Was die EU an den geplanten Regeln zur Einfuhr von Kulturgütern ändern sollte

Ivan Macquisten nimmt Stellung zum neuen Verordnungsentwurf der Europäischen Kommission. Aber wird die Institution auch auf den Experten hören? Foto: Polina Kovaleva / Pexels.
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Ich bin der Meinung, dass einige Anpassungen und Klarstellungen einen äußerst positiven Einfluss auf die Wirksamkeit der neuen Vorschriften haben könnten. Eine entsprechende Präzisierung der Verordnung würde sie auch den Leitprinzipien der Präsidentin der Europäischen Kommission näher bringen. Zudem würde die Beseitigung der Hindernisse, die der Wirksamkeit der Verordnung im Wege stehen, auch das Risiko mindern, dass der Kunstmarkt der EU im Vergleich zu anderen führenden Märkten der Welt, wie den USA und Großbritannien, wo solche Beschränkungen nicht gelten, einen erheblichen Wettbewerbsnachteil erleidet.

Stellungnahme zum Entwurf einer Durchführungsverordnung zur Regelung gewisser Bestimmungen der Verordnung (EU) 2019/880 über das Verbringen und die Einfuhr von Kulturgütern

Damit ein Gesetz wirksam ist und keine unbeabsichtigten Folgen nach sich zieht, müssen die verwendeten Begriffe und Bedingungen eindeutig definiert sein. Einige wichtige Begriffe des Entwurfs sind nicht klar genug definiert. Dies könnte zu ernsthaften Schwierigkeiten bei der Durchsetzung der Zollvorschriften führen und gleichzeitig eine unbeabsichtigt große Menge an ungeeigneten Objekten dem Geltungsbereich der Verordnung unterstellen. Die folgenden Ausführungen zeigen, warum die Risiken entstehen, und geben Lösungsvorschläge, um die Probleme zu minimieren.

  • Seite 3 (13): Dokumente aus Drittländern müssen das fragliche Kulturgut „angemessen“ identifizieren. – Wie wird „angemessen“ definiert?
  • Seite 3 (14): „…die Mitgliedstaaten sollten vom Betreiber verlangen, so viele verschiedene Nachweise wie möglich vorzulegen, darunter fallen auch Dokumente zur Geschichte und den Eigentumsverhältnissen des Objekts, anhand derer die Echtheit des Gegenstands und sein Eigentümer festgestellt werden kann.“ – Wenn nur sehr wenige Informationen verfügbar sind, aber alles Vorhandene eingereicht wurde, dann würde das immer noch bedeuten, dass „so viele verschiedene Nachweise wie möglich“ vorgelegt wurden. Ist das der Zweck der Vorschrift? Wenn nicht, was dann?
  • Seite 4 (20): „Die Mitgliedstaaten können die Anzahl der Zollstellen begrenzen, die für die Abwicklung der Einfuhrformalitäten für Kulturgüter zuständig sind.“ – Dies könnte zu einem Zusammenbruch des Systems führen, da die Vorschrift keinen Mindeststandard enthält. Unter den bestehenden Bedingungen könnte der Zoll beschließen, die zuständigen Stellen weitab der wichtigsten Handelsrouten anzusiedeln und ihre Anzahl so stark begrenzen, dass die Einfuhr von Kulturgütern nicht zügig abgewickelt werden kann. Stattdessen sollte es einen Mindeststandard geben, der den Zoll dazu verpflichtet, an allen größeren Häfen ausreichend besetzte Abfertigungsstellen einzurichten, damit die Einfuhr im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben zeitnah erfolgen kann.
  • Seite 6 (Artikel 2.4): 4. „Die in den Teilen B und C des Anhangs der Verordnung (EU) 2019/880 gelisteten Kulturgüter, die von besonderer Bedeutung für Archäologie, Vorgeschichte, Geschichte, Literatur, Kunst oder Wissenschaft sind, können vorübergehend in einem Schutzraum innerhalb des Zollgebiets der Union untergebracht werden, um ihre Zerstörung oder ihren Verlust aufgrund von bewaffneten Konflikten, Naturkatastrophen oder anderen Notsituationen, die das jeweilige Drittland betreffen, zu verhindern.“ – Es ist unerlässlich, eine klare Definition der damit gemeinten Kulturgüter in das Gesetz aufzunehmen. Die Formulierung zeigt, dass sich die Verordnung anlehnt an die Definition aus dem UNESCO-Übereinkommen über Maßnahmen zum Verbot und zur Verhütung der unzulässigen Einfuhr, Ausfuhr und Übereignung von Kulturgut von 1970. Dies ist sinnvoll, da diese Definition von mehr Ländern anerkannt wird als jede andere. Allerdings ist unklar, ob mit der neuen Verordnung die Definition des UNESCO-Übereinkommens vollständig übernommen wird. Das sollte sie, und die neue Verordnung sollte das auch klarstellen, um Verwirrung zu vermeiden. Dabei muss ebenfalls definiert werden, was mit „Bedeutung für Archäologie, Vorgeschichte, Geschichte, Literatur, Kunst oder Wissenschaft“ gemeint ist. Artikel 1 der UNESCO-Definition stellt fest, dass ein Objekt „von jedem Staat … als … besonders wichtig bezeichnet“ werden muss, um als Kulturgut angesehen zu werden. Aus Artikel 5b des Übereinkommens geht hervor, dass diese Bezeichnung dadurch erfolgt, dass „auf der Grundlage eines nationalen Bestandsverzeichnisses des zu schützenden Gutes ein [] Verzeichnis [] des wichtigen öffentlichen und privaten Kulturguts [aufgestellt und geführt wird], dessen Ausfuhr das nationale kulturelle Erbe merklich verringern würde“. Damit ist sofort klar, was von Bedeutung ist und damit als Kulturgut im Sinne der neuen Regeln gelten würde. Ein richtungweisendes Urteil des Bundesfinanzhofs in München von 2012 schaffte zusätzliche Klarheit, da das Gericht darüber entschied, was für die Zwecke der Ausfuhrgenehmigung (Verordnung (EG) 116/2009) unter den Begriff des Kulturguts fällt. „Ein archäologischer Gegenstand ist vielmehr nur ein solcher, der einen Wert für die Archäologie hat, also ein von Menschenhand geschaffener oder bearbeiteter Gegenstand, der Erkenntnisse über vergangene Kulturen zu vermitteln vermag, insbesondere etwa über deren Gebräuche, den damaligen technischen und künstlerischen Entwicklungsstand, politische und gesellschaftliche Strukturen, die Religion und dergleichen mehr.“ Das Gericht präzisierte diese Erklärung weiter: „Gegenstände, die anderweit gewonnene Erkenntnisse über vergangene Kulturen allenfalls illustrieren und deshalb für die Archäologie keine Bedeutung haben, sind keine ‚archäologischen Gegenstände‘ oder Funde i.S. des Anh. I VO Nr. 116/2009.“ So wäre beispielsweise ein gewöhnlicher Skarabäus oder eine Öllampe, die sich von zehntausenden bereits bekannten Objekten kaum unterscheidet, nach der UNESCO-Definition nicht als Kulturgut zu qualifizieren. Der Bundesfinanzhof entschied zudem, dass derartige Objekte nicht willkürlich in das nationale Verzeichnis geschützter Güter im Sinne von Artikel 5b des UNESCO-Übereinkommens aufgenommen werden können. „Dem entspricht es ferner, dass Gegenstände, die für die Archäologie keinen (Erkenntnis-)Wert haben, nicht von einem Mitgliedstaat aufgrund eines archäologischen Interesses unter Schutz gestellt werden können.“ Das Urteil ist äußerst hilfreich, weil es die Absicht des UNESCO-Übereinkommens und die Leitprinzipien bestehender EU-Gesetzgebung in Bezug auf Ausfuhrgenehmigungen und Kulturgüterschutz verdeutlicht. Zudem schafft es wirksame Parameter für den Schutz von bedeutsamen Kulturgütern und stellt gleichzeitig sicher, dass die elektronische Datenbank und die Zollbehörden nicht von Anträgen überschwemmt werden, die sich auf Gegenstände beziehen, die gar nicht unter die Vorschriften fallen sollten. Aus den genannten Gründen schlage ich vor, dass der neue Rechtsakt die UNESCO-Definition im vollen Umfang und den Ausprägungen übernimmt, die der Bundesfinanzhof dargelegt hat. Dadurch ergäbe sich der zusätzliche Vorteil der Konsistenz, da die Verordnung damit auf der bestehenden Rechtspraxis der EU aufbauen würde.
  • Seite 7 (Artikel 4 Rückverfolgbarkeit): „Die allgemeine Beschreibung ist nach dem in Anhang 1 enthaltenen Datenwörterbuch in einer Amtssprache des Mitgliedstaats zu erstellen, in das die Kulturgüter eingeführt werden.“ – Der geforderte Detailgrad ist extrem aufwändig, nicht verhältnismäßig und könnte den Leitprinzipien der Präsidentin der Europäischen Kommission widersprechen, insbesondere der Anweisung dass „unsere Strategien und Vorschläge den Menschen und Unternehmen das Leben erleichtern“.
  • Seite 8 (Artikel 5.2): „…Kulturgüter sind so zu beschreiben oder zu kennzeichnen, dass zum Zeitpunkt der vorübergehenden Verwendung kein Zweifel daran besteht, dass es sich bei dem eingeführten Gut um dasselbe handelt, das wieder ausgeführt wird…“ – Welche Vorkehrungen werden eingerichtet, um sicherzustellen, dass die Kennzeichnung die Güter nicht beschädigt, ihren Wert verändert etc.?
  • Seite 8 (Artikel 6.2): „Besteht eine Lieferung aus mehreren Kulturgütern, kann die zuständige Behörde festlegen, ob eine einzige Ausfuhrgenehmigung für ein oder mehrere Kulturgüter der Lieferung gilt.“ – Wann wird diese Entscheidung getroffen? Wie kann der Einführer vor der Einreichung erfahren, ob eine Genehmigung ausreicht oder mehrere Genehmigungen benötigt werden? Wie kann er dies ohne erhebliche Verzögerungen erfahren? Wie wird der elektronische Datensatz später die einzelnen von der Lizenz abgedeckten Kulturgüter eindeutig identifizieren, wenn dies für eine zukünftige Ein-/Ausfuhr nötig ist?
  • Seite 9 (Artikel 8.1.c): Beachten Sie die zusätzliche Verpflichtung, zahlreiche Fotos für jedes Objekt zu liefern. – Dies sollte überwacht und ggf. geändert werden, damit die Einhaltung der Vorschriften nicht zu aufwändig wird und keine unnötigen Verzögerungen entstehen.
  • Seite 10 (Artikel 8.3): „Die zuständige Behörde kann vom Antragsteller verlangen, Übersetzungen der in Absatz 1 Buchstabe (b) und (d) genannten Dokumente in einer Amtssprache des betreffenden Mitgliedstaates hochzuladen.“ – Dies könnte sich als sehr kostspielig und zeitaufwändig erweisen, und zu weiteren Verzögerungen führen. In der Summe könnte dies die Einfuhr unwirtschaftlich machen.
  • Seite 10 (Artikel 9.1): „Die zuständige Behörde kann mehrere Anfragen nach zusätzlichen Informationen stellen…“. – Hier muss irgendeine Form von Obergrenze definiert werden, um Manipulation und Missbrauch zu vermeiden.
  • Seite 10 (Artikel 9.2): „Hat die zuständige Behörde mehrere Auskunftsersuche gestellt, so beginnt die Frist von 90 Tagen mit der Vorlage des letzten Nachweises durch den Antragsteller.“ – Dies könnte zu Missbrauch führen. Inkompetente oder mit zu wenig Ressourcen ausgestattete Behörden könnten so auf Zeit spielen, indem sie willkürlich mehr Nachweise anfordern und so die Freigabe verzögern, bis sie über die Kapazität verfügen, das Verfahren abzuschließen. Es muss eine Obergrenze für die Anzahl der Anfragen festgelegt werden und eine Frist, innerhalb derer sie gestellt werden müssen.
  • Seite 10 (Artikel 9.4): „Ist die zuständige Behörde, die die Mitteilung erhält, im Besitz von Informationen, die sie für die Bearbeitung des Antrags für relevant hält, leitet sie diese Informationen über das ICG-System an die zuständige Behörde weiter, bei der der Antrag auf Einfuhrgenehmigung eingereicht wurde.“ – Hierfür muss es eine zeitliche Begrenzung geben, um systematischen Missbrauch zu vermeiden.
  • Anhang Seite 4 (I.15): „Zollwert: Geben Sie bei Einfuhrgenehmigungen und Erklärungen der Einführer den Wert des Kulturguts für Zollzwecke an.“ – Ist damit der Versicherungswert, der Verkaufswert oder ein anderer Wert gemeint?

 

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Hier lesen Sie unseren Bericht über den Entwurf für Regeln zur Einfuhr von Kulturgütern in die EU.