„Der Schrecken des Krieges“ auf Druckgrafiken im Universalmuseum Joanneum

Ausstellungsansicht „Der große Tod“. Foto: Universalmuseum Joanneum/N. Lackner.
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Embedded Journalism (eingebetteter/integrierter Journalismus) ist ein Begriff, der im Zuge des Irakkrieges 2003 von den amerikanischen Streitkräften eingeführt wurde. Im Wesentlichen stellt dies eine enge Kooperation von Militär und Journalismus dar. Die Kritik an der Objektivität einer solchen Berichterstattung ließ nicht lange auf sich warten. Ähnlich eingebettet waren Künstler der Frühen Neuzeit – gezwungen durch eine große Abhängigkeit vom Auftraggeber, in diesem Fall dem Kriegsherrn. Als eine Art Kriegsberichterstatter wurden sie zu Belagerungen und Feldzügen mitgenommen, um diese zu dokumentieren.

Anhand der berühmten Serie Die großen Schrecken des Krieges des lothringischen Künstlers Jacques Callot im 17. Jahrhundert lassen sich Stationen eines Krieges ablesen, die sich bei einer derartigen Auseinandersetzung stetig wiederholen – bis zum heutigen Tag. So steht am Anfang der Ausstellung die Vorbereitung zu einer Konfrontation. Diese begann bei der Schulung eines Herrschers, dem Entwickeln von Kriegsgerät und ging bis zum Aufstellen eines Heeres. Auslöser für eine militärische Handlung waren zumeist ein Vertragsbruch oder Gebietsansprüche. Letztendlich erfolgte die Kriegserklärung. Mit dem Krieg und all seinen Folgen und Auswirkungen beschäftigten sich auch schon Künstler der Frühen Neuzeit, wie die neue Sonderausstellung in der Alten Galerie im Schloss Eggenberg anhand von etwa 70 Druckgraphiken sowie Gemälden, Büchern, Medaillen usw. zeigt.

Europa als Schlachtfeld

Es folgten Kriegszüge, Schlachten und Belagerungen. Europa war in den Jahrhunderten der Frühen Neuzeit überzogen von Kriegsschauplätzen. Anhand verschiedener Schlachtendarstellungen soll dies aufgezeigt werden. Schlachtenformationen, Gefechte zu Wasser und zu Land geben zumeist die Sicht des Auftraggebers wieder – in seinem Sinne siegreich, unverletzlich und würdevoll. Künstler begleiteten Herrscher auf ihren Feldzügen, standen mit ihnen mittendrin oder am Rande des Geschehens und hielten dieses für die Nachwelt fest. Teil der Kriegsführung sind Belagerungen, durch welche eine Stadt zur Aufgabe gezwungen werden soll. Aber nicht nur an vorderster Front wurde gekämpft. Übeltäter, Deserteure, Überläufer wurden gefangen genommen, verurteilt und gehenkt, erschossen oder geköpft. In Kampfpausen und im Hinterland wurde geplündert, zerstört und die Bevölkerung ausgeraubt. Die Zivilbevölkerung war neben den in die Schlacht ziehenden einfachen Soldaten die größte Gruppe, die Verluste auf sich nehmen musste. Plünderungen, Einziehung von Vieh und Getreide für die Versorgung der Soldaten, welche Vorrang hatten, brachte die Bauern an die Armutsgrenze. Seuchen und Krankheiten breiteten sich rasanter aus als sonst und dezimierten das Volk. Der große Tod – gekonnt von Stefano della Bella ins Bild gesetzt – zog über das Land. Sterbende, Leichen, Bettler säumten die Straßen. Ein ganz anderes Bild zeigte das Leben im Lager und abseits der Schlachtfelder. Frauen, Kinder und Tiere zogen im Tross mit. Es wurde im Lager geheiratet und Familien gründeten sich.

Sieger und Verlierer

Nach der großen Schlacht gab es Sieger und Verlierer. Die Feldherren und Heerführer genossen einen eigenen Status in der Gesellschaft und konnten sich bei Sieg unermessliche Reichtümer aneignen. Die anderen lebten in den Ruinen der zurückgelassenen Gebiete weiter. Nach einem Krieg vergingen Jahre, bis ein geregeltes Leben wieder möglich war. Verwundete und Bettler prägten das Stadtbild. Frieden wurde durch neue Verträge, aber auch durch Heiraten geschlossen. Die Druckgraphik dokumentiert, illustriert und kritisiert die vielen Themen rund um den Krieg.

Die Ausstellung ist hauptsächlich mit Druckgraphiken aus dem Kupferstichkabinett der Alten Galerie bestückt. Gemälde, Kleinplastiken, aber auch historische Bücher und kulturhistorische Objekte ergänzen die Präsentation. Die großzügigen Leihgaben stammen aus den Sondersammlungen der Universitätsbibliothek Graz und der Steiermärkischen Landesbibliothek sowie aus den Beständen des Landeszeughauses, der Kulturhistorischen Sammlung und des Münzkabinetts des Universalmuseums Joanneum.

Dabei illustrieren die numismatischen Objekte den historischen Hintergrund. Viele Stiche dienten aber auch als Vorbild für Medaillen, so zum Beispiel im Fall von Stadtansichten. Ein genaues Studium der ausgestellten Druckgrafiken könnten unter diesem Gesichtspunkt auch für Numismatiker aufschlussreich sein …

 

Die Ausstellung läuft noch bis zum 1. August 2021. Weitere Informationen zur Ausstellung und zum Besuch finden Sie online auf der Seite der Alten Galerie Schloss Eggenberg.

Die Kuratorinnen präsentieren die Ausstellung in einem kurzen Film:

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In einer Sonderausgabe zur Numismata von 2019 präsentierte Hertha Schwarz die Medaillen von Max Emanuel, dem blauen Kurfürsten, und konnte zeigen, in welch großem Maße Stiche als Vorbilder gewählt wurden.

In einer anderen Ausstellung zeigt das Universalmuseum Joanneum Goldmünzen der Salzburger Erzbischöfe.

Das Joanneum übergab im März 2021 an Libyen einen Marmorkopf der Faustina, der auf mysteriöse Weise nach Österreich gelangt ist.

Das Schloss Eggenberg verfügt auch über ein eindrucksvolles Münzkabinett.