Mythos München ’72: Wie Münzen Olympische Spiele finanzierten

Plakat zur neuen Ausstellung in der Staatlichen Münzsammlung München mit Waldi statt Olympia-Ringen. Sergio Castelli, Staatliche Münzsammlung München.
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Jeder kennt sie, viele haben sie zuhause liegen: die 10-DM-Olympiamünzen von 1972. Der weltweite Verkauf dieser Gedenkmünzen finanzierte zu einem großen Teil den Bau der Münchner Olympia-Wettkampfstätten. Die 100 Millionen verkauften Exemplare brachten 531 Millionen DM Gewinn ein. Damit ergibt sich eine bemerkenswerte Parallele zur Münzprägung der Stadt Elis für Olympia in der Antike. Deren Geld diente zur Finanzierung der Tempelbauten von Olympia. Die in kurzer Zeit und gewaltigen Mengen ausgebrachten elischen Münzen wurden weder kontinuierlich als Marktgeld ausgegeben, noch handelt es sich um Festprägungen aus Anlass der olympischen Spiele, wie in der Vergangenheit vermutet wurde. Vielmehr dienten sie zur Bezahlung des Baumaterials und Entlohnung der Arbeiter auf der „Großbaustelle“ Olympia.

Von dieser Beobachtung – damals Tempelbauten, heute Wettkampfstätten – nimmt die Ausstellung „Mythos München ‘72. Die XX. Olympischen Sommerspiele“ ihren Ausgang. Wie die Tempelbauten, vor allem der weltberühmte Zeustempel die Silhouette des antiken Olympia geprägt hat, so haben die Sommerspiele das Gesicht der bayerischen Landeshauptstadt verändert. Das S- und U-Bahnsystem wurde ausgebaut und eine Fußgängerzone zwischen Marienplatz und Stachus eingerichtet. Im Norden entstand das Olympiagelände mit Stadion, Sport- und Schwimmhalle, die durch eine einzigartige, aus Acrylglasplatten bestehende Dachkonstruktion miteinander verbunden sind. Dieses Dach erinnert an die eine Autostunde südlich von München gelegenen Berge der Alpen. Für die Münchner sind die olympischen Sommerspiele von 1972 heute nicht weniger ein Mythos als die Spiele im antiken Olympia.

In der Ausstellung werden antike olympische Zeugnisse auf spielerische Weise Objekten der XX. Sommerspiele in München gegenübergestellt, zu allerster die Münzen von Elis/Olympia den modernen 10-DM-Gedenkmünzen. Ein Schwerpunkt der Schau liegt auf den nicht-realisierten Künstlerentwürfen zu diesen Münzen, die in Form von Zeichnungen, Gipsen und Arbeitsphotos erstmals in größerem Umfang präsentiert werden. Bei deren Betrachtung ergibt sich unwillkürlich die Frage, warum die Preisjurys einen Entwurf favorisierten, andere aber verwarfen.

Unterschiede, aber auch Gemeinsamkeiten gilt es zu entdecken, wenn man alte Grabungspläne des Kaiserlich Deutschen Archäologischen Instituts von Olympia mit dem dreidimensionalen Modell des Münchner Olympiageländes vergleicht, oder Körperbilder antiker Sportler auf Vasen, den Athleten auf den legendären, von Otl Aicher gestalteten, poppigen Olympiaplakaten gegenüberstellt. War in antiker Zeit der berühmteste Olympionike Kaiser Nero, der im Herbst 66 n. Chr. nach Griechenland reiste, um in Olympia mit einem Zehngespann anzutreten, so war 1972 der Schwimmer Mark Spitz die Sensation der Spiele. Er errang sieben Goldmedaillen. In der Ausstellung gezeigt wird der Originalmeldebogen von Mark the Shark, auf dem in der Rubrik „Hobby:“ „Swimming“ angegeben wird. Witzig. Die Zeitschrift „Bravo“ brachte ab November den Superathleten aus Kalifornien als „Starschnitt“. Dafür hätte Nero nicht getaugt.

Die Ausstellung kann in der Staatlichen Münzsammlung in München, Residenzstr. 1 (Odeonsplatz), bis zum 16. Oktober 2022 besucht werden. Sie ist von Dienstags bis Sonntags von 10-17 Uhr geöffnet.

 

Weitere Informationen zur Ausstellung finden Sie auf der Website der Staatlichen Münzsammlung München.

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