12-12-2017 – 01-01-1970
Auktion 252: Kunst der Antike
Hoch bedeutende Sammlung griechischer Vasen bei Gorny & Mosch
Am 13. Dezember 2017 veranstaltet Gorny & Mosch seine Auktion 252 mit Kunst der Antike in den eigenen Geschäftsräumen. Es handelt sich um knapp 1.000 Lose mit antiken Objekten, die von zwei Sammlungen beherrscht werden. Die Auktion startet mit der wohl bedeutendsten Vasensammlung, die jemals in Deutschland angeboten wurde. Ferner wird ein weiterer Teil der Sammlung des israelischen Juweliers Shlomo Moussaieff (1925-2015) versteigert. Darunter sind vor allem Bronzestatuetten und Lampen. Alle Objekte aus der Sammlung Shlomo Moussaieff haben eine Exportlizenz der israelischen Antikenbehörde.
Nr. 44: Attische Lekythos des Oreithyia-Malers. 470-460 v. Chr. H 43,3 cm. Dm 14,6 cm. Rotfigurig. Auf dem Corpus steht Demeter mit Diadem vor einem Altar, auf den sie aus einer Oinochoe ein Opfer spendet, in ihrer linken hält sie zudem eine Fackel.
Im oberen Viertel aus Fragmenten zusammengesetzt, Fuß ebenfalls gebrochen und wieder angesetzt, an den Bruchkanten wenige kleine Retuschen. Ex Sammlung P. C., Süddeutschland, ex Holger Termer – Kunst der Antike, Hamburg, Katalog 1 (1969), S. 40, Nr. 99. Schätzung: 55.000,- Euro.))
Beginnen wir mit der Sammlung griechischer Vasen. Sie umfasst mehr als 230 Lose und enthält eine Reihe von kunsthistorisch bedeutsamen Stücken aus der Hand von Vasenmalern, die der Wissenschaft gut bekannt sind. So stammt das mit 55.000 Euro am höchsten geschätzte Stück der ganzen Partie vom Oreithyia-Maler, der in der Phase des Übergangs von der schwarz- zur rotfigurigen Malerei arbeitete. Es handelt sich um eine attische Lekythos, entstanden in den Jahren zwischen 470 und 460 v. Chr. Das zentrale Motiv zeigt Demeter, die aus einer Oinochoe vor einem Altar ein Opfer spendet.
Nr. 11: Attische Halsamphora des Hermonax. 460-450 v. Chr. H 51,4 cm. Dm 22,2 cm. Rotfigurig. Auf beiden Seiten ist zusammen der Abschied eines Kriegers dargestellt. Der gerüstete Krieger steht mit Lanze und Schild (Schildzeichen: Delphin) auf der einen Seite, sein Vater in Himation mit Gehstock auf der anderen. Zusammengesetzt aus Fragmenten, wenige kleine retuschierte Fehlstellen außerhalb der Figuren. Ex Sammlung P. C., Süddeutschland, erworben 1988 bei der Galleria Serodine, Ascona; Publiziert: G. Güntner (Hrsg.), Mythen und Menschen. Ausstellung Würzburg (1997), S. 112ff., Nr. 31. BAPD 19737. Schätzung: 50.000,- Euro.
Den Abschied eines Kriegers zeigt eine attische Halsamphore des Hermonax. Dieser Künstler, der uns unter anderem zehn mit seinem Namen signierte Werke hinterlassen hat, wurde von Beazley als „remarkable artist“ bewertet. Von ihm bemalte Vasen sind in einigen der bedeutendsten Museen der Welt ausgestellt. Das bei Gorny & Mosch angebotene Beispiel, das mit 50.000 Euro geschätzt ist, entstand zwischen 460 und 450 v. Chr.
Nr. 62: Attische Schale des Hegesiboulos-Malers. Um 500 v. Chr. H 8,8 cm, B mit Henkeln 30,9 cm, Dm 23,8 cm. Rotfigurig. Im Inneren ein großer Tondo mit zwei Komasten, der ältere Erastes ist am Tanzen, während der jüngere Eromenos aus einer Schale trinkt. Auf der einen Seite tanzende Hetäre mit Krotalen, von einem jugendlichen Symposiasten auf dem Barbiton begleitet, rechts davon Jüngling mit Gehstock, Korb und Schale. Auf der anderen Seite tänzelnder, ithyphallischer Satyr, eine Amphora geschultert, links von ihm Mänade mit Krotalen, rechts Mänade mit Thyrsos. Griechische Aufschrift: Kalos Aigilos. Aus Fragmenten zusammengesetzt, nur kleine Retuschen an den Bruchkanten. Ex Sammlung P. C., Süddeutschland, ex Sotheby’s London 13.-14. Dezember 1982, Los 248. Schätzung: 40.000,- Euro.
Mitten hinein in das ausgelassene Nachleben der Athener führt uns eine attische Schale des Hegesiboulos-Malers, die um 500 v. Chr. angefertigt wurde. Eigentlich ist Hegesiboulos der Name eines Töpfers, nach dem dieser Maler behelfsmäßig benannt wurde. Die von ihm bemalte Schale zeigt im Inneren zwei Liebhaber, den älteren Erastes beim Tanz, während der jüngere Eromenos Wein trinkt. Außen ist die Hetäre Meles mit einem Jüngling namens Limes dargestellt. Ein tanzender, ithyphallischer Satyr mit geschulterter Amphora zwischen zwei Mänaden ergänzt die Darstellung, die dem schönen Aigilos von seinem Verehrer mit einer Inschrift zugeignet ist (Taxe: 40.000 Euro).
Nr. 63: Attische Schale des Erzgießerei-Malers. 490-480 v. Chr. H 11,9, B mit Henkeln 37,3 cm, Dm 28,7 cm. Rotfigurig. Im Tondo Jüngling mit Schild, links an der Wand ein Parazonium, rechts auf dem Podest ein Helm. Auf der einen Seite vier Speerwerfer in verschiedenen Posen, dazwischen links ein Trainer oder Schiedsrichter mit Rute. Auf der anderen Seite vier Athleten bei der Reinigung. Aus Fragmenten zusammengesetzt, eine größere Fehlstelle am Rand, sonst nur kleine Retuschen an den Bruchkanten. Es Sammlung P. C., Süddeutschland, erworben 1988 aus der Sammlung Mannini, Wolfsburg. Ex Münzen und Medaillen, Basel, Liste zur Schweizerischen Kunst- und Antiquitätenmesse in Basel 9.-19.3.1972, Nr. 106. Schätzung: 40.000,- Euro.
Für jeden Kenner der antiken Vasenmalerei ist das nächste Los von höchstem Interesse: Der berühmte Erzgießerei-Maler, der uns bis ins Detail überliefert hat, wie in der Antike die Bronzegießer-Werkstätten arbeiteten, hat diese Schale verziert. Sie entstand zwischen 490 und 480 und zeigt einen Jüngling, der sich für den Waffenlauf bereit macht. Ferner vier Speerwerfer mit ihrem Trainer sowie vier Athleten, die sich nach dem Kampf reinigen (Taxe: 40.000 Euro).
Nr. 125: Korinthische Oinochoe des Sphinx-Malers. Übergangsstil, 630-610 v. Chr. H mit Henkel 31 cm, Dm 18,7 cm. Kanne mit konischem Corpus und Kleeblattmündung sowie Rotellen am Henkelansatz. Schwarzfigurig, Details in Rot und Weiß. Auf der Außenseite unten ein Strahlenkranz und darüber drei Tierfriese, die durch breite schwarze Bänder mit roten und weißen Linien getrennt sind. Die Friese zeigen Löwen, Steinböcke, Vögel sowie einen Panther, Eber und Greifen. Ein großes Fragment des Corpus wieder angesetzt, Bemalung an einigen Stellen etwas verrieben. Ex Sammlung P. C., Süddeutschland, erworben 1984 bei Herbert A. Cahn, Basel. Schätzung: 12.000,- Euro.
Aus Korinth kommt eine Oinochoe des Sphinx-Malers, die zwischen 630 und 610 entstand. Die Kanne mit ihrer Kleeblattmündung ist verziert mit drei Tierfriesen, die durch breite Bänder getrennt sind. Die Friese zeigen Löwen, Steinböcke, Vögel, einen Panther, Eber und Greifen (Taxe: 12.000 Euro).
Neben prachtvollen Beispielen der attischen und korinthischen Malerei entdeckt der Kenner auch Vasen aus Ateliers der Magna Graecia. Eines der bedeutendsten Stücke dürfte der frühlukanische Glockenkrater des Pisticci-Malers sein, entstanden um 430 v. Chr. (Taxe: 10.000 Euro). Dieser wohl aus Athen ausgewanderte Handwerker war einer der ersten griechischen Vasenmaler in Unteritalien. Er arbeitete mit dem Zyklopen- und dem Amykos-Maler zusammen in einer Werkstatt, die in Pisticci lag, einer Kleinstadt westlich von Metapont. Dort wurden nicht nur mehrere der von ihm bemalten Gefäße bzw. Fragmente gefunden, sondern auch der Brennofen, in dem diese für den Verkauf gehärtet wurden.
Wer nun denkt, dass bei solchen Schätzungen nur einige wenige Sammler mitbieten können, der hat sich den Katalog noch nicht angesehen. Die Taxen beginnen bei 300 Euro. Und um zu zeigen, wie interessant solche Objekte sein können, nennen wir auch ein Beispiel aus diesem unteren Preisbereich: Jeder Münzsammler würde wohl gerne den apulischen Guttus sein eigen nennen, der im plastischen Dekor einen Kopf der Nymphe Arethusa in Dreiviertelansicht zeigt, wobei das Vorbild für diese Darstellung augenscheinlich von einer syrakusanischen Tetradrachme stammt.
Werfen wir noch einen Blick auf einige spezielle Objekte der Sammlung Shlomo Moussaieff. Jedes einzelne der aus dieser Sammlung angebotenen Lose kommt mit einer Ausfuhrgenehmigung der Israelischen Antikenbehörde. So zum Beispiel eine prachtvolle Bronzestatuette eines jugendlichen Heros, bei dem es sich durchaus um Alexander den Großen handeln könnte. Die 16 cm hohe Figur mit schöner dunkelgrüner Patina wurde im kraftvollen späthellenistischen Stil gearbeitet (Taxe: 25.000 Euro).
Nr. 271: Pferdeköpfiger Dämon. Ca. 3. Jh. n. Chr. H 14 cm. Bronzevollguss. Menschliche Gestalt mit leicht zur Seite geneigtem Pferdekopf. Sie ist mit einem kurzen Schurz bekleidet. Die rechte Hand liegt frei vor dem Bauch. Die linke Hand hielt den Rest eines Zaumzeuges. Grüne Patina. Schweif und Attribute fehlen. Ex Shlomo Moussaieff Collection, 1948-2000. Exportiert aus Israel mit Ausfuhrgenehmigung der israelischen Antikenbehörde. Schätzung: 20.000,- Euro.
Aus dem 3. Jh. n. Chr. stammt ein ca. 14 cm hoher Pferdeköpfiger Dämon (Taxe: 20.000 Euro). Die menschliche Gestalt trägt einen leicht zur Seite geneigten Pferdekopf auf ihren Schultern. Die linke Hand hält die Reste eines Zaumzeugs. Der Schwanz, der ursprünglich über dem Gesäß herabhing, ist nicht mehr zu sehen: Die Ansatzstelle wurde retuschiert. Wir kennen solche pferdeköpfigen Dämonen aus Texten, die uns auf den sogenannten „Fluchtafeln“ überliefert sind. Mit ihnen hofften die Anhänger eines der vier verschiedenen Rennställe, die feindlichen Gespanne aufzuhalten. Schließlich ging es nicht nur um den Sieg, sondern auch um hohe Wetten, bei denen viel Geld zu gewinnen oder zu verlieren war. In diesen Fluchformeln wird der pferdeköpfige Dämon immer wieder erwähnt. Wahrscheinlich stand diese Statuette auf einer mit einer Fluchformel beschriebenen Basis, die in der Erde vergraben wurde, um möglichst viel Wirkung zu erzielen.
Etwa 10 cm hoch ist der prachtvolle späthellenistische Kopf von Artemis Selene mit seiner herrlichen brauen Patina, der zwischen dem 1. Jh. v. und dem 1. Jh. n. Chr. entstand (Taxe: 30.000 Euro). Die üppigen Locken sind zu einem kurzen Pferdschwanz zusammengenommen. Die Mondsichel ist nicht erhalten, aber das Loch, in das sie einst eingelassen war, ist noch zu sehen.
Auch eine frühbyzantinische Bronzelampe mit Lampenständer stammt aus der Sammlung Moussaieff. Das intakte Prachtexemplar besteht aus zwei ursprünglich nicht zusammengehörigen Stücken, die beide im 5. oder 6. Jh. n. Chr. angefertigt wurden (Taxe: 45.000 Euro).
Natürlich sind auch alle anderen Kategorien von antiker Kunst vertreten. So stammt aus der Sammlung Immanuel Birnbaum, seinerzeit stellvertretender Chefredakteur der Süddeutschen Zeitung, der Marmor-Kopf eines bärtigen Gottes, entstanden Ende des 2. Jhs. / Anfang des 3. Jhs. n. Chr. (Taxe: 32.000 Euro). Die Benennung dieses Gottes wurde heftig diskutiert. In Frage kommen Hades, Zeus, Poseidon, ein Flussgott oder Asklepios. Die beiliegende Korrespondenz zeigt, wie schwer diese Frage zu entscheiden ist, wenn jegliches Attribut fehlt.
Eine reizvolle badende Aphrodite, entstanden im 1. Jh. v. oder n. Chr., wurde ebenfalls aus weißem Marmor angefertigt (Taxe: 20.000 Euro).
Neben der griechisch-römischen Welt sind auch die Kulturen des östlichen Mittelmeerraumes vertreten. Wir nennen an dieser Stelle nur zwei Beispiele, beide aus der Sammlung Shlomo Moussaieff: Einen westasiatischen Bronzestier aus dem 2. Jt. v. Chr. (Taxe: 18.000 Euro) und eine phönizische Bronzestatuette eines Kriegers mit ägyptisierendem Helm (Taxe: 15.000 Euro).
Schließen wir mit einem unauffälligen Stück aus der Sammlung Shlomo Moussaieff, das mit nur 600 Euro geschätzt ist. Eine spätantike Tonlampe aus Nordafrika, die irgendwann zwischen dem Ende des 4. und der Mitte des 5. Jhs. entstand, zeigt auf ihrem Spiegel eine Szene aus dem alten Testament. Links thront Nebukadnezar, von rechts nähern sich drei Männer einer Säule, auf der die vergoldete Büste des Nebukadnezar steht, die sie anbeten sollen. Es ist dies eine Darstellung der biblischen Erzählung von den drei Jünglingen im Feuerofen (Dan. 3,1-30). Diese Lampe ist ein wunderbares Beispiel dafür, dass interessante Objekte aus der Antike nicht teuer sein müssen. Solche und ähnliche Objekte gibt es viele in dem kommenden Katalog von Gorny & Mosch. Und vor allem die sinnvoll zusammengestellten Lots am Ende des Katalogs bieten zahlreiche Möglichkeiten, auch mit begrenzten Mitteln antike Kunst zu sammeln.
Der Katalog kann im Internet eingesehen werden.
Gerne schickt Gorny & Mosch auch einen Katalog zu. Bestellungen unter Gorny & Mosch, Giessener Münzhandlung, Maximiliansplatz 20, D-80333 München, Tel. +49 / (0)89 / 24 22 643-0, Fax +49 / (0)89 / 22 85 513. Die nächste Auktion „Kunst der Antike“ ist für den Juni 2018 geplant. Einlieferungen werden bis März 2018 entgegengenommen.