Vom Tod und seinen Münzen

Franz Kirchweger u.a. (Hrsg.), In Hoc Precioso Monomento. Die Bestattung Kaiser Friedrichs III. im Wiener Stephansdom. Schriften des Kunsthistorischen Museums 20. Verlag Holzhausen, Wien 2019. 288 S., farbige Abbildungen. Hardcover, 24,2 x 28,1 cm. ISBN: 978-3-9032-0748-6. 40 Euro.
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Beerdigungen: Wir bringen sie heute schnell hinter uns. Ein paar rührende Worte, viele Tränen und eine Grabstätte, die möglichst wenig kostet. Wie fremd ist unserer Zeit das Gepränge, das während der frühen Neuzeit zu Ehren des Verstorbenen entfaltet wurde. Und doch sind die Begräbnisse zentral, wenn wir einen Blick ins Denken unserer Vorfahren werfen wollen.

Kaiser Friedrich III. und sein Grab

Für all diejenigen, die diesen Aspekt der Vergangenheit zu verstehen suchen, hat das Kunsthistorische Museum Wien in Zusammenarbeit mit der Dombauhütte St. Stephan einen opulent bebilderten Band vorgelegt, der sich mit Grab, Grabmal und Grabzeremoniell des Kaisers Friedrich III. (*1415, +1493) beschäftigt. Bestechend daran ist der fachübergreifende Ansatz: Rekonstruiert wird eben nicht nur das Kunstwerk, sondern auch das Grabzeremoniell in dessen Mittelpunkt es einst stand.

Ein Tod und vier Bestattungen

Friedrich starb am 19. August 1493 in Linz. Sein Sohn Maximilian erfuhr davon am 22. August in Schwaz. August! Natürlich war es heiß, und natürlich musste man etwas unternehmen: Also wurde der Leichnam Friedrichs einbalsamiert und die dabei entnommenen Innereien in der Linzer Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt beigesetzt. Der einbalsamierte Leichnam wurde in einen Bleisarg gelegt und offen in derselben Kirche aufgebahrt, ehe man den inzwischen geschlossenen Sarg – dank des heißen Wetters war der Kaiser nicht mehr präsentabel – auf ein Donauschiff brachte und nach Wien transportierte.

Am 27. August 1493 traf der Sarg im Wiener Stephansdom ein. Am nächsten Tag brachte man ihn – natürlich wieder begleitet von allerlei Zeremonien – in der Herzogsgruft unter, ehe er am 6. und 7. Dezember 1493 in Anwesenheit seines Sohnes endgültig bestattet wurde.

Was übrigens nicht bedeutet, dass der Leichnam dort auch verblieb. Maximilian schien das Grab seines Vaters viel zu bescheiden und seinem eigenen Ruhm nicht annähernd angemessen. Deshalb wurde ein prächtiges Renaissance-Grabmal erbaut, in dem Friedrich nach der Fertigstellung im Jahr 1513 endgültig die letzte Ruhe fand.

Archäologische und literarische Überlieferung

Das Besondere an der (letzten) Beisetzung Friedrichs III. ist die Tatsache, dass in diesem Fall der archäologische Befund mit der reichlich fließenden Überlieferung der Renaissance in Verbindung gebracht werden konnte. Es gibt eine Fülle von schriftlichen Darstellungen des Geschehenen, und zwar offiziell und privat, dazu zahlreiche Zeichnungen, Holzschnitte und anderen Kunstwerke. Sie gewähren einen Blick auf das Geschehen während des Zeremoniells, und hier wird es für die Numismatik interessant, denn Auswurfmünzen waren ein Bestandteil des Rituals.

Sie sind deutlich auf Tafel 18 zu sehen. Und von diesem Foto der Gruft erfahren wir, dass nicht nur die Besucher die Gepräge erhielten. Auch dem Toten wurden Auswurfmünzen mit ins Grab gegeben. Heinz Winter widmet den Auswurfmünzen Friedrichs III. einen 15seitigen Aufsatz.

Die Auswurfprägung

Dank der schriftlichen Überlieferung kennt Heinz Winter die Hintergründe der Entstehung dieser Auswurfmünzen sehr genau. Sie wurden übrigens erst für die endgültige Bestattung im Jahr 1513 geprägt. Auf den Leser dürfte vor allem die Tatsache lustig wirken, dass selbst ein allmächtiger Kaiser manchmal auf Handwerker warten musste: Die von Maximilian angeforderten Stempelschneider Ulrich Ursentaler und Bernhard Beheim kamen nämlich trotz seines eindeutigen Befehls nicht nach Augsburg. Die Oberen der Haller Münzstätte entschieden, dass man sie nicht entbehren könne. Die Münzen wurden also ohne die direkten Ordres des Kaisers produziert. Der war trotzdem mit ihnen zufrieden, als sie am 18. Oktober 1513 in Wien geliefert wurden.

Heinz Winter erläutert, wer diese Münzen unters Volk warf, und wer darüber berichtete. Er stellt die beiden Typen vor und präsentiert die wichtigsten Quellen zur Produktion der Stücke in Übersetzung.

Und dann können wir ihre Funktion in den Augenzeugenberichten einiger wichtiger Humanisten weiter verfolgen, so zum Beispiel bei dem St. Galler Joachim von Watt, auch bekannt als Vadianus. Er bildete diese Stücke nicht nur ab, sondern schrieb auch darüber: „Da staunte das Volk über nie zuvor Gesehenes, nie Gehörtes und war beglückt, denn überall fingen sie Geschenke von Silberstücken auf, das Antlitz des teuren Fürsten: Münzen wurden weithin ausgeworfen mit dem Bild des Kaisers. Das war ein Jubel, wie ihn einst die Paläste Roms erlebten, doch ohne Frivolität, ohne Scherz oder Lachen, oder nur vorgetäuscht in Worthülsen einer verstellten Zunge. Das Abbild des Kaisers, das über die ganze Stadt verteilt wurde, riss alle, die es betrachteten, zur Freude hin und das erhabene Antlitz auf der Münze war ihnen lieber als Gold.“

Das mag man durchaus bezweifeln. Doch für die Rezensentin gilt in diesem Falle, dass die numismatischen Ausführungen ihr zwar wichtig, noch wichtiger aber der Kontext ist. Wer begreifen will, welche Rolle Auswurfmünzen und Sterbetaler in der frühen Neuzeit spielten, der muss sich das gesamte damalige Begräbniszeremoniell vergegenwärtigen! Und selten gibt es dazu eine bessere Gelegenheit, als dieses gelungene Buch, das sowohl dem professionellen Historiker als auch einem interessierten Laien seine Fülle an interessanten Details auf unterhaltsame und fundierte Weise vermittelt.

 

Kaufen können Sie die Publikation für bescheidene 40 Euro im Museumsshop des Kunsthistorischen Museums, der auch digital verfügbar ist oder direkt auf der Verlagsseite.

Der ORF hat einen Beitrag zur Öffnung des Grabes Friedrichs III. veröffentlicht.