Stack’s Bowers Galleries: Ein Besuch im numismatischen Clubhouse

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Es gibt Adressen, die haben für Numismatiker einen ganz besonderen Klang. New York, 123 West, 57th Street war eine davon. Fast 70 Jahre lang lag hier das, was Eingeweihte als ihr numismatisches Clubhaus bezeichneten. Hier hatte seit 1953 die Münzhandlung Stack’s ihren Sitz. Eine ganze Dynastie von Münzhändlern empfing in den heiligen Hallen des amerikanischen Münzhandels berühmte Sammler und Wissenschaftler aus aller Welt.

Seit 90 Jahren in New York: Stack’s

1933 eröffneten Joseph und Morton Stack ihr New Yorker Büro in der Nähe des Flat Iron Buildings. Sie folgten damit einer familiären Tradition: Ihre Vorfahren hatten bereits 1858 eine erste Münzhandlung gegründet.

In den 1930er Jahren nach New York umzuziehen war gleichzeitig ein Risiko und eine Chance. Seit dem Oktober 1929 dominierte die Great Depression die Weltwirtschaft. Jeder vierte Amerikaner war damals arbeitslos. Doch am 4. März 1933 kam Franklin D. Roosevelt an die Macht und noch im gleichen Jahr verbot er mit seiner Executive Order 6102 allen US-Bürgern, Gold zu besitzen. Ausgenommen davon waren lediglich Schmuck und seltene Sammlermünzen. Kein Wunder, dass Roosevelt die Münzsammler im Auge hatte! Schließlich gehörte er selbst zu ihnen und galt bei Stack’s als guter Kunde, genauso übrigens wie sein Amtsnachfolger Harry S. Truman oder der Schauspieler Gary Cooper, um nur einige zu nennen. Wer also sein Vermögen in Gold anlegen wollte, dem blieb seit 1933 nichts anderes übrig, als Sammlermünzen zu kaufen. Übrigens, der Gold Reserve Act von 1934, mit dem die Executive Order 6102 legalisiert wurde, wurde erst 1975 wieder aufgehoben!

Es waren also gute Jahre für amerikanische Münzhändler. Und die Familie Stack setzte sich mit profundem Wissen und ökonomischem Geschick an die Spitze der Entwicklung. Bald war Stack’s die führende Münzhandlung der Vereinigten Staaten. 1935 fand die erste Auktion statt; 1936 wurde die Münzhandlung zur offiziellen Verkaufsstelle der US-amerikanischen Gedenkmünzen ernannt; seit 1939 hielt Stack’s anlässlich der Sommerveranstaltung der American Numismatic Association seine Auktionen ab.

Mit anderen Worten: Der Kundenverkehr nahm zu, und man konnte sich immer mehr leisten. 1939 zog Stack’s ins vornehme Upper Manhattan, und 1953 eröffneten Joseph und Morton Stack ihr berühmtes „Clubhaus“ 123 West, 57th Street. Dort empfingen sie und ihre Söhne knapp 70 Jahre lang Münzsammler aus der ganzen Welt. Das traurige Ende einer langen Tradition kam, als das Gebäude für den Abbruch freigegeben wurde. Deshalb zog Stack’s im Jahr 2020 um. Man fand eine zentrale Location nahe der Central Station an der eleganten Park Avenue. Dort befindet sich, nur rund 10 Gehminuten von der New York International Numismatic Convention entfernt, das neue Ladengeschäft. Ich habe mich sehr gefreut, dass Vic Yegparian mir einem Besuch vor Ort ermöglichte.

Das Unternehmen heute

Aber vielleicht zunächst ein paar Worte über das Unternehmen heute. Denn schon am neuen Namen Stack’s Bowers Galleries wird deutlich, dass das Traditionshaus heute ganz anders aufgestellt ist als in den 1950er Jahren. Die börsennotierte Spectrum Group International hat aus den Auktionshäusern Stack’s, Bowers and Merena, Ponterio & Associates, aus Teletrade, Spectrum Numismatics und anderen Marktteilnehmern ein neues, starkes Haus geformt, das seit 2013 unter dem Namen Stack’s Bowers Galleries agiert. Damals übernahm Brian Kendrella die reizvolle Aufgabe, dieses internationale Auktionshaus mit seinen vielen erfahrenen Numismatikern und Münzhändlern in die Zukunft zu führen, und das mit großem Erfolg.

Heute hat Stack’s Bowers Galleries insgesamt zehn Filialen. Dazu gehören drei Ladengeschäfte in New York, Philadelphia und Boston. Die Firmenzentrale ist in Costa Mesa / Kalifornien angesiedelt. Dort entsteht auch ein Großteil der Auktionskataloge. Der globale Anspruch des Unternehmens wird durch je einen Firmensitz in Europa (Paris) und Asien (Hong Kong) deutlich. Denn Stack’s Bowers Galleries legt Wert darauf, nicht nur als US-amerikanisches Unternehmen wahrgenommen zu werden, sondern als einer der bedeutenden Akteure des numismatischen Weltmarkts.

Das zeigen unter anderem die Zahlen der jüngsten Rekordjahre. 2021 erlebte Stack’s Bowers Galleries mit einem Auktionsumsatz von 212 Millionen $ für fast 75.000 Lose das beste Jahr seiner Geschichte. So wurde in diesem Jahr unter anderem die mit 8.400.000 $ viertteuerste Münze der gesamten Numismatik verkauft, ein goldener Half Eagle von 1822. Wenige Monate später folgte ein weiterer Rekordzuschlag mit 7.680.000 $ für einen Silberdollar von 1804 mit drapierter Büste. 2022 übertraf das Rekordjahr sogar noch. Über 90.000 Lose standen in Auktionen zum Verkauf und erbrachten über 250 Millionen Dollar.

Ein Besuch in der Park Avenue Nr. 470

Vicken Yegparian, stellvertretender Präsident der Abteilung Numismatik, erwartete mich an einem Freitag, dem 13. Januar um 9.00 Uhr morgens im neuen Ladengeschäft. Es war ein angenehmer Spaziergang zur neuen Location, die in unmittelbarer Nähe zum InterContinental New York Barklay Hotel liegt. Die zentrale Lage in nächster Nähe der Central Station eignet sich perfekt für ein Clubhaus der Numismatik, wobei das neue Geschäft natürlich nicht mehr so leicht zugänglich ist wie das alte. Schließlich muss es modernste Sicherheitsbedingungen erfüllen, denn New York ist seit Corona auch nicht sicherer geworden. Man muss also vor dem Betreten erst einmal über eine Sprechanlage sein Anliegen plausibel machen, ehe sich die verschlossene Doppeltür öffnet.

Wer die durchschritten hat, sieht zwei Bereiche für Sammler: Den Tresen, an dem die kleineren Transaktionen erledigt werden, und den bequemen Wartebereich für all diejenigen, die auf einen Spezialisten für umfangreichere Geschäfte warten müssen. Denn Stack’s Bowers Galleries nimmt natürlich vor Ort auch größere Einlieferungen entgegen und kauft nicht nur Einzelstücke, sondern auch Sammlungen an. Vicken Yegparian erklärt uns, dass neben dem Auktionsgeschäft natürlich der ständige An- und Verkauf eine bedeutende Rolle für die New Yorker Filiale spielt. Oft stapeln sich dort Kisten voller Münzen, aber sie tun das nie lange. Denn in der New Yorker Innenstadt ist der Quadratmeter teuer. Deshalb findet die Bearbeitung der Auktionsmünzen auch im Hauptquartier in Kalifornien statt. Dort lagert die umfangreiche Bibliothek, über die Stack’s Bowers Galleries verfügt. Im New Yorker Büro dagegen behilft man sich mit einer kleinen Handbibliothek.

Platzmangel ist das zentrale Thema in New York. Deshalb gibt es nur wenige Einzelbüros für die Mitarbeiter. Stattdessen sitzen die meisten in kleinen Kojen und bestimmen die Stücke, die gleich wieder vor Ort an Laufkundschaft verkauft werden. Denn wer zum Beispiel einen Morgan Dollar oder einen Double Eagle sucht, findet hier immer ein reiches Angebot.

Damit schafft Stack’s Bowers Galleries etwas, was vielen großen Auktionshäusern schwerfällt, nämlich die Balance zu halten zwischen der physischen Ansprechbarkeit, die sich Sammler wünschen, und der Internationalität, die der moderne Auktionshandel heute verlangt. Deshalb ist Stack’s Bowers Galleries auch auf vielen nationalen und internationalen Münzbörsen anwesend und hält Auktionen vor Ort, die von zahlreichen virtuellen Auktionen im Internet ergänzt werden.

2023 sind es 90 Jahre, dass es in New York ein Ladengeschäft gibt, das den Namen Stack’s trägt. Stack’s Bowers Galleries ist also seit 90 Jahren Ansprechpartner für New Yorker Sammler. Und darauf kann man wirklich stolz sein!

 

Hier kommen Sie zur Homepage von Stack’s Bowers Galleries.

Natürlich berichtete die MünzenWoche über die Renovierung des Ladengeschäfts in der 123 West 57th Strasse.

Genauso wie über die Eröffnung der neuen Location an der Park Avenue.

Harvey G. Stack hatte viel Spaß dabei, seinen eigenen Eintrag in unserem Who’s who zu redigieren.

Am 3. Januar 2022 verstarb die numismatische Legende Harvey G. Stack. Wir haben ihm einen Nachruf gewidmet.

Wir verdanken Harvey – übrigens ein begeisterter Leser der MünzenWoche – einen eindrucksvollen Bericht über seine Erlebnisse am 11. September 2001, den wir ins Deutsche übersetzt haben.

Dieser Bericht ist Teil einer umfassenden numismatischen Biographie, von der alle 314 Teile auf der Homepage von Stack’s Bowers Galleries zu lesen sind.