Literaturbericht zur kleinasiatischen Münzprägung

Das Feld kleinasiatischer Prägungen in der Antike ist weit und jedes Jahr erscheint eine Fülle an neuer Forschungsliteratur. Einen Überblick wird ab 2022 das „Bulletin numismatique de l’Asie Mineure“ geben.
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Die Herausgeber der Online-Zeitschrift Gephyra (ausgedruckte Exemplare sind über den Wiener Phoibos-Verlag zu beziehen) kündigen an, dass im Mai 2022 das erste „Bulletin numismatique de l’Asie Mineure“ erscheinen wird. Es wird die numismatischen Neuerscheinungen des Jahres 2021, soweit sie Kleinasien betreffen, behandeln. Die Idee zu diesem neuen Format in der Gephyra stammt von Johannes Nollé, der zwei türkische Kollegen, den renommierten Numismatiker Oğuz Tekin und den Archäologen Koray Konuk, als gleichberechtigte Mitherausgeber gewinnen konnte.

Der französische Titel wurde gewählt, um an das bekannte wie auch renommierte „Bulletin numismatique“ von Jeanne und Louis Robert anzuknüpfen. Die Wahl des Titels soll aber auch Louis Robert und seine Verdienste um die kleinasiatische Numismatik ehren.

Das „Bulletin numismatique“ wird ähnlich strukturiert sein wie das „Bulletin épigraphique“ der Roberts. Es soll jährlich erscheinen; die verwendete Sprache wird trotz des französischen Titels Englisch sein, das mittlerweile zu einer „lingua franca“ in der numismatischen Wissenschaft geworden ist. Es wird die kleinasiatischen Münzprägungen von ihren Anfängen im Lydien des 7. Jh. v. Chr. bis hin zum Ende der Regierungszeit des Kaisers Herakleios im Jahre 641 n. Chr. ins Auge fassen. Es wird sowohl einen thematischen Teil geben, in dem etwa Elektronmünzen, hellenistische Königsprägungen, aber auch Hortfunde und Prägungen, die mit der Agonistik, mit der kleinasiatischen Religion und Wirtschaft zu tun haben, ihre Berücksichtigung finden. Diesem folgt dann ein geographisch gegliederter Teil, der die kleinasiatischen Landschaften behandelt. Es sollen gleichermaßen wichtige neue Münzen, die etwa in Auktionskatalogen des Handels erscheinen, wie auch neue Aufsätze und Bücher gelistet und ihr Inhalt kurz skizziert werden. Den Bearbeitern steht es frei, sowohl auf Verdienste als auch auf Mängel der vorgestellten Publikationen hinzuweisen.

Mit der Veröffentlichung des Bulletins werden gleich mehrere Ziele verfolgt. Das Bulletin soll allen Gelehrten, die sich für kleinasiatische Geschichte interessieren, aber keine Numismatiker sind, dabei helfen, nicht den Überblick über wichtige Entwicklungen und Ergebnisse der kleinasiatischen Numismatik zu verlieren. Nur auf diese Weise lässt sich sicherstellen, dass der Numismatik in den Altertumswissenschaften auch in Zukunft jene Rolle zukommt, die ihr gebührt. Zum anderen möchten wir auch auf die Forschungen und Veröffentlichungen der türkischen Kollegen aufmerksam machen, die oft keine Berücksichtigung in historischen und archäologischen Forschungsarbeiten finden. Selbstverständlich wird angestrebt, dass die Erforschung Kleinasiens durch das Bulletin einen weiteren Schub erfährt. Dabei kann die Zeitschrift Gephyra mit ihrem neuen Bulletin zu einem Forum des Austauschs werden. Es sei am Rande noch darauf hingewiesen, dass die Gephyra ein großes Interesse daran hat, numismatische Artikel zu veröffentlichen, besonders solche, die Kleinasien betreffen, aber auch andere, die mit der Münzprägung der griechisch-sprachigen Welt zu tun haben.

In den letzten Jahrzehnten ist auch die numismatische Literatur so angeschwollen, dass niemand mehr in der Lage ist, das skizzierte Projekt alleine durchzuführen. Selbst Jeanne und Louis Robert drohten am Ende ihrer aufopferungsvollen Arbeiten für das „Bulletin épigraphique“ der Literaturflut nicht mehr Herr zu werden. Deshalb haben Johannes Nollé und Oğuz Tekin ausgewiesene Numismatiker und Fachwissenschaftler anderer Disziplinen gebeten, bestimmte Bereich des Bulletins zu bearbeiten. Sie sind sehr stolz darauf, wie viele Kollegen sich dieser durchaus mühsamen Tätigkeit nicht verweigert und ihre Mithilfe angeboten haben. Ihre Namen und Forschungsbereiche sind nachfolgend aufgelistet. Alle Mitarbeiter des Bulletins bitten die Kollegen, die über kleinasiatische Numismatik im Jahre 2021 publizieren, den betreffenden Referenten solche Publikationen als PDF zukommen zu lassen, oder sie zumindest darüber zu informieren.

Herausgeber:

  • Johannes Nollé, Koray Konuk, Oğuz Tekin

Themenbereiche:

  • Elektronmünzen: Wolfgang Fischer-Bossert
  • Achämenidische Münzen: Wilhelm Müseler
  • Münzen der hellenistischen Herrscher: Dinçer Savaş Lenger
  • Münzen im Rahmen der Römischen Verwaltung (Cistophoren, Tetradrachmen): Florian Hayman
  • Spätantike Münzen: Hacer Sancaktar
  • Religion und Mythen: Jan Bremmer & Johannes Nollé
  • Spiele auf Münzen aus Asia Minor: Aliye Erol Özdizbay
  • Flussgötter: Reinhard Falter & Johannes Nollé
  • Anatolische Liga auf Münzen aus Asia Minor: Dieter Schürr
  • Hortfunde: Zeynep Çizmeli
  • Münzen und Wirtschaft: Stephen Mitchell
  • Gewichte: Oğuz Tekin

Regionen:

  • Thrakien (nur der europäische Teil der Türkei): Ulrike Peter
  • Bithynien, Paphlagonien, Pontos: Saskia Kerschbaum
  • Troas: Sencan Özbilge Altınoluk
  • Mysien: Bernhard Weisser
  • Aiolis: Aliye Erol Özdizbay
  • Ionien: Johannes Nollé
  • Lydien: Dane Kuhrt & Johannes Nollé
  • Phrygien: Katharina Martin
  • Karien: Fabrice Delrieux
  • Pisidien: Hüseyin Köker
  • Lykien (Prägungen der Dynasten): Wilhelm Müseler
  • Lykien (Hellenistische & Gordianische Münzen) & Pamphylien: Tolga Tek
  • Galatien & Kappadokien & Lycaonien & Euphrat Region: Johannes Nollé
  • Kilikien: Johannes Nollé & Hacer Sancaktar

 

Weitere Informationen zum „Bulletin numismatique de l’Asie Mineure“ finden Sie online.

Im Rahmen der Zeitschrift Gephyra publizierte Wilhelm Müseler 2016 das aktuelle Standartwerk zu Lykischen Münzen.

Weitere Informationen zum Herausgeber Johannes Nollé finden Sie in seinem Who is Who-Eintrag. Der Mitherausgeber Oğuz Tekin wurde 2019 mit dem Archer M. Huntington Award ausgezeichnet.

Möchten Sie in Erinnerungen an Kleinasien schwelgen, wie man es vor Corona erleben konnte? Lesen Sie (mal wieder) Ursula Kampmanns numismatisches Tagebuch ihrer Reise an die Westküste der Türkei im Jahr 2013.