Reinhard Goldschmidt galt als Kenner und engagierter Sammler der badischen Numismatik. Der langjährige 1. Vorsitzende der Karlsruher Münzfreunde arbeitete viele Jahre an einem Herzensprojekt: einer Festschrift für den Verein, in der Medaillen, Marken, Abzeichen und Notgeld der Stadt Karlsruhe zusammengetragen werden sollte – ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Jeder, der sich mit diesen Objektgruppen auskennt, weiß, was das für eine Arbeit ist und wie schwer die Gebiete zu überblicken sind. Über Jahre stellte Goldschmidt eine Fülle an Material zusammen. Als er 2015 nach langer, schwerer Krankheit verstarb, war sein Buch längst nicht fertig. Dass es nun vorliegt, ist den löblichen Bemühungen seines Sohnes, Tom Goldschmidt, zu verdanken. Er brachte das Projekt über die Zielgerade, im Andenken an seinen Vater und in der Hoffnung, den Lesern einen Teil der Leidenschaft seines Vaters für diese vielfältigen und oft stiefmütterlich behandelten Bereiche der Numismatik vermitteln zu können.
In der Tat kann man nicht anders als zu staunen, wenn man durch das großformatige Buch mit seinen 271 Seiten blättert. Jede einzelne Seite ist vollgepackt mit Abbildungen, insgesamt sind es unglaubliche 1061. Darunter sind nicht nur Objektfotos, sondern auch Postkarten und Fotografien, passend zum jeweiligen Thema.
Kein Katalog, eine Festschrift
Auch wenn es so aussieht: Das, was hier vorliegt, ist kein Katalog. Im Vorwort wird ausdrücklich von einer Festschrift statt eines Kataloges geredet. Nummerierungen gibt es hier, abgesehen von der Abbildungsnummer, nicht. Der Umfang der Objektbeschreibungen variiert, abhängig davon, was Reinhard Goldschmidt noch zu Lebzeiten fertiggestellt hatte.
Was umfasst diese Festschrift? Sehr viel! Medaillen, Marken, Abzeichen, Not- und Ersatzgeld (auch in Form von Papiergeld) mit Bezug zur Stadt Karlsruhe bilden ein buntes Potpourri. Auch zeitlich ist der Rahmen weit: Von Medaillen aus dem 18. Jahrhundert bis zu Objekten des 21. Jahrhunderts findet man alles. Es tauchen Personenmedaillen und fürstliche Auszeichnungen genauso auf wie Biermarken, Faschingsorden, Medaillen auf Feuerwehrversammlungen und den Kongress der Radfahrerunion, Notgeld, Wert- und Spendenmarken.
Eine Materialsammlung für Karlsruhes Kulturgeschichte
Eine ordentliche Untergliederung von so vielschichtigem Material ist nicht einfach. Die Goldschmidts versuchen es mit einer Sortierung nach Motiven. Auf eine Einführung über die Badische Gesellschaft für Münzkunde und deren Medaillen folgen Personenmedaillen und Medaillen auf öffentliche Gebäude der Stadt. Weiter geht es mit Medaillen, Marken und Abzeichen der privaten Wirtschaft und von Organisationen, Vereinen und Veranstaltungen, Dann folgt ein Kapitel zu Geldscheinen, Wertmarken und Wegegeld. Und als wäre das Thema nicht schon groß genug, schließt am Ende ein langer Exkurs zu den numismatischen Erzeugnissen von Durlach an.
Das Resultat ist eine Zusammenstellung von vielfältigen Zeugnissen aus Karlsruhes Vergangenheit: von allgegenwärtigen Firmen, die es längst nicht mehr gibt, von Festen und Veranstaltungen, die heute vergessen sind und von Orten, die heute ganz anders aussehen. Damit kann man die Festschrift vor allem als Materialsammlung für die Kulturgeschichte der Stadt Karlsruhe sehen.
Tom Goldschmidt hat das getan, was er laut Vorwort angestrebt hat: Er hat das Vermächtnis seines Vaters zu einem Abschluss gebracht. Man merkt dem Buch die Leidenschaft seines Vaters für das Thema an. Die Fülle an zusammengetragenem Material kann sich sehen lassen und illustriert die Vielfalt der behandelten Objektgruppen. Das Buch ist für Leser, die mehr über die Kulturgeschichte Karlsruhes oder diese numismatischen Objektgruppen erfahren möchten, zu empfehlen – solange man nicht nach einem zitierbaren Katalogwerk sucht, da Satz und Inhalt diesen Anforderungen nicht gerecht werden können. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist bei 38,40 Euro für einen dicken Band mit über 1000 farbigen Abbildungen absolut in Ordnung.
Hier gelangen Sie zur Seite der Badischen Gesellschaft für Münzkunde Karlsruhe, auch als Münzfreunde Karlsruhe bekannt.
2012 berichteten wir, dass Reinhard Goldschmidt mit einer Medaille zu seinem 70. Geburtstag bedacht wurde. Diese Medaille von Victor Huster ist übrigens ebenfalls in der Festschrift abgebildet.