Italiens Münzen stechen hervor durch ihre hohe Qualität. Nicht umsonst ist die italienische Münzstätte eine der wenigen Prägestätten der Welt, die in einer eigenen Schule ihre Medailleure und Medailleurinnen ausbildet. Ein Luxus? Gewiss. Aber einer, der sich auszahlt, wie es scheint. In Rom verbindet man gekonnt ästhetische Qualität mit technischer Innovation. Denken Sie an die erste moderne Bimetallmünze im Umlaufgeld, die Italien 1982 emittierte. Das 500-Lire-Stück war eine Sensation.
Doch die Italiener beweisen immer wieder, dass sie spüren, was Sammler anspricht. Bestes Beispiel dafür sind die enorm erfolgreichen Farbsets der letzten Jahre. Die Kunden rissen sich förmlich um die Sets, bei denen drei Münzen in jeweils einer der italienischen Nationalfarben Rot, Weiß und Grün gehalten waren. Dreimal hat Italien solche Farbsets mit Themen kombiniert, die ankommen: 2019 mit dem Kultroller Vespa, 2020 mit der legendären Schreibmaschinenmarke Olivetti, und 2021 mit dem Brotaufstrich Nutella. 2020 wagte Italien den großen Wurf, eine ganze Farbserie mit dem vielleicht italienischsten aller Themen: dem Essen.
Der neue Onlineshop: Italiens Münzen aus erster Hand
Bevor Sie sich jetzt fragen: Was interessiert mich das, ich komme ja ohnehin nie an Münzen aus Italien. Es gibt für die internationalen Sammler eine aufregende Neuigkeit! IPZS hat zwar seit Jahren alle Sammlermünzen auch online angeboten. Es gab nur einen Haken: Dieses Angebot richtete sich ausschließlich an Kunden in Italien. Wer aus dem Ausland an italienische Münzen kommen wollte, musste andere Wege finden und hoffen, dass die oft stark nachgefragten Münzen bei den Zwischenhändlern noch vorrätig waren. Das hat jetzt ein Ende.
Seit Anfang Dezember steht der Onlineshop auf Englisch auch internationalen Sammlern offen, die darüber alle IPZS-Produkte direkt bestellen können. Die italienische Münzstätte hat wieder einmal Sammlerwünsche erhört. Und dort finden Sie auch die neuesten kulinarischen Farbmünzen. Prego!
Italien bittet zu Tisch
In Italien bedeutet Essen nicht einfach Nahrungsaufnahme. Im Belpaese will eine Mahlzeit genossen, ja zelebriert werden. Es ist ein soziales und identitätsstiftendes Ereignis, das sich definiert über die Zutaten und die Geschichte der jeweiligen Gegend. Durch Rezepte und Zubereitungsmethoden grenzt sich jede Region, ja jede Ortschaft von den anderen ab. Da gerät es geradezu zum Politikum, welche Art Schafskäse über die Pasta gerieben wird, ein römischer, ein toskanischer, ein sardischer …
Vor diesem Hintergrund hat die italienische Münzstätte 2020 die Serie „Cultura enogastronomica italiana“ eingeführt, also auf die italienische Kultur des Weins und Speisens. Jede Ausgabe ist einer Region gewidmet und zeigt bekannte Baudenkmäler, vor deren Hintergrund sich strahlend in Farbe die kulinarischen Schätze abheben. Damit erfüllt die Reihe gleichzeitig einen Bildungsauftrag (und wendet sich an große Sammlerkreise, indem die 5-Euro-Münzen ausschließlich in Kupfernickel ausgegeben werden). Denn während man sich in Italien selbst des gastronomischen Reichtums von den Alpen bis Sizilien sehr wohl bewusst ist, reduziert das Ausland italienisches Essen nur zu häufig auf Pasta und Pizza. Was für ein Fehler, wie diese Münzen uns lehren!
Die erste Münze war der Region Kampanien gewidmet und geschickt gewählt: Pizza, hier in ihrer neapolitanischen Form, gilt als das vielleicht bekannteste Gericht der Welt. Diese Ausgabe war noch mit einer Auflagenhöhe von 8.000 Stück an den Start gegangen.
Im nächsten Jahr folgten die Ausgaben zur Emilia Romagna (Tortellini!) und Sizilien (Cannolo – eine Kalorienbombe auf Sizilianisch) mit jeweils bereits 12.000 Exemplaren. Damit hatten die Italiener auf das riesige Interesse reagiert. Die Medailleurin Maria Carmela Colaneri – festangestellt an der Münze in Rom – hatte mit ihrer frischen, klaren Gestaltung und dem knackigen aber geschmackvollen Einsatz der Farbe genau ins Schwarze getroffen. 2021 ging sie in den Ruhestand und die italienische Fachpresse fragte sich beunruhigt, ob ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin das Niveau würde halten können.
Doch die Sorge war völlig unbegründet, wie sich herausstellte. Die aktuell letzten Ausgaben von 2022 hat Marta Bonifacio mit ebensolcher Klasse gestaltet wie ihre Vorgängerin. Und wie diese ist auch Bonifacio festangestellte Medailleurin am Istituto Poligrafico e Zecca dello Stato (IPZS). So heißt die Institution, die alle amtlichen Dokumente Italiens produziert, von Ausweisen bis hin zu den Alkoholbandieren. Seit 1978 ist dem IPZS auch die Münzstätte inklusive Medailleursschule eingegliedert.
2022: Lombardei und Apulien
Werfen wir einen Blick auf die beiden Neuzugänge auf der Tafel mit Italiens Köstlichkeiten. 2022 wurden je eine Region des Nordens und eine des Südens kombiniert: Lombardei und Apulien. Und wieder ist die Auflage gestiegen, auf mittlerweile 15.000 Stück.
Dem Seriencharakter entsprechend zeigt eine Seite Silhouetten und Konturen von Bauten und anderen Elementen, die typisch sind für die Region. Nur die zweite Seite hat farbige Elemente, nämlich die Protagonisten, die bekanntesten Delikatessen der Gegend.
Die Lombardei repräsentieren die Silhouetten u.a. des herzoglichen Palastes von Mantua und der Mailander Kathedrale und im Vordergrund die Zutaten des Panettone. Dieses traditionelle Weihnachtsgebäck mit kandierten Früchten sehen wir auf der anderen Seite in Farbe, angeschnitten und begleitet von einem Glas Spumante aus Franciacorta, dem Champagner Norditaliens. Die sogenannte kamunische Rose im Hintergrund ist übrigens das Symbol der Lombardei, einer der wirtschaftsstärksten Regionen Italiens.
Für Apulien stehen auf der einen Seite die Trulli, jene rundgemauerten Häuschen mit spitz zulaufenden Dächern, die ins UNESCO-Kulturerbe aufgenommen sind. Die Wellen mit dem Delfin darunter verweisen nicht nur auf den Spitzenplatz unter Urlaubszielen, den die Region an der Adria in der Beliebtheitsskala der Italiener und ausländischen Touristen einnimmt. Schon in der Antike setzten die Griechen in Tarent (das im heutigen Apulien liegt) den Delfin auf ihre Silbermünzen.
Die andere Seite dominiert ein Glas rubinroter Wein aus Primitivo-Trauben. Dahinter hängen Oliven, aus denen in Apulien erstklassiges kaltgepresstes Olivenöl hergestellt wird – DOC (di origine controllata), also aus kontrollierter Herkunft. Vor dem Altamura-Brot mit seiner knusprigen braunen Kruste liegt das vielleicht bekannteste Produkt der apulischen Küche: Orecchiette-Nudeln, die traditionell mit einer speziellen Kohlsorte serviert werden.
Viele Münzstätten geben mit Beginn einer neuen Serie einen Überblick über die geplanten Ausgaben. Anders die Italiener. Es bleibt spannend, welche Regionen folgen. Kein Zweifel besteht daran, dass die leuchtend bunten Prägungen Botschafter DOC für italienische Kultur und Lebensart sind.
Eine veränderte Kultur der Münzthemen
Wundern Sie sich eigentlich noch darüber, Nudeln und Pizza auf Münzen zu sehen? Italiens Serie ist Ausdruck für ein Verständnis von Münzthemen, das erst in den achtziger und neunziger Jahren aufgekommen ist. Zuvor hatten die „großen Figuren“ Münzen dominierten, in der Regel Männer: Politiker und Generäle, Dichter und Denker, kurz die sogenannte Hochkultur. Der profane Alltag war etwa so verpönt wie Donald Duck im Deutschunterricht. Doch mit dem Aufkommen von Münzen, die eigens für Sammler ausgegeben wurden, wandelten sich nach und nach auch die Motive: Schauspieler und Sportler, Tiere und Natur erkämpften sich ihren Platz. Auch 2022 kommt Serien wie die der italienischen Küche noch immer eine Vorreiterrolle zu. Oder können Sie sich Pinkel und Grünkohl auf Deutschlands neuer 5-Euro-Münze vorstellen und im Jahr danach Krustenbraten mit Knödeln? Deutschlands Currywurst auf einer Sammlerausgabe hat 2019 mehr Spott als Zuspruch erhalten. Wir sehen: Nicht überall überwindet man den althergebrachten Themenkatalog im gleichen Tempo und nimmt beispielsweise Essen als fundamentalen Teil der eigenen Kultur wahr, der es wert ist, ins Münzbild geholt zu werden.
Lira 2.0
Neben Innovationen prägt Tradition die anspruchsvollen Prägungen Italiens. Auch in Euro-Zeiten erinnert man sich gerne an die Lira, die die Geschichte des Landes über Jahrzehnte geprägt hat. 2021 erschien die erste Ausgabe der Serie „La riedizione della Lira“ (Die Neuausgabe der Lira). Die Medailleurin Maria Angela Cassol setzte die 1-Lira-Gestaltung von 1951 siebzig Jahre später mit aktueller Technik um, 2022 folgte die 2-Lira von 1953 mit der Biene und dem Olivenzweig.
Zum ersten Mal in Italien wählte man für diese Verneigung vor Italiens Nachkriegsmünzen die Prägequalität Reverse proof, also invertierter Spiegelglanz. Im normalen Proof-Verfahren erhebt sich ein mattiertes Relief auf glatt poliertem Grund. Hier ist es umgekehrt. Die Biene und die anderen Reliefelemente ragen in Hochglanz aus der mattierten Fläche heraus.
Für die Lira-Serie hat man auf edles Gold gesetzt und jedes Jahr gibt es die Münze einmal als 20- und einmal als 50-Euro-Münze. Diese Nominalangaben hat man unaufgeregt elegant ins historische Bild geschmuggelt.
In unserer Datenbank finden Sie die alle Münzen der Serie Cultura enogastronomica italiana. Weitere italienische Euroneuheiten finden Sie dort ebenfalls.
(Die Münze zu Apulien soll ab dem 28. Dezember verfügbar sein, die Ausgabe Lombardei ab 16. Mai 2023.)