Es gibt sie: Bildnisse von Frauen, die in der näheren und auch weiter zurückliegenden Vergangenheit eigenständige politische Macht erlangt und sie auf Münzen und Medaillen öffentlich gemacht haben. Solche Münzen und Medaillen sind aber recht selten, so dass es sich lohnt, der Geschicklichkeit und den Geschicken solcher Ausnahmefrauen in einer patriarchalischen Welt einmal nachzugehen.
Dabei ist vorweg eine Unterscheidung zu treffen: Vielfach wurden Frauen auf Münzen und Medaillen lediglich in einer dynastischen Funktion dargestellt, entweder als Mütter amtierender Herrscher oder als Ehefrauen, die Thronfolger gebaren oder gebären sollten. So sind auf den Münzen des Deutschen Reiches von 1871-1918 Frauen nur als Ehefrauen von regierenden Reichsfürsten bei der Hochzeit oder Ehejubiläen dargestellt, fast ausnahmslos in gestaffelten Büsten, die Frauen fast immer im Hintergrund rücken. Auch im Deutschen Reich von 1871 bis 1918 galt immer noch die Lex Salica, der gemäß Frauen nicht die Herrschaft erben konnten: In terram Salicam mulieres ne succedant! / Über den Raum salischen Rechts hin sollen Frauen nicht die Erbfolge antreten!
Ähnliches spiegeln die Medaillen Napoleons, die die erzwungene Hochzeit mit Marie Louise, der Tochter des österreichischen Kaisers Franzs I., propagieren. Marie Louise war ein Opfer der militärischen Niederlagen ihres Vaters bei Aspern und Wagram und des daraufhin geschlossenen Friedens von Schönbrunn (14. Oktober 1809). Mit der Heirat Marie Louises wollte Napoleon sich in die Hocharistokratie Europas einreihen, Marie Louise sollte ihm einen Erben schenken und Österreich zu seinem Bundesgenossen machen.
Die Medaillen Napoleons knüpfen gedanklich an die Münzen der römischen Kaiserzeit an, auf denen „Kaiserinnen“ immer wieder dargestellt wurden. Seit der Begründung der römischen Militärmonarchie durch Augustus bestand das Konzept, dass der Kaiser eine Dynastie begründete, die die Stabilität des politischen Systems garantierte. Insbesondere dafür wurden Frauen gebraucht: Sie sollten dem Herrscher Kinder gebären oder wenigstens mit in die Ehe bringen. Einige von ihnen, wie etwa Livia, Agrippina, Julia Domna oder Helena, konnten in einer Gattinnen- oder Mutterrolle sogar großen politischen Einfluss gewinnen, der aber in keiner Weise zu einer offiziellen Machtstellung führte. Ansätze dazu gab es allenfalls bei Julia Domna, als sie den Titel einer „Mutter der Heerlager des Senates und des Vaterlandes“ erhielt. Erhellend sind in diesem Falle die üblichen Münzbeschreibungen, die z. B. von „einem Aureus des Septimius für Julia Domna“ sprechen.
Münzen, die eine dynastische Rolle von Frauen betonten, gab es schon in hellenistischer Zeit. Ptolemäische Goldprägungen mit den Bildnissen von Ptolemaios I. und der Berenike auf der Vorderseite und von Ptolemaios II. und Arsinoe II. auf der Rückseite zeigen Königinnen, die das dynastische Prinzip dieser Herrschaft anzeigen. Dabei ist die Ehe von Bruder und Schwester im Falle von Ptolemaios II. und Arsinoe von besonderem Interesse. Diese ägyptische Praxis bedurfte einer Mythologisierung, um in griechischen Augen Akzeptanz zu finden.
Sogar im fernen Baktrien wird auf einer Münze dieses Landes am Rande der griechischen Welt der beiden Elternteile des Großkönigs Eukratides I. gedacht, und auf einer späten Prägung lässt König Hermaios seine Gattin, die den Musennamen Kalliope trägt, neben sich abbilden. Schillernd ist der Fall der Urenkelin von Herodes dem Großen: Salome, die der Bibel nach, zu einer „femme fatale“ für Johannes den Täufer wurde, erscheint auf Münzen von Kleinarmenien als Königin. In Wirklichkeit war diese Schönheit, die seit eh und je Männerphantasien weckte und noch heute weckt, ein armes Mädchen, das zunächst ihren viel älteren Onkel Philippos und dann einen jüngeren Verwandten heiraten musste.
Nur ganz selten sind Frauen zu tatsächlicher politischer Macht aufgestiegen, so dass sie aus eigenem Recht ihr Bildnis auf Münzen setzen konnten. Das gilt etwa für die Ptolemäerin Kleopatra Thea, die zunächst von ihrem ptolemäischen Vater für dessen politische Spielchen in Syrien missbraucht wurde, aber dann in der von Thronstreitigkeiten erschütterten Seleukidendynastie sich skrupellos mordend eine eigenständige Machtstellung erkämpft. Ähnlich gewalttätig versuchte Kleopatra VII. die Herrschaft der Ptolemäer zu erhalten und gegen Roms Imperialismus zu verteidigen. Am Ende scheiterte sie an Octavians Unempfänglichkeit für ihre weiblichen Reize.
Eine stattliche Reihe von eigenständigen Herrscherinnen hat England aufzuweisen. Größte Berühmtheit erlangte die „virgin/maiden queen“ Elisabeth I. Vor ihr hatte schon Heinrichs VIII. Tochter Mary den englischen Thron bestiegen. Beide Töchter Heinrichs mussten sich mit dem Beil des Henkers gegen Thronprätendentinnen behaupten, Mary gegen Jane Grey und Elisabeth gegen Maria Stuart. Interessant ist es, Elisabeths Selbstdarstellung auf dem von ihr emittierten Sovereign genauer zu betrachten. Er stilisiert Elisabeth I. mehr oder weniger als Gottesmutter. Als dieser Bildtypus zur 400-Jahrfeier der Sovereignmünze unter Elisabeth II. aufgegriffen wurde, ersetzte man diese Symbolik durch einen realistischeren Bezug auf die Krönung Elisabeths II. im Juni 1953. Neben Mary I. und den beiden Königinnen mit dem Namen Elisabeth gelangten noch Mary II., dann Queen Anne und natürlich Victoria als souveräne Herrscherinnen auf den Thron von England und durften ihr Bildnis auf die Geldstücke des von ihnen beherrschten Landes setzen.
Bedeutende Herrscherinnen gab es sporadisch auch in Schweden in der Person der „Pallas des Nordens“ – der Königin Christina –, ferner in Österreich mit Maria Theresia und schließlich noch in Russland mit Elisabeth und Katharina. Fast allen diesen Herrscherinnen ist gemeinsam, dass sie skrupellos sein mussten, um ihre Machtstellung zu erreichen, und schwere Kämpfe auszutragen hatten, um sie zu behaupten. In manchen Fällen lässt sich feststellen, dass diese Situationen deutlich sichtbar Auswirkungen auf ihre Persönlichkeitsstruktur zeitigten.
Wenn Sie diese Skizze neugierig gemacht und Ihr Interesse an diesem Thema geweckt hat, dann nehmen Sie doch an dem letzten Künker-Vortrag in diesem Jahr statt. Johannes Nollé wird nicht nur schöne Bilder von Münzen zeigen, sondern auch darlegen, was man aus Ihnen über Frauen erfahren kann, die in der Weltgeschichte eine wichtige Rolle spielten – in einer Zeit, wo noch allein die Herrschaft von Männern das Übliche war.
Weiteren Informationen zu dem Online-Vortrag finden Sie auf der Künker-Website.
Den Referenten, Johannes Nollé, haben wir in einem Who is Who-Eintrag vorgestellt.
Sehen Sie hier den letzten Online-Vortrag der Firma Künker zum Thema „Preußen – gefürchtet, gehasst und bewundert“: