150 Jahre Österreichische Numismatische Gesellschaft (1870-2020)

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Im grünen Saal der Akademie der Wissenschaften in Wien, wurde am 19. März 1870 (dem Namenstag Joseph Hilarius Eckhels) die „Numismatische Gesellschaft in Wien“ gegründet; eine Vereinigung von 34 Wissenschaftern, Sammlern und Händlern. Die Liste der Stifter, also der ersten Finanziers der jungen Gesellschaft ist imposant: an erster Stelle der österreichische Kaiser Franz Josef und dann der damals erst 11-jährige Kronprinz Rudolf, diesen folgen: Philipp, Prinz von Coburg-Gotha, Herzog zu Sachsen (der spätere Schwager und enge Freund des Kronprinzen), die Fürsten Windischgrätz und Montenuovo, Freiherr Anselm von Rothschild, die Brüder Heinrich und Jacob Egger, und eine weitere Liste illustrer Namen in- und ausländischer, professioneller und freizeitmäßiger Numismatiker.

Im Namen der Gesellschaft hatte man bewusst auf die Nennung einer Nation – wie „deutsch“ – verzichtet, um Numismatiker anderer Nationen – alleine im Kaiserreich Österreich waren mehr als ein Dutzend „Nationen“ vereint – nicht auszuschließen. Dies wurde bis 1946/1947 beibehalten.

Die Gesellschaft vom Kaiserreich in die Nachkriegszeit

Um 1890 spaltete sich eine mehr am Sammeln und Gesellschaftsleben orientierte „Österreichische Gesellschaft für Münz- und Medaillenkunde“ ab. Viele Numismatiker (über 20%) waren Mitglied in beiden Gesellschaften. Gemeinsam brachten die beiden befreundeten Vereine zu verschiedenen Anlässen ca. 100 Medaillen, Plaketten und Jetons heraus.

Die Numismatischen Zeitschrift („NZ“), die bereits ab 1869 existierte, also vor Gründung der Gesellschaft, wurde das wichtigste Publikationsorgan, mit einer ähnlichen Bedeutung und Qualität wie die vergleichbaren Zeitschriften in Großbritannien (NC), Frankreich (RN), Italien (RIN) und anderen Ländern. Weite Beachtung fanden auch das „Monatsblatt“ der Numismatischen Gesellschaft und die periodisch erscheinenden „Mitteilungen“ der befreundeten Österreichischen Vereinigung.

1919 fusionierten beide Vereine wieder zur „Numismatischen Gesellschaft in Wien“, das monatlich erscheinende Periodikum hieß: „Mitteilungen der Numismatischen Gesellschaft in Wien“. Die zwanziger und dreißiger Jahre waren für die Gesellschaft schwierig: finanzielle Probleme, sinkende Mitgliederzahlen, Verlust der Gesellschaftsräume. Andererseits wurden bedeutende numismatische Publikationen in der NZ veröffentlicht – hier seien stellvertretend nur die Autoren Arnold Luschin von Ebengreuth und Karl Pink genannt.

Die härteste Zäsur war aber mit dem „Anschluss“ an das Deutsche Nazireich das Jahr 1938. Einige Vereinsmitglieder waren vor 1938 in der NSDAP gewesen, die in Österreich verboten war, und übernahmen die Gesellschaft zwischen 1938 und 1945. Rund 70 Mitglieder mussten die Numismatische Gesellschaft, meist aus rassischen Gründen, verlassen, unter ihnen die Professoren DDr. Karl Pink S.J. und DDr. August Ritter von Loehr, die sich allerhöchste Verdienste um die Gesellschaft und die Numismatik erworben hatten. Die Mitgliederzahl brach auf 175 ein – in der Blütezeit waren es 395. Die NZ wurde eingestellt, die Mitteilungen durften noch bis 1943 eingeschränkt erscheinen.

Die Mitteilungen – von Print zu Digital

Nach dem 2. Weltkrieg waren es u.a. die vorher verfemten Herren Pink und Loehr, die am Wiederaufbau der Gesellschaft lebhaften Anteil nahmen. Die erste NZ konnte bereits 1946 erscheinen. Durch das Entgegenkommen des Hauptmünzamtes in Wien (jetzt Münze Österreich AG) fand sich eine dauerhafte Lokalität für die Österreichische Numismatische Gesellschaft („ÖNG“), wie die Vereinigung seit 1947 heißt – bis heute (Stand 2020). Regelmäßig konnten auch die „Mitteilungen der Österreichischen Numismatischen Gesellschaft“, kurz MÖNG und ein Numismatisches Nachrichtenblatt erscheinen. Beide Publikationen dienten auch der kurzfristigen Information und den internen Gesellschaftsnachrichten. Da die heutigen Kommunikationswege andere geworden sind und auch der Druck und Versand dieser Publikationen zu einem erheblichen Kostenfaktor bei gleichbleibenden oder gar sinkenden Mitgliederzahlen wurden, entschied sich die Gesellschaft 2019, die beiden „kleineren“ Zeitungen zu fusionieren und als elektronische MÖNG weiter zu entwickeln.

Wien: Schmelztiegel der Numismatik

Das Besondere an dieser ÖNG und der speziellen österreichischen Situation waren – und sind noch immer – die Konzentration und Art der Institutionen an einem Ort: eine der weltgrößten Münz- und Medaillensammlungen im Kunsthistorischen Museum, ein universitäres Lehrangebot für Numismatik, Forschungseinrichtungen an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und aktive Sammler und Händler. Diese Ballung ist zumindest im deutschsprachigen Raum einmalig.

Ein Beispiel für die befruchtenden Möglichkeiten, die dieses Phänomen schaffen kann: In den Anfangszeiten der Numismatischen Gesellschaft, hatte sich ein Kreis von Sammlern mit speziellen Sammelgebieten gebildet, der sogenannte „Missong“-Kreis. Die Sammler sammelten und erforschten eingegrenzte Gebiete der römischen Kaiserzeit und versuchten die Prägestrukturen dieser Zeitabschnitte zu rekonstruieren.

Alexander Missong erforschte Probus, J. v. Kolb Tacitus und Florianus, A. Markl. Claudius II. Gothicus und Quintillus, Th. Rhode Aurelianus und F. Trau Carus, schließlich wurde noch Gallienus und seine Familie von O. Voetter gesammelt, beforscht und publiziert. Die Ergebnisse des 19. und frühen 20. Jh. können sich heute noch sehen lassen. Wesentlich waren aber die Impulse, die davon ausgingen. Karl Pink entwickelte ab den zwanziger Jahren die Rekonstruktionsmethode im „Aufbau der römischen Münzprägung“ weiter, die von Robert Göbl 1952 aufgegriffen wurde und in den Projekten „Moneta Imperii Romani“ und „Moneta Imperii Byzantini“ (Wolfgang Hahn) zur vollen Reife gelangte. Doch nicht nur für antike Gebiete war diese Methode, nämlich die Rekonstruktion und nicht nur die einfach chronologische oder gar alphabetische Anordnung, bedeutend, sondern auch für die Neuzeit. So publizierten drei Mitglieder der Numismatischen Gesellschaft – der Sammler Viktor Miller zu Aichholz und in der Weiterbearbeitung die hohen Beamten der „Bundessammlung von Medaillen, Münzen und Geldzeichen“ A. Loehr und E. Holzmair – das Werk „Österreichische Münzprägungen 1519-1938, das nicht weniger ist als eine Rekonstruktion von über 400 Jahren Habsburgischer Münzprägungen in allen Münzstätten. Als neueres Werk wäre von Bernhard Prokisch, Hubert Emmerig u.a. „Repertorium zur Neuzeitlichen Münzprägung Europas. (Zuletzt Band XVIII, Südosteuropa) Wien 1999“ zu nennen. Für die internationale Wissenschaft gaben diese Forschungen bedeutende Impulse, die zum Teil erst viele Jahre später zum Standard moderner Forschung wurden.

Dieser Exkurs verdeutlicht, was die hier und da belächelten Vereine zu leisten im Stande sind, wenn ihre Mitglieder über die Barrieren von eingefahrenen Kategorien hinaus zusammenarbeiten. Heute hat man manchmal das Gefühl, dass die besonders spezialisierten Forscher, Sammler oder Publizisten Scheuklappen tragen und in der ängstlichen Abgrenzung ihr Heil suchen.

Die ÖNG heute

Die Aktivitäten der ÖNG sind und waren neben den bereits erwähnten:

  • jeden Mittwoch Gesellschaftstreffen
  • Ausbau und Betreuung einer Fachbibliothek (ca. 3.500 Bände)
  • regelmäßige Vorträge in der „Münze“ und am Kunsthistorischen Museum
  • Sammlungsausstellungen von Mitgliedern im Vereinslokal
  • gemeinsame Besuche von Ausstellungen
  • Ausflüge (In- und Ausland)
  • Errichtung und Betreuung einer Homepage
  • Betreuung der eigenen Münzen- und Medaillensammlung

Die Zukunft unseres Vereines hängt wohl davon ab, wie weit wir uns der Jetztzeit sinnvoll öffnen können.

Die 150-Jahr-Feier der ÖNG

ACHTUNG: Aufgrund der Corona-Epidemie wurden alle Veranstaltungen abgesagt. Nach Veranstalteraussage könnten Sie auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden.

Im März feiert die Österreichische Numismatische Gesellschaft ihr 150-jähriges Bestehen. Der Auftakt findet im Anschluss an den 9. Österreichischen Numismatikertag statt, welcher vom Mittwoch, 18. März 2020 bis zum Freitag, 20. März 2020 im Vortragssaal der Österreichischen Nationalbank (OENB) Otto-Wagner Platz 3 1090 Wien abgehalten wird.

Am Freitag, 20. März 2020 um 14 Uhr werden ebenfalls in der OeNB, nach der Begrüßung durch Michael Beckers, den Präsidenten der ÖNG, zwei Festvorträge dargeboten:

  • Univ.-H.Prof.Doz.DDr. Helmut Rizzolli: „ Von der Imitation zur Innovation – Die überregionale Bedeutung der Mittelalterprägungen aus dem tirolischen Passland“
  • Dr. Frank Berger: „Vom Luftbild zum ,immensum bellum‘ (4/5 n. Chr.) – Die Münzdatierung des Marschlagers Wilkenburg“

Um 18 Uhr, im Anschluss an die beiden Festvorträge, ist ein gemeinsames Abendessen in der “Stieglambulanz” auf dem Gelände des Alten Allgemeinen Krankenhauses (Alser Straße 4 (Hof 1), 1090 Wien) vorgesehen.

Am Samstag, 21.März 2020 ist ein Autobusausflug zur Burg Forchtenstein und in das burgenländische Landesmuseum in Eisenstadt geplant. Den Ausklang des Tagesausfluges bildet ein gemütlicher Heurigenbesuch in der Region mit anschließender Busfahrt retour nach Wien.

Zum Vormerken: Die Festhauptversammlung

Zu guter Letzt wird am Mittwoch, 20. Mai 2020 die Festhauptversammlung in den Räumen der Münze Österreich stattfinden.

Eingeleitet von einem Festvortrag um 16 Uhr, wird die Jahreshauptversammlung der ÖNG ab ca. 17:15 abgehalten, in deren Rahmen die Eckhel- und Schreinermedaillen verliehen sowie die Treuenadeln für 25-jährige Mitgliedschaften übergeben werden. Anschließend lädt die Direktion der Münze Österreich zu einem festlichen Abendessen im Stempelsaal der Münze Österreich ein.

 

Da die Teilnehmerzahlen bei den jeweiligen Veranstaltungen begrenzt sind, benötigen die Veranstalter Ihre verbindlichen Zusagen per E-Mail bis spätestens 5. März 2020.

Für weitere Informationen besuchen Sie die Website der Österreichischen Numismatischen Gesellschaft.