Wie Englands Gericht einen unehrlichen Sondengänger bestraft

Hoffen wir, dass der Herr am Strand weiß, wie er sich zu verhalten hat. Sonst könnte sein Metalldetektor bald selbst unter der Erde liegen bzw. auf dem Schrottplatz. Foto: Qube’s Pictures / Pixabay
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Ein Sondengänger in England muss richtig hart büßen, nachdem ihn das Gericht von Chelmsford im englischen Essex verschiedener Vergehen für schuldig befand. Denn auch wenn das Suchen mit Metalldetektoren im Vereinigten Königreich ein legales Hobby ist, gelten dafür strenge Auflagen und gesetzliche Vorschriften. Shane Wood hat gegen so ziemlich alles verstoßen, wogegen man nur verstoßen konnte.

Goldmünzen: Der Traum jedes Sondengängers

Angefangen hatte es mit dem Traum eines jeden Sondengängers, eine Szene, die an das Ende der beliebten britischen Serie „Detectorists“ erinnert: Der 62-jährige Shane Wood, angeblich ein leidenschaftlicher Vogelbeobachter, sah bei einem Herbstspaziergang im September 2020 eine Bussardfeder herabfallen. Daneben blinkte es golden: eine Goldmünze! Er eilte nach Hause, schnappte sich seinen Metalldetektor und wurde fündig: Shane stieß auf „einen der größten Funde seiner Art, vielleicht den größten je in England gemachten“, wie Staatsanwalt Ashley Petchey zitiert wird: 933 keltische Goldstatere.

Regel Nummer 1 beim Sondeln: Den Eigentümer fragen!

Doch jetzt beginnen die Probleme, denn es scheint, dass Shane, der das Sondeln nicht sehr ernsthaft neben anderen Freizeitbeschäftigungen betrieb, mit der Situation überfordert war. Er übergab den Schatz einem Mann, von dem er meinte, er sei der Eigentümer des Grundstücks. Tatsächlich nutzte dieser das Grundstück aber lediglich für seine Pferde. Fehler Nummer 1.

Genau genommen war das schon Fehler Nummer 2: Wie der Richter klarstellte, hatte Shane gar keine Erlaubnis, auf dem Land mit dem Metalldetektor zu suchen. Die muss man nämlich von dem Eigentümer einholen. Vorher!

Dieser Viertelstater wurde 2017 in Chelmsford gefunden und korrekt gemeldet. Er ist jetzt unter der ID LON-5283E3 in der Funddatenbank des Portable Antiquities Scheme zu finden. Foto: CC BY 2.0

Erinnerung oder Diebstahl?

Fehler Nummer 2 bzw. 3: Shane übergab nicht alles, sondern behielt 23 Münzen „als Erinnerung“. Laut Staatsanwalt soll sich der Wert dieser einbehaltenen 22 Statere und eines Viertelstaters zwischen £9.850 und £12.350 bewegen.

Das Gesetz schreibt vor, dass ein Schatzfund innerhalb von 14 Tagen dem Coroner gemeldet werden muss. Außerdem hätte Shane einen Find Liaison Officer hinzuziehen sollen, also einen fachkundigen Archäologen, der die Fundsituation in Augenschein genommen hätte. Der Mann, dem Shane die Münzen übergab, informierte den Eigentümer des Grundstücks, der wiederum den Coroner.

Dummheit schützt vor Strafe nicht

Und wie flog der Diebstahl auf? Shane fand die Münzen auf seinem Kühlschrank so dekorativ, dass er meinte, ein paar könne er wohl behalten. Natürlich klingelten nach dem gemeldeten Schatzfund die Medien bei Shane und bei einem Interviewfoto fiel eine Goldmünze in der Küche auf. Kurz darauf stand die Polizei vor der Tür und stellte die 23 Münzen sicher. Später sollte Shane einräumen, ihm sei schon klar gewesen, dass er die Goldmünzen nicht einfach habe behalten dürfen.

Sondeln ist eine ernste Tätigkeit

Im April 2021 endete die Geschichte mit einem geradezu brutalen Ende. Shane wurde nicht nur zu 18 Monaten gemeinnütziger Arbeit im Umfang von 200 Stunden verurteilt. Normalerweise stehen dem ehrlichen Finder eines Schatzes 50 Prozent des Verkaufswertes zu. Das wäre in diesem Fall wohl beachtlich gewesen, wenn man den Gesamtwert des Goldhortes im mittleren sechsstelligen Bereich veranschlagt. Davon war in den Medienberichten aber keine Rede mehr.

Vor allem verlangt der Richter: Shanes Metalldetektor soll zur Strafe zerstört werden! Wie das genau passiert, wurde nicht bekanntgegeben. Ob ein Bulldozer drüberfährt? Oder ob der Angeklagte persönlich mit einem Vorschlaghammer die Strafe zu vollziehen hat …? Diese archaisch anmutende Sentenz jedenfalls ließe einem wahren Sondengänger sicher viel mehr das Herz bluten als jede Geldstrafe, wenn wir an Andy und Lance aus „Detectorists“ denken. Dort fällt es den wahren Suchern schwer, ihren treuen Liebling mal fünf Minuten auszuleihen.

Doch andererseits, ein wahrer Sondengänger ist Shane kaum. Allerdings gestand der Richter diese mildernde Bewertung nur der Freundin zu. Für Shane fand er klare Wort: „Sondengänger haben ihre Tätigkeit auf die richtige Weise durchzuführen.“ Der Diebstahl von Funden schädige nicht nur „den Grundstückseigentümer und die Krone, sondern beraubt auch die Öffentlichkeit aufschlussreicher archäologischer Informationen. Es ist wichtig, dass Archäologen schnell hinzugezogen werden und den Fundort begutachten können, um einen möglichen Fundzusammenhang zu erkennen.“

Insofern hat der Richter ein Exempel statuiert. Das englische System des Portable Antiquities Scheme funktioniert nämlich nur, wenn die Sondengänger ihrem Hobby ernsthaft nachgehen. Wer nur mal nebenbei einen Freizeitspaß sucht, sollte sich nach etwas anderem umschauen. Vielleicht ist es ganz gut, dass Shanes Metalldetektor ihm nicht mehr in die Hände geraten kann. Wäre das Gerät nur bei einem Händler um die Ecke gelandet, hätte er es vielleicht aus emotionalen Gründen zurückgekauft – auch das kennt man ja von „Detectorists“ …

 

Verschiedene englische Medien berichteten über den Fall, so zum Beispiel die East Anglian Daily Times.

Es ist beeindruckend, was allein 2020 so in britischen Gärten an Schätzen auftauchte

2020 war ein Rekordjahr bei Schatzfunden.

Das British Museum hat vor kurzem seinen neuesten Bericht veröffentlicht über die jüngsten Schatzfunde.

Einen Überblick über die Rechtslage gibt Cultural Property News.

Hier lesen Sie mehr dazu, falls Sie „Detectorists“ tatsächlich verpasst haben.