Die Top Five der Künker Herbst-Auktionen
Der Saal war voll im Steigenberger Hotel Remarque, und zwar vom Beginn bis zum letzten Tag. Mehr als 300 Bieter kamen persönlich, um an den Auktionen teilzunehmen. Denn eine Künker-Auktion ist immer noch ein gesellschaftliches Ereignis mit Auktionsessen und der Gelegenheit, sich mit Gleichgesinnten aus aller Welt auszutauschen. Natürlich gab es auch noch viele Telefonbieter: bis zu zwölf Telefone gleichzeitig bei einem Los! Kein Wunder, dass die Gesamtschätzung von rund 7 Mio. Euro auf beeindruckende 11 Mio. Euro kletterte.
Wir präsentieren Ihnen die Top Five der Auktionswoche – und als Sonderservice die Top Five der diesmal besonders interessanten griechischen Münzen.
Und damit niemand sagen kann, Münzsammeln sei ausschließlich etwas für Reiche, stellen wir Ihnen eine interessante griechische Münze zum Taschengeld-Preis vor.
Platz 5:
Auf Platz fünf kam mit einem Ergebnis von 85.000 Euro ein russischer Familienrubel von Nikolaus I., von dem 1836/7 nur 150 Exemplare in St. Petersburg geprägt wurden. Das ist ein verhältnismäßig günstiger Preis für dieses großartige Stück, das zusammen mit den bayerischen Geschichtstalern am Beginn der modernen Gedenkmünzenprägung steht.
Natürlich gab es auch schon vorher Münzen, die an herausragende Ereignisse erinnerten. Aber diese wurden als Geschenke für einen elitären Kreis benutzt und zeremoniell zu bestimmten Anlässen verteilt. Ludwig I. von Bayern und Zar Nikolaus I. von Russland waren die ersten, die Münzen einsetzten, um in ihrem Volk Loyalität zu stiften und eine „nationale“ Identität zu schaffen. Eine Dynastie wie die der Wittelsbacher und der Romanows galt damals durchaus noch als ein zur Identifikation geeignetes Thema.
Während die bayerischen Geschichtstaler in die Massenprägung umgesetzt wurden, blieb der russische Familienrubel eine Probe. Als einzige zeitgenössische Münze, die das Porträt des Zaren trägt, der in Russland die Leibeigenschaft abschaffte, ist er ein Highlight für jede Sammlung russischer Münzen.
Platz 4:
Schon in der Künker Sommer-Auktion 2019 brachte ein doppelter Reichstaler von Christian I. Ludwig von Mecklenburg einen hohen Preis. Mit 80.000 Euro landete er auf Platz 7 der Top Ten. Nun wird er von einem dicken doppelten Reichstaler desselben Fürsten aus dem Jahr 1681 überholt. Kein Wunder: Dieser Doppeltaler ist nicht nur äußerst selten, eindrucksvoll und herausragend erhalten, sondern sein Auftraggeber besitzt auch noch eine großartige Geschichte, die sich wunderbar für einen Roman eignen würde:
Der in Geldnot steckende Christian I. heiratete mit 26 Jahren eine fast neun Jahre ältere Frau, die ihm einen ordentlichen Besitz in die Ehe brachte. Den riss sich Christian unter den Nagel. Und als ihn seine Frau verließ, um ihn zur Herausgabe der Güter zu zwingen, ließ er sich kurzerhand wegen bösartigem Verlassens von ihr scheiden.
Allerdings gelang es ihm nicht, diese Scheidung im Reich durchzusetzen. Aus diesem Grund ging der Mecklenburger nach Frankreich, konvertierte zum Katholizismus, fügte seinem Namen den seines Paten Ludwigs XIV. hinzu und freute sich darüber, dass eben dieser Pate durchsetzte, dass die Sorbonne seine Scheidung für juristisch einwandfrei erklärte und der Papst zusätzlich die Ehe annullierte.
Damit war Christian I. Ludwig frei wieder zu heiraten. Diesmal entschied er sich für die hübsche Witwe Isabelle Angélique de Montmorency. Die war intelligent genug, einen Ehevertrag zu verlangen. Sie begleitete ihren Mann nach Mecklenburg und setzte ihm dort nach der galanten Manier des Rokoko allerliebste Hörner auf. Christian schickte sie zurück nach Frankreich. Doch sie kam wieder: als Diplomatin im Dienste Ludwigs XIV. gewann sie die Welfen als Bündnispartner.
1681, in dem Jahr, in dem Christian Ludwig seinen doppelten Reichstaler prägen ließ, endete die Karriere seiner Gemahlin Isabelle. Sie bekam die Pocken. Eine pockennarbige Frau war als charmante Diplomatin ungeeignet. Sie kehrte nach Paris zurück, um getrennt von ihrem Mecklenburger Gatten Kunst zu sammeln und ihre Nichten reich zu verheiraten.
Platz 3:
Und wenn wir schon bei den Ehefrauen sind: Auch über Albrecht von Wallenstein, dessen überaus seltener Halbtaler aus dem Jahr 1628 von 10.000 auf unerwartete 120.000 Euro stieg und so Platz 3 unserer Top 5 erreichte, können wir in dieser Hinsicht Interessantes berichten: Er hatte nämlich mit seiner zweiten Frau Isabella von Harrach, die der damals 40jährige im Jahr 1622 heiratete, Glück. Diese war nicht nur hübsch, sondern auch in ihren Mann verliebt. Jedenfalls lassen ihre Briefe diesen Schluss zu.
Intelligent dagegen war sie wohl eher nicht. Bereits einen Tag vor(!) dem Mord an ihrem Ehemann im Jahr 1634 schrieb sie an den Kaiser, dass ihr die Herrschaften Neuschloß, Weißwasser und Hirschberg als Privatbesitz zustünden und sofort übergeben werden müssten. Nach dem Mord forderte sie vom Kaiser 300.000 Dukaten als Einmalzahlung und 12.000 Dukaten zum jährlichen Unterhalt. Selbst wenn der Kaiser das Geld gehabt hätte, hätte er wahrscheinlich Besseres damit zu tun gewusst, als das Luxusleben einer verwöhnten jungen Frau zu finanzieren. Doch immerhin war Isabella die Schwester des Erzbischofs von Prag, Kardinal Ernst Adalbert von Harrach, und so erhielt sie 1636 die Herrschaften Neuschloß und Böhmisch-Leipa – aus christlicher Milde(!).
Platz 2:
260.000 Euro realisierte ein Original der Medaille, die von der Reichsstadt Nürnberg als Geschenk für den neu gewählten König Karl V. anlässlich seines geplanten Einzugs in Nürnberg in Auftrag gegeben wurde. Damit erreichte das Stück Platz 2 unserer Top 5.
Albrecht Dürer entwarf in höchsteigener Person das Design des Stempels, Hans Krafft führte Stempel und Prägung aus. Zu ihrer Zeit galt die Medaille wegen ihres beeindruckenden Gewichts von rund 200 g als ein Wunderwerk der Prägetechnik.
Diese Medaille ist eines von nur vier auf dem freien Markt erhältlichen Originalen, was den hohen Zuschlagspreis erklärt. 1521 wurde 167 Exemplare davon angefertigt, die meisten davon ließ man später einschmelzen, weil Karl V. gar nicht nach Nürnberg kam: Die Pest war ausgebrochen und der Reichstag nach Worms verlegt worden.
Bitte verwechseln Sie dieses Exemplar nicht mit den gar nicht so seltenen, späteren Abgüssen, die davon angefertigt wurden. Schließlich galt die Medaille schon den Sammlern des Barock als erstrebenswertes Kunstobjekt. Die Abgüsse werden wesentlich günstiger gehandelt. Aber wenn dann doch eines der Originale auf den Markt kommt, ist der Zuschlag dementsprechend.
Platz 1:
And the winner is….. keine Münze, sondern ein Orden, und zwar ein Kollanen-Set des kaiserlichen Ordens des hl. Apostels Andreas des Erstberufenen, das mit 280.000 Euro zugeschlagen wurde.
Gestiftet wurde dieser Orden von Peter I., und zwar für Verdienste im Großen Türkenkrieg. Auch nachdem der beendet war, blieb er der höchste Orden des Zarenreichs und wurde nur selten verliehen. Peter I. zeichnete 39 Männer damit aus. Insgesamt erhielten ihn zwischen 1699 und 1917 1.060 Männer und Frauen, oft aus dem Hochadel.
Dank der Punzierung lässt sich die Herstellung des Ordens exakt in die Jahre zwischen 1908 und 1917 datieren. In diesem Zeitraum wurden nur 47 Verleihungen vorgenommen, wobei zumeist von den Familien verstorbener Ordensträger zurückgegebene Insignien verliehen wurden. Deshalb ist das mit 280.000 Euro zugeschlagene Kollanen-Set wesentlich seltener als Insignien dieses Ordens aus anderen Epochen. Wir wissen nicht, wessen Exemplar hier vorliegt, aber wir dürfen ruhig unsere Phantasie schweifen lassen. Schließlich gehörten Männer und Frauen aus den höchsten Kreisen zu den Ausgezeichneten, so der italienische und der portugiesische König, der japanische Kaiser Hirohito und Prinz Eduard, der als Eduard VIII. den englischen Thron innehaben sollte, ehe er ihn für die Amerikanerin Wallis Simpson aufgab.
Griechen
Die Auktion Künker 326 enthielt eine phantastische Sammlung von den schönsten griechischen Prägungen, viele davon mit ausgezeichneten Provenienzen. Kein Wunder, dass aus der ganzen Welt Händler und Sammler angereist waren, um mitzubieten und vielleicht das eine oder andere Stück für sich zu erobern. Und so konnten sich die Preise durchaus sehen lassen.
Platz 4 (zweimal vergeben):
Gleich zweimal müssen wir Platz 4 der Top 5 vergeben. Gemeinsam haben die beiden Gewinner, die mit je 30.000 Euro zugeschlagen wurden, dass sie aus der Epoche der griechischen Archaik stammen.
Aber hier enden schon die Ähnlichkeiten. Während der Stater des lukanischen Poseidonia von feinstem Stil und delikatem Stempelschnitt ist, beeindruckt die schwere Oktodrachme aus dem thrakischen Abdera eher durch ihre eindrucksvolle Schlichtheit. Und das macht Sinn. Denn die schwergewichtigen Prägungen aus Nordgriechenland dienten dazu, als genormtes Handelsgut in den gesamten Mittelmeerraum exportiert zu werden. Da war es nicht wichtig, ein großartiges und kompliziertes Münzbild aufzuweisen. Ihr Schicksal würde es sowieso sein, irgendwann eingeschmolzen zu werden. Der Stater aus Poseidonia dagegen war eine Handelsmünze, die nicht nur in Poseidonia, sondern auch in anderen Städten wie Kroton, Metapont und Sybaris umlaufen konnte. Alle Städte prägten nach demselben Münzfuß in derselben Technik, aber mit unterschiedlichen Münzbildern. Wahrscheinlich gab es auch einen Vertrag, in dem die Details von Prägung und Kontrolle genau festgelegt waren, wie wir das für eine andere Währungsunion, die zwischen Phokaia und Mytilene, kennen. Auf jeden Fall prägte Poseidonia nur sehr selten, so dass der prächtige Poseidon mit seinem mächtigen Dreizack zu den Raritäten der inkusen Prägung gehört.
Platz 3:
Platz 3 erreichte mit einem Zuschlag von 38.000 Euro eine Tetradrachme aus Gela, und das obwohl ihre Erhaltung „nur“ mit „min. korrodiert, sehr schön“ beschrieben war. Grund dafür ist die Tatsache, dass der Kopf des jugendlichen Flussgottes, der auf der Rückseite zu sehen ist, als einer der schönsten der gesamten sizilischen Münzprägung gilt.
Nur wenige Stücke dieses Typs haben sich erhalten, und so musste derjenige, der dieses einzigartige Kunstwerk für seine Sammlung erwerben wollte, eben mit „min. korrodiert, sehr schön“ Vorlieb nehmen.
Übrigens, wenn Sie wirklich verstehen wollen, wie großartig der Graveur war, der die Münze schuf, dann achten Sie einmal nicht auf den Kopf, sondern auf die drei Fische. Die Lebendigkeit, mit der sie einmal von unten, einmal von oben und einmal von der Seite gezeigt sind, ist selbst für die begnadeten Stempelschneider Siziliens eine Höchstleistung!
Platz 2:
Fast genauso selten wie der jugendliche Flussgott von Gela ist der großartige Herakles-Kopf, der diese Tetradrachme von Kamarina schmückt. Die Münze erzielte 40.000 Euro und damit den zweithöchsten Preis unter den griechischen Münzen. Achten Sie darauf, wie realistisch der Kopf des Mannes gestaltet ist. Man meint fast, man habe ein Porträt vor sich, so detailliert sind Gesicht und Bart gestaltet. Nicht umsonst gelten die griechischen Münzen als die schönsten der ganzen Münzgeschichte.
Platz 1:
Es war nicht nur ihre Schönheit, die eine Tetradrachme des Alexander I. von Makedonien zum Gewinner in unserem kleinen Preisrennen machte. 42.000 Euro war dem siegreichen Bieter das Stück wert. Er wusste die archaische Schlichtheit der Ziegenprotome zu schätzen. Auch der Pferdekopf auf der Vorderseite ist ein Meisterwerk. Sehen Sie sich die berühmten Elgin Marbles im British Museum an: Sie werden genau solche Pferdeköpfe darauf finden.
Fast noch wichtiger für den Preis als diese ästhetischen Qualitäten war die Provenienz des Stücks. Jede Münze, die einst in der Sammlung Gillet – besser bekannt als „Kunstfreund“ – lag, bringt heute wesentlich mehr als gleich erhaltene Stücke desselben Stempels. Bis ins Jahr 1904 lässt sich die Provenienz unserer Münze verfolgen. Und das war der Grund, warum sie zur teuersten griechischen Münze der Auktion wurde.
Außer Konkurrenz:
Nein, Sie müssen keine 42.000 Euro ausgeben, um eine großartige griechische Münze zu erwerben. 60 Euro genügen. Als Beispiel möchten wir Ihnen diese kleine Bronze der Stadt Larissa Kremaste vorstellen.
Larissa Kremaste galt in der Antike als Heimat der Myrmidonen mit ihren schwarzen Rüstungen und Schilden. Sie spielten bei der Eroberung Trojas eine entscheidende Rolle – und darauf war man in Larissa Kremaste ziemlich stolz. So stolz, dass man selbstverständlich davon ausging, dass auch ihr Anführer, der große griechische Heros Achilles, hier geboren sein müsse. Und so ist der Kopf des Achilles auf der Vorderseite der Münze abgebildet.
Die Rückseite zeigt seine Mutter Thetis, die Nereide, die dementsprechend auf einem Meeresungeheuer, dem Ketos, reitet. Sie bringt einen großen Schild herbei, jenen Schild, den Hephaistos für ihren Sohn schmiedete. Warum jener Schild so prominent auf der Münze zu sehen ist und nicht die Beinschienen, der Helm und was ein Hoplit sonst so alles brauchte? Nun, Homer widmete dem Schild in seiner Ilias über 150 Verse! Die anderen Waffen handelte er dagegen in ein paar Zeilen ab.
Das Münzbild setzt also eine intime Kenntnis der Ilias voraus – und die war für gebildete und ungebildete Griechen des 3. Jahrhunderts v. Chr. selbstverständlich.
Sie sehen, jede Münze bietet neue Einblicke in die Kultur, der sie entstammt, und das ob sie 60 Euro oder 42.000 Euro gekostet hat!
Alle Ergebnisse finden Sie auf der Website von Künker.
Die Künker Berlin-Auktion findet am 30. Januar 2020 statt. Der Katalog dazu kann bestellt werden bei Künker, Nobbenburgerstr. 4a, 49 076 Osnabrück; Tel: 0541 / 96 20 20; Fax: 0541 / 96 20 222; oder über E-Mail. Unter dieser Telefonnummer können Sie auch einen Termin vereinbaren, wenn Sie an einer Einlieferung interessiert sind.