Jahrtausende lang war der Rhein mehr eine Straße als eine Grenze. Kein Wunder, dass sich dort in der späten Latènezeit, also etwa zwischen 150 und 15 v. Chr., ein dichtes Netz von Siedlungen entwickelte, die das wirtschaftlich eng miteinander verstrickt waren. 162 Fundstellen, darunter 46 Siedlungen zeugen davon. Das baden-württembergische Landesamt für Denkmalpflege grub 2000 und 2001 in Riegel am Kaiserstuhl, das wegen seiner Befestigung, der Münzherstellung und zweier Fernwege als Zentrum des Gebiets gilt. Dabei kamen nicht nur die „üblichen“ Fundmünzen zum Vorschein, sondern – ganz spektakulär – ein Gefäß, in dem 27 Imitationen von Philippou-Stateren aus Elektron versteckt waren.
Welche Rolle spielten diese Münzen im Wirtschaftssystem ihrer Zeit? Und wie waren sie in den vergangen zwei Jahrhunderten in diese Rolle hineingewachsen? Es sind diese spannenden Fragen, die Falko Weis mit seiner Publikation der Fundmünzen von Riegel beantworten möchte.
Ein Fund von Goldmünzen im Rahmen einer Grabung
Wer sich mit Hortfunden beschäftigt, weiß um die frustrierende Tatsache, dass sie meist nicht im Rahmen einer ordentlichen Grabung, sondern durch Zufall bei irgendwelchen Bauprojekten oder von Detektorgängern gefunden werden. Wer ein wenig darüber nachdenkt, wird verstehen, warum das so ist: Man versteckt Schätze zwar durchaus im eigenen Vorgarten. Doch diese werden meist wieder geborgen, da die Hausgenossen und Nachkommen oft von dem Versteck wissen. Funde, die dagegen irgendwo an einem heimlichen Ort aus uns unbekannten Gründen niedergelegt werden, werden wesentlich seltener wieder gehoben, wenn ihr Eigentümer eines überraschenden Todes stirbt und davor niemandem das Versteck mitteilte. Deshalb freut sich die Archäologie umso mehr, wenn es ihr einmal gelingt, im Rahmen einer Grabung einen Hortfund zu machen. Und so bildet der „Goldmünzenhort“ von Riegel das Zentrum der Arbeit von Falko Weis, wobei es sich übrigens nicht um Gold-, sondern um Elektronmünzen handelt, die das makedonische Vorbild mittlerweile weit hinter sich gelassen haben.
Eine Münze ist eine Münze ist eine Münze?
Falko Weis publiziert seine Fundmünzen nach allen Regeln der Kunst. Doch er geht weit über eine naive Fundpublikation heraus. Er stellt die Frage nach der Funktion der keltischen Münzen und danach, was der Schatzfund von Riegel für diese Diskussion bedeutet.
Denn – und hier zitiert der Autor den bekannten Sozialwissenschaftler Marcel Mauss – „Geld ist keineswegs eine materielle und physische Tatsache, sondern im Wesentlichen eine soziale Tatsache.“ Da wir aber keine eigenen schriftlichen Zeugnisse aus der Feder von Kelten besitzen, muss der soziale Zusammenhang der keltischen Münzen mit Hilfe der knappen römischen Notizen und der reichlich fließenden archäologischen Überlieferung rekonstruiert werden.
Und damit müssen wir uns mit Möglichkeiten und Grenzen der Archäologie auseinandersetzen. Während die Fundumstände eindeutig sind, ist es deren Deutung nicht. Allerdings hat sich mittlerweile in der Forschung als Communis Opinio die Überlegung durchgesetzt, dass die Goldmünzen zu Beginn als Sold in die keltische Gesellschaft eindrangen, die sie nicht als Zahlungsmittel, sondern als Prestigeobjekte wie goldene Torques und goldenen Schmuck benutzte. Durch den fortwährenden Kontakt mit anderen, Geld nutzenden Völkern gewöhnten sich auch die Kelten an dieses Medium, weswegen sich die Münzen auch bei ihnen zu Wertmessern und Tauschobjekten entwickelten. Weis gilt der Münzfund von Riegel als Zeugnis dafür, dass die Kelten in der Spätlatènezeit Münzen als Zahlungsmittel benutzten.
Das Buch ist also durchaus interessant für all diejenigen, die sich vertieft mit keltischen Münzen beschäftigen.
Es ist zu bestellen beim Verlag Marie Leidorf GmbH für 45,80 Euro.