmungen in der Kürze der Zeit unerfüllbar gewesen seien, so dass man wegen der damit verbundenen unbezahlbaren Regressforderungen beschlossen habe, die Veranstaltung abzusagen.
Das passt ins Bild. Die gleichzeitig stattfindende Briefmarken-Messe Philatelia wurde am Freitag, dem 6. März, noch durchgeführt. Am 7. März ließ man nur noch die Aussteller in den Saal, um ihre Stände abzubauen. Dasselbe Bild ergibt sich für die Münchner Weinmesse Vinessio. Diese wurde am Samstag, dem 7. März, um 9.16 abgesagt, und zwar weniger als drei Stunden vor der Eröffnung.
Und wie weiter?
Derzeit wird in Bayern heftig über die finanzielle Unterstützung von Unternehmen diskutiert, die von Behördenaktionen wegen Corona betroffen sind. Vielleicht zählt der bayerische Staat ja auch die Aussteller der Numismata zu den Wirtschaftsunternehmen, die in dieser Situation unterstützt werden müssen.
Stellungnahme der Numismata
Auf der Website der Numismata ist jedenfalls aktuell dieser Text zu lesen:
„Es tut uns leid, dass wir uns gezwungen sahen, die NUMISMATA so kurzfristig abzusagen. Wir möchten uns dafür bei allen entschuldigen, die zum Teil lange Wege auf sich genommen haben, um nach München zu kommen. Wir möchten uns aber auch bedanken bei den vielen, die durch ihre souveräne Reaktion gezeigt haben, dass sie sich der aktuellen Schwierigkeiten bei jeder Form der Zukunftsprognose durchaus bewusst sind. Aussteller werden demnächst von uns direkt kontaktiert.“
Hier kommen Sie direkt zur Website der Numismata.
Die Münchner Weinmesse Vinessio wurde ebenfalls kurz vor dem Start abgesagt.
Diese Website beinhaltet die Reise- und Sicherheitshinweise des Ausländischen Amts für Italien. Achtung, die können sich natürlich jederzeit ändern.
Die Südtiroler selbst sind am erstauntesten, dass sie jetzt ein Risikogebiet sind. Bisher wurden zwei Personen positiv auf Corona getestet, rund 200 Leute befinden sich in häuslicher Quarantäne.
Und wenn Sie mal über Corona lachen wollen, dann kann ich Ihnen diesen Clip empfehlen –wenn Sie Schweizerdeutsch nicht sprechen: Es gibt Untertitel!