EU verabschiedet neue Einfuhrverordnung zu Kulturgütern

Der Sitzungssaal des Europäischen Parlaments in Straßburg während einer Plenarsitzung 2014. Foto: David Iliff. Lizenz: CC-BY-SA 3.0
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In Anbetracht der Tatsache, dass die erste Warnung vor der Bedrohung durch diese Maßnahmen an den internationalen Kunsthandel bereits 2016 von der IADAA ausging, passt es ins Bild, dass die IADAA als Erste darüber berichtet hat, dass die Europäische Union am 9. April 2019 den Vorschlag für eine Verordnung über die Einfuhr von Kulturgütern angenommen hat. Die EU bestätigte den Beschluss in einer offiziellen Erklärung, die am 17. April 2019 zusammen mit den neuen Vorschriften veröffentlicht wurde. Der Vorsitzende der IADAA, Vincent Geerling, hat die internationalen Bemühungen um eine Verbesserung der Gesetzgebung angeleitet und koordiniert, wobei u. a. eine Zusammenarbeit mit der European Art Market Coalition (EAMC), CINOA und der British Art Market Federation (BAMF) stattfand.

Er erklärte dem Art Newspaper, das den entsprechenden Artikel am 10. April 2019 veröffentlichte, dass die letztendlich verabschiedeten Bestimmungen jedoch äußerst umstritten seien und zweifelsohne zu Problemen führen würden. Dies liege daran, dass man sich zwar noch im Februar nach der Konsultation mit den Mitgliedstaaten und ihren Rechtsberater auf besser umsetzbare und angemessenere Maßnahmen geeinigt habe, die verabschiedete Version der Verordnung diese Wünsche jedoch ignoriert zu haben scheine und auf einen früheren Stand zurückgefallen sei.

Welche Bestimmungen der Verordnung stechen besonders hervor?

Personen, die archäologische Artefakte einführen, die über 250 Jahre alt sind und nicht aus der EU stammen, müssen unabhängig vom Wert des Gegenstandes Unterlagen vorlegen, die beweisen, dass die Ausfuhr aus dem Herkunftsland nach dem zum Zeitpunkt der Ausfuhr gültigen Recht dieses Landes erfolgt ist. Hierbei muss beachtet werden, dass sich diese Vorschrift nicht nur auf Artefakte aus der Levante oder Nordafrika, sondern auch auf asiatische und islamische Kunst sowie auf Stammeskunst aller Art bezieht – von ozeanischer Kunst aus dem pazifischen Raum bis hin zur Stammeskunst der Ureinwohner Nord- und Südamerikas sowie Australiens.

In vielen (wenn nicht allen) Fällen ist es wahrscheinlich, dass die Erbringung eines solchen Beweises unmöglich ist, da der Zeitpunkt der ersten Ausfuhr sehr weit zurückliegen kann, es schwierig ist festzustellen, wann genau diese stattgefunden hat, eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass keine Informationen bezüglich der zu dieser Zeit anwendbaren Rechtsvorschriften existieren, und fast mit Sicherheit davon ausgegangen werden kann, dass keine entsprechenden Unterlagen vorliegen. Treffen diese Punkte zu und liegt zudem weder eine gültige Ausfuhrgenehmigung des Herkunftslandes vor, noch kann mit anderen Dokumenten die Rechtmäßigkeit der Ausfuhr bewiesen werden, so ist das Abweichen von dieser Regelung gemäß der Verordnung in zwei genau bestimmten Ausnahmesituationen möglich, soweit bewiesen werden kann, dass der Gegenstand rechtmäßig aus dem letzten Land ausgeführt wurde, in dem er sich für einen ununterbrochenen Zeitraum von mehr als fünf Jahren befand. Die erste Situation liegt vor, wenn das Herkunftsland nicht verlässlich bestimmt werden kann, die zweite, wenn bewiesen werden kann, dass das fragliche Kulturgut vor dem 24. April 1972 – dem ursprünglichen Datum des Inkrafttretens des UNESCO-Übereinkommens – aus dem Herkunftsland ausgeführt wurde. Die zweite Bedingung ignoriert die Tatsache, dass alle entsprechenden Länder dem Übereinkommen erst Jahre, wenn nicht erst Jahrzehnte später beigetreten sind. Es werden daher restriktivere Maßnahmen eingeführt als die, denen die Herkunftsländer zugestimmt haben. Wahrscheinlich wissen die meisten dieser Länder nicht von dieser Entscheidung der EU.

In der Praxis scheint das zu bedeuten, dass alle Kulturgüter, die nach dem 24. April 1972 rechtmäßig aus ihrem Herkunftsland ausgeführt wurden, für den Zweck der Einfuhr in die EU nicht als zulässig angesehen werden, wenn keine gültige Ausfuhrgenehmigung vorliegt.
Ein Beispiel: Bis 1983 hat Ägypten auf rechtmäßigem Wege Artefakte ausgeführt. Ein Kulturgut, das 1978 rechtmäßig aus Ägypten ausgeführt wurde und für das in angemessenem Umfang Unterlagen vorliegen, die dies beweisen, jedoch keine tatsächliche Ausfuhrgenehmigung existiert, könnte gemäß der neuen Vorschriften für den Zweck der Einfuhr in die EU noch immer als unzulässig angesehen werden, da die Ausfuhr nach dem 24. April 1972 erfolgte.
Absatz 7 der Präambel der neuen Verordnung macht deutlich, dass die verwendete Definition von Kulturgut auf dem UNESCO-Übereinkommen von 1970 und dem UNIDROIT-Übereinkommen von 1995 basiert. Während das UNESCO-Übereinkommen jedoch nur besonders bedeutungsvolle Gegenstände anspricht, greifen die Vorschriften der neuen EU-Verordnung weiter und umfassen sämtliche archäologischen Artefakte – ungeachtet ihres Wertes. Dies wird die Einfuhr von zahlreichen zulässigen Gegenständen unrentabel machen. Zudem wird auch die lange Bearbeitungszeit von mehreren Monaten, die die Zollabwicklung beansprucht, sowohl für den Handel auf Messen als auch für Händlerinnen, Händler und Auktionshäuser, die Kulturgüter weiterverkaufen, ein Problem darstellen.
Für alles andere – von Gemälden, Zeichnungen und Skulpturen über historische Gegenstände bis hin zu Flora und Fauna usw. – muss die einführende Person eine „Erklärung des Einführers“, die die Rechtmäßigkeit der Ausführung aus dem Herkunftsland garantiert, und die entsprechenden Dokumente vorlegen, soweit das fragliche Kulturgut nicht aus der EU stammt, älter als 200 Jahre ist und sein Wert 18.000 Euro übersteigt. Vermutlich wird auch dies aus den oben genannten Gründen Auswirkungen auf Händlerinnen und Händler, Auktionshäuser sowie Sammlerinnen und Sammler haben.
Die Abgabe der Erklärung des Einführers könnte als eine weniger komplizierte Option angesehen werden, jedoch birgt ihre Nutzung vermutlich das größere Risiko. Dies liegt daran, dass die Verfasserin bzw. der Verfasser der Erklärung die Haftung für die gegebene Erklärung und den Status des eingeführten Objekts übernimmt. Das bedeutet, dass eine Person, die in gutem Glauben ein Kulturgut einführt und die entsprechenden Unterlagen vorlegt, um ihre Erklärung zu stützen, nach den neuen Vorschriften trotzdem haftbar gemacht werden könnte, wenn zu einem späteren Zeitpunkt aufgedeckt wird, dass der Gegenstand, bevor er in den Besitz dieser Person gelangte, gestohlen oder unrechtmäßig ausgeführt wurde. Die Behörden machten deutlich, dass Verstöße gegen die neuen Vorschriften mit schweren Sanktionen bestraft werden.
Das erklärte Ziel der Verordnung besteht darin, den Eintritt von Gegenständen in die EU zu verhindern, die zur Finanzierung des Terrorismus gedient haben könnten. Weder von den Mitgliedstaaten noch im Rahmen der Recherchen der Europäischen Kommission zum Zweck der Erarbeitung dieser Verordnung wurden Hinweise gefunden, die auf derartige Geschehnisse hindeuten. Daher argumentiert die IADAA weiterhin, dass die Maßnahmen nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen, den sich die EU selbst auferlegt hat, wenn der mögliche Folgeschaden berücksichtigt wird, der dem internationalen Kunsthandel entstehen könnte. Wird beachtet, dass in Bezug auf Syrien und den Irak zu diesem Zweck innerhalb der EU bereits strenge Sanktionen bestehen, wäre es um einiges einfacher und kostensparender gewesen, diese Sanktionen auf Libyen, Jemen und alle weiteren Herkunftsländer auszuweiten, in Bezug auf die ein Risiko besteht.

Unter Einbeziehung aller genannten Argumente plant die IADAA, weiterhin mit den Interessengruppen zusammenzuarbeiten – und dabei auch eine rechtliche Überprüfung der verabschiedeten Vorschriften vorzunehmen –, um sicherzustellen, dass die Maßnahmen vor dem Inkrafttreten der Verordnung angepasst und somit besser umsetzbar gemacht werden. Die Verordnung kann erst in Kraft treten, wenn die Europäische Kommission ein vollständig betriebsfähiges elektronisches System eingerichtet hat, das zur Durchführung des Verfahrens eingesetzt werden kann. Das wird voraussichtlich nicht innerhalb der nächsten fünf oder sechs Jahre passieren. Noch zwei Jahre wird es mindestens dauern, bis die EU verkünden wird, ob die Finanzierung des elektronischen Systems überhaupt bewilligt wird. Das Geld wird nur dann zur Verfügung stehen, wenn dies im EU-Haushalt 2021-27 als Priorität angesehen wird.

Wir habe bereits zuvor in CoinsWeekly über die geplanten EU-Importregeln berichtet.

Für weitere Informationen zur International Association of Dealers in Ancient Art besuchen Sie die Website der IADAA.

Dieser Artikel ist auf Englisch zuerst im IADAA-Newsletter erschienen. Sie finden die bisherigen Ausgaben des Newsletters hier. Dort können Sie außerdem den Newsletter abonnieren!