Münzstätten, Münzprägung und Münzwege des Mittelalters in Hessen

Christian Stoess, Roland Diry, Sebastian Steinbach (Hrsg.). Münzstätten, Münzprägung und Münzwege des Mittelalters in Hessen. Ergebnisse der Tagung Frankfurt und Hessen im monetären mittelalterlichen Transit. (Berliner Numismatische Forschungen, Neue Folge, Band 12). Battenberg Gietl Verlag, Regenstauf 2021. 592 Seiten, farbige Abbildungen. Hardcover, 21 x 29,7 cm. ISBN 978-3-86646-212-0. 78 Euro.
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Wenn man so will, handelt es sich beim vorliegenden, mächtigen Buch aus der Neuen Folge der Buchreihe Berliner Numismatische Forschungen um eine Rückkehr zu den Wurzeln. 1993 erschien der erste Band der Reihe. Damals ging es um die Ergebnisse des hochkarätigen Dannenberg-Kolloquiums 1990, einer Tagung zum deutschen Münzwesen in sächsischer und salischer Zeit. Im vergangenen Jahr wurde Band 12 der Reihe vorgelegt, erstmals wieder ein Tagungsband und ebenfalls der mittelalterlichen Numismatik gewidmet. Diesmal jedoch ist das Thema enger gesetzt: Es geht um das mittelalterliche Hessen von der Karolingerzeit bis ins 15. Jahrhundert

Wie nicht anders zu erwarten bei einem Tagungsband, präsentiert auch „Münzstätten, Münzprägung und Münzwegen des Mittelalters in Hessen“ hauptsächlich Verschriftlichungen von Vorträgen, die 2018 bei der Tagung in Frankfurt gehalten wurden. Bei diesem „Numismatisch-Geldhistorischen Gipfeltreffen“, wie die Tagung im Vorwort so schön bezeichnet wird, wurden 25 Vorträge gehalten, von denen 23 nun als zumeist erheblich erweiterte Artikel vorliegen. Zwei weitere Beiträge bringen die Gesamtzahl der Artikel auf 25, die auf fast 600 Seiten vor uns ausgebreitet werden.

Dem mittelalterlichen Geldwesen in der diesbezüglich recht komplexen Region Hessen nähern sich die Forscher aus ganz unterschiedlichen Richtungen, wie der Titel „Münzstätten, Münzprägung und Münzwege“ schon verspricht. Die Aufsätze beschäftigen sich mit Hortfunden und Geldumlauf, konkreten Münztypen und Prägestätten, mit monetären Entwicklungen und Geldpolitik. Der Fokus liegt dabei auf der Stauferzeit. Als Autoren konnte das Who is Who der Mittelalternumismatik gewonnen werden. Es reicht von der „alten Garde“ mit renommierten Namen bis zu jüngeren Kollegen, die sich ebenfalls schon einen Namen gemacht haben. (Eine vollständige Liste der Autoren und Themen folgt unterhalb.)

Obwohl nicht alle Wissenschaftler aus Deutschland kommen – es sind beispielsweise Autoren aus Estland, Schweden und Russland vertreten – liegen bis auf zwei Ausnahmen alle Aufsätze auf Deutsch vor. Internationale Forscher dürfte freuen, dass für jeden Beitrag ein englisches Abstract vorliegt.

Allein das Durchblättern des Bandes ist ein Vergnügen: Die Aufsätze strotzen nur so vor Tabellen, Karten, Katalogteilen und natürlich Münzabbildungen. Überhaupt macht der Band auch abseits des Inhalts einen durchweg sehr hochwertigen Eindruck. Als netten Bonus schließt der Band mit ein paar Fotos der Tagung, die einem nicht nur Gesichter zu den Autoren liefern, sondern auch nostalgisch Erinnerungen daran wecken, wie man sich damals im fernen Jahr 2018 vor Corona mit Kollegen treffen und austauschen konnte.

Man darf den Herausgebern Christian Stoess, Roland Diry und Sebastian Steinbach zu diesem Band gratulieren, der den aktuellen Forschungsstand zusammenträgt und der zweifelsohne in jede numismatische Bibliothek zum Mittelalter oder Hessen gehört. Sollten Sie mit diesen Themen nicht oft genug in Kontakt kommen, um sich den Band für 78 Euro in den Schrank stellen zu wollen, sollten Sie zumindest wissen, dass es dieses Werk gibt. Denn bei Fragen zur hessischen Mittelalternumismatik wird es künftig eine hervorragende erste Anlaufstation sein.

Folgende Aufsätze finden Sie im Tagungsband:

  • Frank Berger: Frühmerowingisches Münzwesen in Hessen: Das Gräberfeld von Frankfurt-Harheim
  • Simon Coupland: Das Münzwesen in der Zeit der Karolinger im zentralen Rheingebiet (Mainz)
  • Stefan Kötz: Münzumlauf in Hessen in vorstaufischer Zeit, späteres 8. bis früheres 12. Jahrhundert. Mit kommentiertem Fundkatalog
  • Peter Ilisch: Nordhessen und Ostwestfalen – Numismatische Beziehungen im 11. und frühen 12. Jahrhundert
  • Ivar Leimus: Die Fuldaer, Fritzlarer, Hersfelder und Eschweger Münzen des 11. Jahrhunderts in den estnischen Funden
  • Johannes Hartner: Geldumlauf der Stauferzeit. Eine Analyse hessischer Münzfunde (ca. 1130–1350)
  • Sebastian Steinbach: Kommerzielle Revolution und monetäre Sattelzeit – Wirtschaftshistorische Dimensionen des hessischen Transitraums der Stauferzeit (ca. 1100–1250)
  • Jan-Erik Becker: Brakteaten: Innovation und Transfer einer monetären Sonderform zwischen mitteldeutschem und hessischem Raum
  • Roger Svensson: Periodic Recoinage and Economic Development in Medieval
  • Roland Diry: TRANSIT – Die Münzprägung in „Hessen“ im 12. Jahrhundert
  • Ulrich Klein: Hessen im überregionalen Kontext des „Barbarossa-Funds“
  • Ralf Fischer zu Cramburg – Peter Henrich – Sybille Knirsch (†): Der Schatz von Leubsdorf (am Rhein) – Ein Vorbericht
  • Roland Diry: Sancta Colonia Pacis Mater – Roma Caput Mundi (SCPM – RCM). Stand der Dinge, Evaluation, Extrapolation und Katalog
  • Ralf Fischer zu Cramburg: Die Münzstätte Weilburg im Mittelalter – zugleich ein Beitrag zur Datierung des Schatzes von Nauborn
  • Christian Stoess: Die Münzstätten Kalsmunt und Wetzlar bis ca. 1190
  • Oleg Trostyanskyi – Anastasiia Trostyanskaya: Thin Pfennigs of Fritzlar of the End of the 12th Century
  • Bernd Kluge: Akkerman. Ein Münztransfer vom Schwarzen Meer im Münzkabinett der Museumslandschaft Hessen Kassel und die hessische Brakteatenprägung um 1200
  • Kirill Tschernyschow: Brakteaten des hessischen Raumes aus dem Fund von Chotin und aus der Systmatischen Sammlung der Ermitage
  • Stefan Roth: Die Kasseler Brakteaten der Landgrafen von Thüringen
  • Thomas Arnold: Miszellen zur hessischen Hohlpfennigprägung: Perlrand-Rad-Hohlpfennige, Hohlpfennige von Melsungen, Hohlpfennige von Ziegenhain
  • Hubert Emmerig: Der Kaiser, der Herr von Mainz und der Herzog. Der Münzvertrag von 1362 für die Münzstätten Lauf, Miltenberg und Amberg
  • Ulrich Klein: Mainz, Eppstein Nassau und Isenburg. Der Münzschatz von Marbach und die Anfänge der mittelalterlichen Goldprägung in Hessen
  • Konrad Schneider: Norm und reale Qualität der rheinischen Goldgulden zwischen 1400 und 1450
  • Karl Weisenstein: Die Rheinischen Kurfürsten und die Auseinandersetzungen um die Reichsmünzstätte Frankfurt (ca. 1418 bis 1440)
  • Wolfgang Dobras: Die Münzstätte Mainz als Spiegel politischer und gesellschaftlicher Umbrüche im 15. Jahrhundert

 

Zu erwerben ist das Buch über den Battenberg Gietl Verlag.

Wenn Sie wissen wollen, wie es nach dem Mittelalter mit der hessischen Münzprägung weiterging: Hier haben wir Ihnen einen ebenso umfangreichen Katalog zu den Münzen der hessischen Landgrafschaften vorgestellt.

Hier finden Sie unseren Hinweis auf die Tagung 2018.