Arabo-Sasanidische Münzen: Das neue Standardwerk

Hodge Mehdi Malek, Arab-Sasanian Numismatics and History during the Early Islamic Period in Iran and Iraq. Royal Numismatic Society Special Publication 55. Royal Numismatic Society, London 2019. 2 Bde., Bd. 1: Historical Survey / Coinage, Bd. 2: Catalogue / Tables. 820 S., Abbildungen in Schwarz-Weiß. Hardcover, 22 x 30,4 cm. ISBN: 978-0-90140-594-4. £95.
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Arabo-sasanidische Münzen sind so eine Sache: Nur die wenigsten Münzhändler sind in der Lage (und vor allem willens), sie korrekt und ausführlich zu bestimmen. Deshalb fristen die Stücke eine Art Schattendasein. Häufig werden sie notdürftig beschrieben im Lot angeboten. Mit anderen Worten: Sammler, die sich auf dieses Gebiet spezialisieren, können auch heute noch für wenig Geld interessante und seltene Münzen kaufen.

Und interessant sind diese Prägungen. Wie ihr Name schon sagt: Diese Münzen beschreiben den Übergang des Irans aus sasanidischer in umayyadische Hand. Nichts weniger als der Sieg des Islam wird mit ihnen dokumentiert. Die arabo-sasanidischen Münzen sind Originalzeugnisse, die mit ihren Datierungen und Münzstättenangaben zeigen, dass die Ausdehnung der arabischen Stämme nach der Hedschra doch nicht so ohne Rückschläge verlief, wie es die späteren Quellen schildern. Wer sorgfältig die Münzen auswertet, kann damit eine Geschichte rekonstruieren, die zu interessant ist, um nicht erzählt zu werden.

Der Autor Hodge Mehdi Malek

Der Autor, Hodge Mehdi Malek, ist in der numismatischen Welt für seine vielen Publikationen zu arabo-sasanidischen Prägungen und den zugehörigen sasanidischen Serien bekannt. Der Sammler und Numismatiker gilt heute als der beste Kenner der Materie, vor allem weil er nicht nur in der Numismatik zuhause ist, sondern die Sprache spricht und die meisten Orte, an denen diese Münzen entstanden, selbst besucht hat. Die Basis seiner Studie ist eine umfangreiche Sammlung von arabo-sasanidischen Prägungen, die Sammlung Johnson mit über 1.600 Münzen in Silber und Kupfer, deren Katalog im Zentrum seines grundlegenden Werks steht.

Was sind arabo-sasanidische Prägungen?

Aber was sind überhaupt arabo-sasanidische Prägungen? Unter dieser Bezeichnung werden nämlich häufig Dinge in einen Topf geworfen, die so nicht zusammengehören. Nicht-Fachleute beschreiben damit einfach alles, was nach der Eroberung des Sasanidenreichs geprägt wurde und noch wie eine sasanidische Münze aussieht. Deshalb spezifiziert Hodge Mehdi Malek gleich in seiner Einleitung, dass er sich ausschließlich mit den Prägungen der Muslims nach der Eroberung des Iran und des Irak beschäftigt, und zwar bis in die 80er Jahre der Hedschra, nach christlicher Ära bis um das Jahr 700. Dazu gehören die frühen Münzen der Umayyaden und ihrer Gegner, also der Zubayriden und Charidschiten. Wer hier schon anfängt mit den Augen zu klimpern, weil er diese Namen noch nie gehört hat, wird sich freuen, dass der erste Teil des Buchs die historischen Ereignisse schildert, die den Hintergrund zur Münzprägung darstellen. Und da findet man ein paar Namen, die uns heute eher aus den Nachrichten als aus der Geschichte bekannt sind, darunter zum Beispiel Ali ib Abi Talib, der den Schiiten und den Aleviten als der erste Imam gilt.

Was auf den Münzen geschrieben ist

Eines der größten Hindernisse für den westlichen Sammler, sich mit diesen Münzen zu beschäftigen, ist die ihm fremde Schrift. Das kann natürlich auch der neue Katalog nicht ändern, aber er hilft soweit wie möglich, eine exakte Bestimmung durchzuführen. Dafür wird exemplarisch anhand eines Beispiels erst einmal demonstriert, wo mit welchen Angaben zu rechnen ist. Ein guter Tipp, am schnellsten dürfte es gehen, wenn Sie auf der Rückseite rechts vom rechten Wächter neben dem Feueraltar nachgucken. Da finden Sie die Münzstätte, und im zweiten Band gibt es ab S. 706 eine ausführliche Tabelle, auf der alle Münzstätten mit der genauen Inschrift gelistet sind. Wenn Sie dann noch in der Lage sind, links vom linken Wächter neben dem Feueraltar das Datum zu eruieren, und zwar in Verbindung mit Tabelle 7, die nicht nur alle im Katalog vorkommenden Daten listet, sondern auch gleich die Nummern angibt, unter denen das Datum vorkommt, dann habe Sie eine faire Chance, die Münze zu identifizieren. Na ja, jedenfalls so lange die Münze klar geprägt und dort gut erhalten ist, wo man etwas lesen soll.

Geschichte, Katalog und Kommentar

Gut, was finden Sie noch alles in diesem Standardwerk? Nach Teil I mit der Geschichte folgt Teil II., der sich jedem noch so kleinen Detail der Münzprägung widmet. Ob Münzbild, Legende, Münzstätte, Daten, Personen, jedes einzelne Detail wird genau von allen Seiten beleuchtet. Um nur ein Beispiel zu nennen: Das Kapitel, in dem die zehn bekannteren und die unzähligen unbekannteren, teilweise nicht identifizierten Münzstätten einzeln behandelt werden, umfasst mehr als 160 Seiten!

Für die übrigen Kapitel, da gebe ich Ihnen einfach so den Überblick anhand der Titel: Post-reform Islamic coins / Copper Arab-Sasanian Coinage / Countermarks / Metrology / Hephtalite and issues with Bactrian legends / Late Sistan issues / Collections, coin finds and forgeries.

Und damit sind wir jetzt aber erst beim zweiten Band, dem Katalog. Die Fotos scheinen teilweise etwas dunkel, und jeder Nutzer wird froh sein, dass er nicht – wie häufig in Stempelstudien zu griechischen Münzen – seine Münze anhand der Tafeln identifizieren muss, sondern über die Tabellen erschließen kann.

 

Mit anderen Worten: Hodge Mehdi Malek erwartet durchaus von seinem Leser, dass er willens ist, sich mit der Materie auseinanderzusetzen und die Inschriften lesen zu lernen. Das hat sich mit dem neuen Buch nicht geändert. Auch wenn es die Bestimmung wesentlich einfacher macht, wird sie doch etwas bleiben, das man sich erarbeiten muss. Das bedeutet umgekehrt aber auch, dass es weiterhin arabo-sasanidische Prägungen zu Preisen geben wird, die nicht ihrer Seltenheit entsprechen. Und das gönnen wir allen, die sich in dieses Gebiet eingearbeitet haben.

Vertrieben wird das Buch durch Spink.