Zum 90. Geburtstag von Karla W. Schenk-Behrens

Karla W. Schenk-Behrens.
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Das Münzsammeln – wie die Numismatik überhaupt – kann nach wie vor als eine Domäne der Männer gelten. Umso bemerkenswerter ist die Rolle, die Frauen an der Spitze von Münzauktionshäusern in den ersten Jahrzehnten nach dem 2. Weltkrieg spielten. Wenige, manche auch heute noch klangvolle Namen, bestimmten den Markt in den Jahren des Wiederaufbaus, wie zum Beispiel das Bankhaus Bickelmann, die Frankfurter Münzhandlung oder die Firmen Hirsch, Kress, Peus und Wruck, alle unter männlicher Leitung. Doch neben ihnen etablierten sich auch einige Frauen: Helga Blaser-Frey mit Auktionen in Freiburg in den 70er Jahren, Gitta Kastner mit Auktionen in München in den frühen 80er Jahren und dann natürlich Karla W. Schenk-Behrens ab 1964 in Düsseldorf und später in Essen. Mehr als 25 Jahre versteigerte sie Münzen und Medaillen und war viele Jahre lang die einzige Auktionatorin im Deutschen Münzhandel.

Aufgewachsen als einzige Tochter des Handwerkermeisters Heinrich Behrens und seiner Frau Veronika in der Stadt Preetz in Schleswig-Holstein wurde sie schon früh von Ihrem Vater mit den Tugenden des ehrlichen Handwerkers und Geschäftsmanns bekannt gemacht, die ein Leben lang Grundlage ihrer Geschäftstätigkeit werden sollte.

Katalog der 20. Auktion (20. November 1969) in Düsseldorf.

Im Jahr 1959 zog Karla Schenk-Behrens nach Düsseldorf und gründete 1964 die Firma Düsseldorfer Münzauktionen. Der erste Name Düsseldorfer Münzhaus wurde ihr vom Ordnungsamt nicht genehmigt, da das Haus zum Handeln „fehlte“. Bis zum Jahr 1969 führte sie insgesamt 20 Auktionen durch. Der erste „Katalog“ – noch als sogenannte Treuhandversteigerung durchgeführt – war eine Xerokopie von wenigen Seiten. Handschriftlich bat sie damals die Empfänger, den Katalog an Sammlerkollegen weiter zu empfehlen und ihr doch die Adresse zukommen zu lassen, damit sie auch diesen Personen einen Katalog schicken könnte. Heute undenkbar, in damaliger Zeit ohne viele Werbungsmöglichkeiten, Newsletter, alter Adresskarteien und heutigem Datenschutzgesetz eine effektive Art der Kundenakquisition. Auf Wunsch eines lieben Freundes fanden einige Versteigerungen in dem bekannten Malkasten-Haus statt, so auch die Auktion 13 mit einer Sammlung Rheinland und Westfalen. Ein Mittagessen in dem berühmten Haus gehörte natürlich dazu.

Im Jahre 1970 verkaufte sie aus privaten Gründen die Düsseldorfer Firma an Heinrich Winter, der erst vor wenigen Jahren seine letzte Auktion durchführte. Heinrich Winter und sie blieben freundschaftlich verbunden und trotz räumlicher Nähe und Konkurrenz unterstütze man sich und jeder besuchte den anderen auf den Auktionen.

Katalog der 21. Auktion (3./4. Juni 1971) in Essen.

Nach einer kurzen Rückkehr in ihre Heimat kehrte Karla Schenk-Behrens ins Ruhrgebiet zurück und gründete 1971 in Essen die Firma „Münzen Auktion Essen“. Unter ihrer Leitung entstanden weitere 40 Auktionskataloge (bis zur Nummer 60) mit tausenden von Münzen. Die Auktionen enthielten nicht selten weniger als 5000 Nummern, dabei auch viele Kleinmünzen, die zu Beträgen unter 100 DM ausgerufen wurden. Diese Kleinmünzen – heute fast ausschließlich in Onlineauktionen anzutreffen – waren ihr wichtig, gehören doch auch diese Stücke in eine Sammlung und sollten dementsprechend Beachtung finden.

Durch eine freundschaftliche und vertrauensvolle Bindung zu den Nachkommen eines ehemaligen Münchner Auktionshauses der 60er Jahre gab es zu jeder Auktion immer wieder mal eine größere Einlieferung. Gerne denkt sie an die bedeutenden Versteigerungen 41 (1981) und 51 (1986) zurück. Bei der 41. Münzauktion legte sie den Hammer erst weit nach Mitternacht, um viertel vor eins, zur Seite.

Katalog 1. Essener Waagen-Auktion (6. Mai 1981).

Weltweit bekannt wurde sie mit ihren Versteigerungen zu Münzwaagen und Gewichten. Die sechs Spezialkataloge der „Waagen Auktion Essen“ sind heute Standardliteratur für dieses Sammelgebiet.

Beschrieben wurden die Münzen und Medaillen noch auf Karteikarten, die dann auf DIN A5 Papier abgetippt wurden, und so war die Vorlage für die Druckerei entstanden. Die Fotos machte Karla Schenk-Behrens selber, oft auf der Terrasse. Draußen war das Licht einfach am besten, und so traf man sie auch immer wieder draußen im Wintermantel beim Fotografieren an.

Viele ihrer damaligen, jungen Kunden führen heute erfolgreiche Münzunternehmen. Zur damaligen Zeit kamen sie aber noch mit der Bahn nach Düsseldorf oder später nach Essen, da sie nicht im Besitz eines Führerscheins waren. Ein inzwischen verstorbener Kollege ließ sich von einem Erwachsenen begleiten, der die Bieterkarte hochhalten musste, da er noch gar nicht geschäftsfähig war. Andere baten um Zahlungsziele oder verzichteten lieber – so erzählt Karla Schenk-Behrens immer gerne – auf den Kauf einer neuen Jeans, da die Münze doch wichtiger war. Numismatikstudenten aus Münster oder Wien arbeiteten für sie, um etwas dazu zu verdienen, lieferten bei ihr ein oder kauften auf den Auktionen. Fragt man die Herren heute nach Karla Schenk-Behrens, so sind sich alle einig, dass ihre Ehrlichkeit und Freundlichkeit unvergleichbar war und ist.

Besichtigt wurden die Münzen in ihrer Wohnung in Essen am Moltkeplatz. Eine Tasse Kaffee gab es immer, ebenso ein Stück Kuchen.

Die Auktionen fanden im Saalbau und im Hotel Essener Hof, vormals Vereinshaus, statt, wo sich Sammler besonders aus dem Ruhrgebiet und Händler im Saal an einem U-förmigen Tischaufbau versammelten. Nach erfolgtem Zuschlag bedankte sie sich selbstverständlich bei dem Käufer persönlich im Saal.

Die freundschaftliche, ja manchmal familiäre Atmosphäre und die Tugenden der ehrlichen Kauffrau von Karla Schenk-Behrens, die sie aus dem Elternhaus kannte, machten sie zu einer Institution im Münzhandel der 70er und 80er Jahren.

Karla Schenk-Behrens war über Jahrzehnte Mitglied im Verband der Deutschen Münzenhändler. Auch hier weiß sie Geschichten über die jährlichen Vereinstreffen zu erzählen, die so viele inzwischen verstorbenen Händlerkollegen wieder lebendig werden lassen. Sie war Mitglied im Verein der Rheinischen Münzfreunde und Gründungsmitglied des Vereins „Maß und Gewicht“. Im Jahre 1990 verkaufte sie ihre Firma und zog nun endgültig wieder zurück in ihre Heimat in Schleswig-Holstein. Ganz aus der Numismatik hat sie sich dennoch nicht zurückgezogen. Mit großem Interesse hört sie sich gerne die Geschichten, Neuigkeiten und Gerüchte aus der Welt der Numismatik an.

Anfang November feierte sie ihren 90. Geburtstag und freut sich auf viele weitere Erzählungen.

 

Hier kommen Sie zu dem Who’s-who-Eintrag von Karla Schenk-Behrens.