Vor gut zwei Jahren berichtete Wilhelm Müseler in der Münzenwoche von einer ganz ungewöhnlichen Schenkung: Der Würzburger Kunstfreund Herbert Wellhöfer überließ dem Martin von Wagner Museum, dem Museum der Universität Würzburg, seine mit Hingabe angelegte Sammlung griechischer Münzen. W. Müseler schloss dabei vollmundig mit der Bemerkung: „Mit der Wellhöfer-Stiftung ist das Würzburger Kabinett nun aber auch numismatisch von der Kreisliga direkt in die 1. Bundesliga katapultiert worden und kann der Öffentlichkeit hier künftig einen Bestand von höchstem Niveau präsentieren.“ Nach zwei Jahren ist es höchste Zeit einmal Revue passieren zu lassen: Was hat sich in Würzburg inzwischen getan, oder vielmehr: Ist der Aufstieg gelungen?
Wie zerronnen, so gewonnen: Eine bewegte Sammlungsgeschichte
Zunächst ein Rückblick: Dass Würzburg in einer numismatischen Kreisklasse spielte, ist keinesfalls selbstverständlich. Einstmals tummelten sich mehrere Zehntausende numismatische Objekte – Münzen, Medaillen und Abgüsse – im Martin von Wagner Museum. Vornehmlich neuzeitliche Gepräge standen im Fokus: Die Universität erhob ihre Münzsammlung 1834 sogar zu einem Attribut, d.h. zu einer Forschungssammlung mit eigenem Ankaufsbudget und Konservator. Dies ist für eine Universität durchaus eine Seltenheit. Doch von der großen Sammlung sind heute nur noch klägliche Reste erhalten. Das Münzkabinett (samt seinen Inventarbüchern) verbrannte mit der Alten Universität im Zweiten Weltkrieg beim britischen Luftangriff im Frühjahr 1945.
Nach dem Krieg bestand vorerst kein Bedarf an einem Münzkabinett. Schließlich mussten sich die Stadt und die Universität vom Krieg erholen – Würzburg war immerhin so stark vom Krieg in Mitleidenschaft gezogen worden, dass ernstliche Überlegungen angestellt wurden, die Stadt an anderer Stelle neu zu gründen. „Erst“ 1963 wurde das Martin von Wagner Museum neu gegründet, nun im Südflügel des Residenzschlosses beheimatet. Der damalige Direktor des Museums, Hans Möbius, bemerkte bei der Eröffnungsrede: „Das Sammeln der Münzen überlassen wir nunmehr, vor allem soweit es das Fürstbistum betrifft, dem Mainfränkischen Museum.“ Dies ist durchaus verständlich, schließlich lagen die Stärken des Hauses in anderen Bereichen, wie in der weltberühmten Sammlung griechischer Vasen. Dass sich überhaupt Münzen in Würzburg befinden ist der Tatkraft und der Freigiebigkeit einzelner Donatoren zu verdanken, allen voran freilich Herbert Wellhöfer, dessen Sammlung Wilhelm Müseler bereits vorstellte, und dem Histologen Walter Schmidt.
Klasse statt Masse!
Dank der Wellhöferschen Schenkung beherbergt das Martin von Wagner Museum eine kleine, aber feine Auswahl an Meisterwerken der antiken Stempelschneiderkunst. Diese gilt es der Öffentlichkeit wie der Forschung gleichermaßen vorzulegen. Die Neuaufstellung des Münzkabinetts ruht auf zwei Säulen:
Nomisma: Das digitale Münzkabinett des Martin von Wagner Museums
Zum einen wurde der Bestand des Münzkabinetts umfassend publiziert. Die Universität Würzburg ist Teil des „Netzwerk universitärer Münzsammlungen in Deutschland“ (NUMiD), das vor wenigen Jahren ins Leben gerufen wurde und die vielen Kabinette an deutschen Universitäten sichtbar machen soll (mehr dazu können sie hier erfahren). Würzburg nutzt im Rahmen des Projekts die Architektur des Berliner Münzkabinetts IKMK (Interaktives Münzkabinett). Hochauflösende Bilder können so mit präzisen numismatischen Beschreibungen verknüpft werden. Nomisma, der Würzburger Beitrag dieser Digitalisierungsoffensive, stellt inzwischen das gesamte Münzkabinett digital zur Verfügung und lädt mit seiner ikonographischen Suchmöglichkeit zum Stöbern und Entdecken ein.
Die Dauerausstellung
Zum anderen wurde die Münzsammlung erstmals seit dem Krieg wieder in die Dauerausstellung des Museums integriert. Leidvoll weiß jede/r Numismatiker/in, wie schwierig es ist, Münzen und Medaillen angemessen in Vitrinen zu präsentieren. Schnell übergeht der Museumsbesucher die kleinen, hinter Glas gebannten Metallstücke, die man doch lieber in die Hand nehmen möchte. Nicht-Spezialisten lassen sich zudem nur selten von geldgeschichtlichen Winkelzügen begeistern – und Münzen allein zur Illustration von Herrscherreihen zu verwenden, ginge doch arg am Potential der Gepräge vorbei. Das Martin von Wagner Museum möchte in seiner Neupräsentation des Münzkabinetts vor allem die reiche Bilderwelt der griechischen Münzen zu Wort kommen lassen. Halbjährlich werden je vier Themen präsentiert, die sich der Frage nach den Mechanismen dieser Bilder widmen.
Die multimedialen Vitrinen erlauben in konzentrierter Kabinettsatmosphäre eine leichte Annäherung an das Münzmaterial. Es erwartet in den Vitrinen keine Überfülle, die mehr abschreckt als verführt, sondern eine handverlesene Auswahl an Geprägen. Und Hinsehen lohnt sich bei jeder einzelnen Münze! Beim Entdecken helfen indes integrierte Tablets, die die wichtigsten technischen Daten und eine kurze Beschreibung zur Verfügung stellen. Die Münzen sind dabei nicht mit langen Erläuterungen versehen, sondern warten mit prägnanten Sinnsprüchen auf, die zum Sehen und Denken reizen sollen.
Ob Würzburg nun mit diesen Bemühungen von der Kreisklasse in die Bundesliga aufgestiegen ist? Davon darf sich der Besucher der Ausstellung und der Datenbank Nomisma selbst überzeugen lassen!
Weitere Informationen finden sie auf der Webseite des Martin von Wagner Museums.
Natürlich können Sie auch von zuhause aus auf das digitale Münzkabinett Nomisma zugreifen.
Noch mehr Münzsammlungen können Sie online auf den Seiten des NUMiD-Verbundes einsehen.