Als Teil der Sammlung Beaury kommt in Künkers Frühjahrs-Auktion 386 eine hochgradig seltene Goldmedaille unter den Hammer. Sie zeigt den Mainzer Erzbischof Philipp Karl von Eltz. Warum diese prachtvolle Medaille zu 10 Dukaten entstand, darüber können wir nur mutmaßen. Vielleicht war sie als diplomatisches Gnadengeschenk für hohe Würdenträger gedacht. Was wir aber wissen: Die Medaille entstand in einem kritischen Jahr des 18. Jahrhunderts, in dessen Folgen das bisherige Kräftegleichgewicht in Europa zu zerbrechen drohte. Und Mainz geriet dabei zwischen die Fronten.
Was will der Künstler uns sagen?
Doch bleiben wir zunächst für einen Moment bei der Medaille, schließlich zeigt sie uns ein spannendes Motiv, das es näher zu betrachten lohnt. Wie viele Medaillen der Frühneuzeit zeigt sie auf der Rückseite ein Emblem; ein Bild mit einem Sinnspruch, die zusammen eine Botschaft vermitteln. Wir sehen ein stehendes Wagenrad in einer Landschaft mit Wind, Sonne und Wolken. Die Umschrift lässt sich in etwa als „In den verschiedensten Regungen immer gleichbleibend“ oder „Trotz verschiedener Lagen dasselbe“ übersetzen.
Es ist modern gedacht, wenn man glaubt, es gäbe hier eine eindeutige Aussage. Der Spaß für Zeitgenossen bestand darin, dass man solche Stücke verschieden deuten und so die eigene Gelehrsamkeit beim gemeinsamen Fachsimpeln demonstrieren konnte. Das Wagenrad macht den Unterschied: Es kann einerseits Mainz verkörpern, denn das Rad ist das Wappen des Erzbistums. (Kleiner Schönheitsfehler: Das Mainzer Rad hat eigentlich nur 6 Speichen.) Dann könnte man das Emblem so deuten: Unbeeindruckt von Wind und Wetter, von Ereignissen jeder Art, bleibt das Rad, bleibt Mainz, bleibt der Erzbischof standhaft und seinem Kurs treu. Modern könnte man auch sagen: Mainz bleibt Mainz. Gleichzeitig ist das Rad das klassische Symbol für das Schicksal, das Glück, den wechselhaften Lauf der Dinge. Das Rad der Fortuna, so sagte man schon im Mittelalter, dreht sich immerfort, wer gerade noch oben auf war, wird vielleicht morgen unter dem Rad zermalmt. Sieht man das Rad als Symbol des Schicksals, könnte der Wind, der aus den Wolken geblasen wird, auch als Lenkung durch Gott verstanden werden. Botschaft: Es ist Gott, der dieses Rad antreibt und den Kurs vorgibt, nichts anderes lenkt das Schicksal des Erzbistums.
Wahrscheinlich ist es purer Zufall, dass die hier verkündete Standhaftigkeit der Mainzer Politik noch im selben Jahr – 1740 – auf eine harte Probe gestellt wurde. In Europa braute sich ein Konflikt zusammen.
Kein Sohn im Hause Habsburg
Wie so oft in dieser Zeit ging es um die Erbfolge. Seit Jahrzehnten zeichnete sich ab, dass die Habsburger im Mannesstamm aussterben würden. Kaiser Karl VI. hatte nur Töchter. Und so setzte er alles daran, dass die anderen europäischen Mächte seine älteste Tochter mit Namen Maria Theresia als seine Erbin akzeptieren würden – und ihren Mann als Kaiser. Auch an den auf unserer Medaille abgebildeten Erzbischof von Mainz trat der Kaiser deshalb heran. Philipp Karl war schließlich nicht nur einer der Kurfürsten, die den Kaiser wählen durften. Ihm fiel das Amt des Reichserzkanzlers zu, der für die Organisation der Kaiserwahl und der Krönung verantwortlich war. Philipp Karl von Eltz unterstützte den Habsburger bei seinem Anliegen, wofür er Einiges für sich und seine Familie herausholen konnte: eine stattliche Leibrente, die Erhebung in den Reichsgrafenstand und die Möglichkeit, Ländereien im heutigen Kroatien zu erwerben.
Dann kam das Jahr 1740, in dem unsere Medaille entstand. Am 20. Oktober starb der Kaiser, und Philipp Karl als Reichserzkanzler ließ die Wahl eines Nachfolgers vorbereiten. Das sollte eigentlich Franz Stephan von Lothringen sein, der Mann von Maria Theresia. Doch es kam anders. Trotz der sorgfältigen Vorkehrungen des verstorbenen Kaisers witterten eine ganze Reihe von Staaten eine perfekte Gelegenheit, sich auf Kosten der geschwächten Habsburger zu vergrößern, indem sie Erbschaftsansprüche erhoben. Der frisch gekrönte Friedrich II. von Preußen begann seine blutige Karriere und marschierte ins österreichische Schlesien ein. Sachsen, Bayern, Spanien und Frankreich verbündeten sich gegen Habsburg – der Österreichische Erbfolgekrieg hatte begonnen. Kurfürst Karl Albrecht von Bayern nutze die Gunst der Stunde und meldete mit Unterstützung Frankreichs Ansprüche auf die Kaiserkrone an, die die Habsburger seit über 300 Jahren für sich behaupteten.
Frankreich vor den Toren
Und nun hatte Philipp Karl von Eltz in Mainz ein Problem. Sollte er wie zugesichert zu den Habsburgern und gegen den neuen Kandidaten stehen? Würde sein Kurs trotz wechselndem Lauf der Dinge unverändert bleiben, wie es unsere Medaille verkündete? Etwas sprach dagegen: Frankreich. Das expansive Königreich war schon lange eine Bedrohung für Mainz. 51 Jahre zuvor konnte Frankreich die Stadt erobern – eine Medaille aus der Auktion Künker 386 mit einer beeindruckenden Ansicht der belagerten Stadt zeugt davon. Nur wenige Jahre vor 1740 hatten französische Truppen Mainz erneut bedroht. Hier galt es vorsichtig zu agieren. Philipp Karl von Eltz versuchte zunächst zu vermitteln und trat dabei vehement für Franz Stephan ein. Aber das führte zu nichts. Waren sein Versprechen einem toten Kaiser gegenüber tatsächlich das Risiko einer französischen Invasion wert? Frankreich drohte immer unverhohlener und der Erzbischof entschied: Nein.
Fortunas Rad dreht sich
Karl Philipp von Eltz gab seine Opposition widerwillig auf und erklärte sich bereit, Karl Albrecht von Bayern zu unterstützen. Der wurde daraufhin am 14. Januar 1742 in Frankfurt zum Kaiser gekrönt – allerdings nicht vom Mainzer, wie es Tradition war, sondern vom Kölner Erzbischof. Eltz verzichtete freiwillig auf sein Privileg. Warum? Offiziell, weil der Kölner Erzbischof zufällig der Bruder des neuen Kaisers war. Vielleicht war Eltz ganz froh, seinen unfreiwilligen Kurswechsel nicht durch die Krönung krönen zu müssen. Er starb im Jahr darauf im Alter von 78 Jahren.
Fortunas Rad drehte sich derweil unerbittlich weiter, wie der frisch gekrönte Kaiser Karl VII. schnell erfahren musste. Nur zwei Tage nach seiner triumphalen Kaiserkrönung in Frankfurt marschierte Österreich in München ein. Der Kaiser musste erst einmal im Frankfurter Exil leben. Drei Jahre später war die Kaiserkrone den Wittelsbachern wieder entrissen. Und damit war der Österreichische Erbfolgekrieg noch lange nicht vorbei.
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