Ein Expertenurteil zum Fall Sponsianus

Aleksander Bursche ist Numismatiker an der Universität Warschau und hat eine klare Meinung zu den sogenannten Sponsianus-Münzen: Es handelt sich um moderne Fälschungen.
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Gab es einen römischen Kaiser namens Sponsianus, der Münzen prägen ließ? Eine aktuelle Studie behauptet das, aber die Fachwelt widerspricht ihr weitgehend. Zwei Experten auf dem Gebiet der römischen Goldmünzen aus der Zeit der Soldatenkaiser, Aleksander Bursche und Kyrylo Myzgin von der Universität Warschau, legen ihre Positionen zu diesem Thema dar.

Wir sind uns relativ sicher, dass alle bekannten Sponsianus-Goldmünzen (oder besser Medaillen, um die Terminologie der Zeit zu verwenden) sowie die Stücke von Gordianus III. und Philippus, die zur gleichen Zeit, d.h. im 18. Jahrhundert, in verschiedenen Sammlungen in Europa auftauchten, Fälschungen aus dieser Zeit sind.

Die meisten Argumente dafür wurden in den Beiträgen von Münsterberg 1923 (auf Deutsch) und von Bursche 1998, 25-29 (leider nur auf Polnisch) dargelegt. Die Autoren der neuen Studie haben viele der dort vorgebrachten Argumente übergangen und sich nicht mit ihnen auseinandergesetzt.

Knapp zusammengefasst in 11 Punkten:

  1. Diese Stücke (wie auch die mit den Namen von Gordianus und Philippus) wurden gegossen. Keine authentische römische Goldmünze aus dem 3. Jahrhundert n. Chr. wurde im Gussverfahren hergestellt. Selbst barbarische Münzen aus dieser Zeit wurden geprägt.
  2. Die Gewichte der einzelnen Stücke (Sponsianus, Gordianus und Philippus) sind viel zu unterschiedlich und haben keinen Bezug zum römischen Gewichtssystem (wie es Multipla stets haben). Außerdem wiegen barbarische Nachahmungen von römischen Aurei nicht mehr als 7 g und sind fast immer gelocht.
  3. Die Vorderseitenlegende im Genitiv (IMP SPONSIANI) ist für römische Münzen recht ungewöhnlich (zu erwarten wäre ein Nominativ: IMP SPONSIANVS oder eine abgekürzte Form). Sie ist aber typisch für Erzeugnisse aus dem 16. bis 18. Jahrhundert.
  4. Der Stil der Schrift unterscheidet sich von den Buchstaben auf echten Münzen. Selbst lokale Usurpatoren, die nur wenige Wochen herrschten (z. B. Quietus und Julianus II.), prägten ihre Münzen aus hochwertigem Gold in gutem Stil.
  5. Die Ikonographie der Sponsianus-Stücke ist für Münzen des 3. Jahrhunderts völlig untypisch. Die corona radiata (Strahlenkrone) auf der Vorderseite und die Art ihrer Darstellung sind hingegen typisch für Fälschungen des 18. Jahrhunderts. Der Revers zeigt die plumpe Nachahmung einer republikanischen Münze (RRC 242/1; 243/1). Weiterhin erscheint es uns fast unmöglich, dass im 3. Jahrhundert Motive einer republikanischen Münze aus dem Jahr 134 v. Chr. verwendet wurden. Weder bei den barbarischen Nachahmungen noch in der offiziellen Münzprägung gibt es Beispiele für eine solche Kombination. Republikanische Silbermünzen aus dem 2. Jahrhundert v. Chr. waren für den Sammler des 17. und 18. Jahrhunderts weitaus einfacher zu finden als für einen Münzmeister in der Provinz Dakien während der Reichskrise des 3. Jahrhunderts.
  6. Die Münzen tauchten im 18. Jahrhundert in mindestens fünf europäischen Sammlungen auf, nämlich in Wien, Glasgow, Paris, Gotha, Sibiu (Hermannstadt) und Herzogenburg (in der Nähe von Wien), oft in einem Ensemble mit Goldstücken, die die Namen von Gordianus und Philippus tragen. Aus gesicherten Funden des 19., 20. und frühen 21. Jahrhunderts (der Ära der Metalldetektoren!) ist dagegen kein einziges solches Stück bekannt, obwohl 95 % der römischen Goldmünzen des 3. Jahrhunderts in dieser Zeit gefunden wurden. Wenn es sich um Originale handeln würde, hätte in den letzten zweihundert Jahren wenigstens ein einziges neues Exemplar gefunden werden müssen.
  7. Der Name Sponsianus taucht auf einer Inschrift in Rom auf, wo er von jedem gebildeten Adligen und dessen Begleitern während der „Grand Tour“ gesehen und notiert worden sein könnte. Die Sponsianus-Medaillen/Fälschungen erhielten eine angebliche Provenienz zusammen mit Goldmünzen der Kaiser Gordianus und Philippus, bei denen es sich ebenfalls um gegossene Fälschungen handelt. In Siebenbürgen wurden in dieser Zeit einige bedeutende Funde gemacht (z.B. Szilagy-Somlyo etc.), daher wurde Siebenbürgen als angeblicher Fundort für die Stücke angegeben.
  8. Alle diese Stücke wurden für Summen weit über dem intrinsischen Wert des Goldes erworben. Die Fälschungen wurden also zweifelsohne für einen finanziellen Gewinn hergestellt.
  9. Wir sind keine Spezialisten für analytische Methoden, aber ein Goldanteil von 93 % (wie bei dem untersuchten Sponsianus-Stück) ist viel zu niedrig für echte römische Goldmünzen, auch für solche aus dem späten 3. Jahrhundert n. Chr. und selbst für barbarische Imitationen aus regionalem Gold. Sehr typische ist so ein Goldanteil dagegen für Fälschungen.
  10. Wir sind außerdem nicht sicher, ob die zum Vergleich herangezogenen Münzen richtig ausgewählt wurden. Aus methodischer Sicht sollte es sich dabei in erster Linie um Aurei aus dem 3. Jahrhundert mit gesicherter Provenienz und Fundstelle und um Gusskopien aus dem 18. Jahrhundert handeln.
  11. Auf welcher Grundlage datieren die Autoren den Zeitpunkt der Abnutzung der Münzen?

 

Aleksander Bursche finden Sie in unserem Who is Who der Numismatik.

Auf Academia.edu finden Sie das Profil seines Kollegen, des Co-Autors Kyrylo Myzgin.

2021 erschien eine Festschrift auf Aleksander Bursche. Ursula Kampmann hat sie sich angesehen.

Aleksander Bursche haben wir außerdem den gelungenen INC in Warschau 2022 zu verdanken. Unseren Bericht dazu finden Sie hier.