Im letzten Monat ist es schließlich zu dem internationalen Ereignis gekommen, von dem viele geglaubt hatten, dass es vielleicht gar nicht mehr stattfinden würde. Das Vereinigte Königreich verließ die Europäische Union in aller Ruhe und ohne großes Tamtam am 31. Januar zwischen 23:59 und 24 Uhr Ortszeit in Brüssel nach mehr als 47 Jahren als Teil des riesigen Handelsblocks.
Das polarisierende Ereignis spaltete die Nation in „Leave-“ und „Remain-“Lager, beendete die politische Karriere von zwei Premierministern und manche behaupten, es habe der Karriere eines anderen zum Erfolg verholfen. Nach drei Unterhauswahlen seit 2015 wurde mit der Wahl im Dezember 2019 schließlich die finale Entscheidung getroffen. Alles deutete darauf hin, dass das Vereinigte Königreich planmäßig austreten würde, und als das Austrittsdatum näher rückte, wurde klar, dass – nach zwei vorherigen Aufschüben – aus den 28 Mitgliedstaaten nun tatsächlich 27 werden würden.
Brexit-Aufschub führt zum Aufschub der Brexit-Münzen
Ganz abgesehen von der Politik ergab sich aus den Debatten und Meinungsverschiedenheiten eine recht eigenartige Frage: Wird Großbritannien Gedenkmünzen auf dieses Ereignis ausgeben? Die Antwort aus dem Finanzministerium war ein eindeutiges Ja! Daraufhin stellte das Ministerium Pläne vor für die Prägung von 50-Pence-Münzen, die auf den Brexit Bezug nehmen sollten – allerdings nicht namentlich, vielmehr sollte auf den Münzen das tatsächliche Austrittsdatum des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union zu sehen sein. Die zwei Brexit-Verzögerungen führten allerdings auch zu zwei Verzögerungen bei der Herstellung und der Einführung dieser Sondermünzen in den Umlauf. Proben mit dem Datum „29 MARCH 2019“ wurden hergestellt – und ordnungsgemäß vernichtet, als sich abzeichnete, dass Großbritannien dieses Datum nicht einhalten würde. Dasselbe passierte bei Münzen mit dem Datum „31 OCTOBER 2019“, in diesem Fall mussten mehr als eine Million Stück eingeschmolzen werden, als sich herausstellte, dass eine zweite Verzögerung unvermeidbar sein würde.
Aller guten Dinge sind drei: Als die letzten Neuwahlen den endgültigen Austrittstermin am 31. Januar 2020 sicherstellten, machten sich Premierminister Boris Johnson und die Royal Mint an die Aufgabe, mehr als drei Millionen Münzen herzustellen, die zum Zeitpunkt des offiziellen Austritts des Vereinigten Königreichs ausgegeben werden sollten. Am darauffolgenden Tag gab es in den sozialen Medien einige Berichte über Sichtungen der neuen Brexit-Münzen – sowohl von Enthusiasten als auch von jenen, die sich über die gesamte Bewegung beklagten. Denn die meisten Briten waren mit den schwer fassbaren Gedenkmünzen noch gar nicht in Kontakt gekommen – obwohl viele von ihnen in großen Städten und Gemeinden leben, vielleicht haben einige sie auch aus verschiedenen Gründen gar nicht bemerkt.
Natürlich sind die Münzen – je nachdem, welche Ansichten der Brite vertritt, der ihnen begegnet – entweder ein willkommener Anblick oder etwas, das verspottet oder sogar verschandelt werden sollte. Einige Brexit-Gegner hatten gedroht, genau dies zu tun, oder sie aus dem Verkehr zu ziehen, indem sie sie unbrauchbar machen würden. Viele, die sich gegen den gesamten Prozess ausgesprochen hatten, sagten einfach, dass sie sich weigern würden, die Münzen als Wechselgeld zu akzeptieren. Jedenfalls wurden die Münzen in der Tat auf fast jeder Auktionswebsite vorgestellt. Dank moderner Kommunikation und Instant-Messaging werden die Brexit-Münzen überall dort, wo über ihre Verbreitung berichtet wird, von Sammlern und Unternehmern aufgegriffen und direkt aus dem Verkehr gezogen. Die Royal Mint beteiligt sich sogar gewissermaßen daran, indem sie speziell verpackte Brexit-Münzen einzeln oder zusammen mit der allerersten 50-Pence-Gedenkmünze anbietet, die 1973 auf den Beitritt des Vereinigten Königreichs zur EWG, dem Vorläufer der EU, geprägt wurde.
Verdopplung der sich im Umlauf befindlichen Brexit-Münzen
Ursprünglich waren drei Millionen Brexit-Münzen im Wert von 50 Pence für das Austrittsdatum am 31. Januar geprägt worden. Das Finanzministerium teilte inzwischen mit, dass seither weitere 1,5 Millionen Gedenkmünzen in Umlauf gebracht worden sind, womit sich die Gesamtzahl auf 4,5 Millionen erhöht. Das Finanzministerium hat jedoch bestätigt, dass es die Anzahl der sich im Umlauf befindlichen Brexit-Münzen bis Jahresende auf über 10 Millionen Stück verdoppeln will.
Wir leben in einer Zeit, in der ein großer Teil der industrialisierten Welt aufgrund der wachsenden Anzahl elektronischer Zahlungsmöglichkeiten einen deutlichen Rückgang des Gebrauchs von physischem Geld, also Münzen und Banknoten, erlebt. Es ist daher ermutigend zu sehen, dass es einen Ansturm auf diese Münzen gab – aus welchem Grund auch immer. Münzen haben im Laufe der drei Jahrtausende ihres Gebrauchs stets wichtige Botschaften an die breite Masse übermittelt – und der Brexit ist da keine Ausnahme.
Der Autor, Michael Alexander, ist Präsident des Banknote and Monetary Research Centre in London.
Hier haben wir über die Ausgabe der Brexit-Münzen (auf Englisch) berichtet.
Natürlich war dies auch ein beliebtes Thema für Sammlermünzen, zum Beispiel für die Cook Islands.
Auch unsere Zeichnerin Claire Franklin hat diesem Thema zwei Cartoons gewidmet: Am Hadrianswall und In Downing Street Nr. 10.