Stammham ist eine kleine Gemeinde mit ein paar wenigen Tausend Einwohnern zwischen Eichstätt und Ingolstadt. Selbst ambitionierte Bayerntouristen werden diesen Ort eher nicht besucht haben. Dabei steht man in Stammham genau auf dem Land, das Bayern einst so reich machte. Der fruchtbare Boden sorgte dafür, dass sich bereits Kelten und Römer hier niederließen. Und in Mittelalter und früher Neuzeit war Stammham eine der vielen dörflichen Gemeinschaften, auf deren reichen Ernten der Wohlstand des niederbayerischen Herzogtums beruhte.
Florene und Turnosen
Kein Wunder also, dass hier jemand einen Münzschatz vergraben hat. Was heißt einen? Es handelt sich um gleich zwei Schatzfunde, die der ehrenamtliche (und äußerst begeisterungsfähige) Heimatpfleger Kurt Richter innert zwei Jahren quasi direkt vor seiner Haustür aufstöberte. Zunächst stieß er mit seinem Metalldetektor am Sonntag, dem 26. Oktober 2014, auf einen äußerst interessanten Fund von 30 florentinischen Goldmünzen, vergesellschaftet mit einem Aureus von Kaiser Konstantin, einem langobardischen Tremissis und einem Augustalis. Die Schlussmünze des Schatzfundes legt einen Verbergungszeitpunkt um 1330 nahe.
Nicht einmal zwei Jahre später, nämlich in den Sommermonaten des Jahres 2016 entdeckte Kurt Richter seinen zweiten Münzschatz. Der bestand aus frühen Turnosen und dürfte in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts in den Boden gekommen sein.
Für den geschichtsbegeisterten Finder und seine Heimatgemeinde stellten diese beiden Münzschätze weit mehr dar, als ein Handelsobjekt. Sie bedeuteten für Stammham ein Stück der eigenen Identität. Insofern dürften alle Stammhamer stolz darauf gewesen sein, dass „ihre“ beiden Schatzfunde Ende des Jahres 2022 im Stadtmuseum Ingolstadt mit einer Sonderausstellung gewürdigt wurden. Pünktlich zum Beginn der Ausstellung wurde die wissenschaftliche Publikation der beiden Funde fertig.
Ein Mitbringsel von Ludwigs des Bayern Italienfeldzug?
Der Historiker Michael Herrmann hat den geschichtlichen Hintergrund zu beiden Schatzfunden rekonstruiert. Er möchte in dem Goldmünzenfund den Lohn oder die Beute eines der Begleiter von Ludwig dem Bayern auf seinem Italienfeldzug sehen. Es ist tatsächlich verführerisch, sich vorzustellen, dass ein von der antiken Kultur faszinierte Waffenträger aus Italien neben den damals umlaufenden Florenen auch historische Münzen wie einen frühen Aureus von Kaiser Konstantin aus dem Jahr 307 mitgenommen hat.
Der erste Fund von französischen Turnosen in Bayern
Auch der Turnosenfund hat seine wirtschaftsgeschichtliche Bedeutung. Es handelt sich nämlich ausschließlich um frühe Königsturnosen und ebenfalls frühe anonyme Beischläge. Die späteren Imitationen sowie deutsche oder Prager Groschen fehlen völlig. Damit können wir anhand dieses Fundes beobachten, dass in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts die französischen Turnosen in den niederbayerischen Geldumlauf eindrangen.
Ein vorbildlicher Katalog
Neben der Einführung zu den Fundumständen und den historisch-archäologischen Hintergründen aus der Feder von Kurt Richter sowie dem numismatisch-historischen Kommentar von Michael Herrmann rundet der vorbildliche Katalog von Leonard Köninger das Werk ab. Hier wird jedes einzelne Stück wirklich hypergenau beschrieben.
Nicht nur wissenschaftliches Werk, sondern auch ein wunderschönes Buch
Wer das Buch in die Hand nimmt, erkennt eines sofort: Wie viel Liebe und Begeisterung darin steckt. Es ist ein Beweis dafür, dass so genannte Laien oft mehr Enthusiasmus entwickeln als amtlich besoldete Personen. Deshalb benutze ich für sie lieber das Wort Amateur, auch wenn dieses Wort leider und völlig ungerechtfertigt einen negativen Unterton transportiert. Amateur kommt vom lateinischen amare – lieben. Und ich frage mich immer wieder, wie irgendjemand Numismatik betreiben kann, ohne das Fach zu lieben.
Numismatische Bücher herauszugeben, ist schon schwierig genug, deshalb sollte man beim Kauf nach Möglichkeit nicht noch andere Plattformen mitverdienen lassen. Bitte beziehen Sie deshalb das Buch direkt über den Verlag Dr. Faustus für einen Preis, den man nur als Schutzgebühr bezeichnen kann, nämlich 24,95 Euro.