Die Top-Five der Künker Herbst-Auktionen
Das Osnabrücker Auktionshaus Künker kann sich über das höchste Gesamtergebnis seiner Geschichte freuen. Die Lose der Künker Herbst-Auktionen erzielten insgesamt über 14 Mio. Euro, also fast das Doppelte der Schätzung von 7,4 Mio. Euro. Besonders bemerkenswert daran ist, dass fast durchgängig alle Münzen und Medaillen beeindruckende Steigerungen erlebten. So legten die angebotenen Spezialsammlungen gegenüber der Schätzung durchschnittlich über 40 % zu. Besonders erfreulich war das Ergebnis der Auktion 340 „Gold Treasure“. Sie realisierte gesamthaft über 7 Mio. Euro bei einer Schätzung von 3,2 Mio. Euro. Außerdem erwies sich wieder einmal, dass amerikanisches Gold immer für eine Überraschung gut ist. Die großen Raritäten kletterten im Durchschnitt bis auf das Vierfache ihrer Schätzung. In diesem Nachbericht werden Ihnen die Top-Five der Herbst-Auktionen vorgestellt, dazu die Überraschung der Auktion und eine historisch spannende Marke, die für ein Taschengeld zu haben war. Denn das ist doch das Schöne am Münzensammeln: es macht Spaß und ist ein echter Gewinn, egal ob man hundert, tausend oder hunderttausend Euro investiert.
Platz 5
Man muss mit US-amerikanischen Münzen vertraut sein, um zu verstehen, warum dieses doch sehr unauffällige 10 Dollar-Stück, geprägt 1865 in San Francisco, von seiner Schätzung mit 15.000 Euro auf 90.000 Euro, also das Sechsfache, kletterte. Damit wurde es zur fünftteuersten Münze der Auktion. Weder die Ästhetik noch der historische Hintergrund spielten dabei eine Rolle. Die Seltenheit? Nun, die Prägezahl für diesen Jahrgang des Nominals ist mit 16.700 Stück eigentlich gar nicht so gering. In der Künker-Auktion „Gold Treasures“ konnten aus demselben Jahr gleich fünf Beispiele angeboten werden, was einen interessanten Preisvergleich ermöglicht. Der Grund für das hohe Ergebnis? Weder PCGS noch NGC hatten jemals ein Stück mit einem höheren Grade als dem hier vorliegenden MS61 bewertet. Und das genügte, um einen Bieterwettstreit auszulösen. Die gleichen Münzen mit Grades zwischen AU50 und AU55 brachten Preise zwischen 13.000 und 17.000 Euro.
Platz 3
Dieser prachtvolle Goldabschlag zu 5 Dukaten aus den Stempeln des Nürnberger Reichstalers von 1698 landete mit einem Zuschlag von 95.000 Euro auf Platz 3 der kleinen Rangliste – zusammen mit einem uniken Taler aus Bentheim, der Ihnen anschließend vorgestellt wird. Platz 4 fällt also aus. Die eindrucksvolle Goldmünze, die der amerikanische Grading Service NGC mit MS61 bewertete, zeigt eine prachtvolle Stadtansicht auf der einen, die Göttin Pax auf der anderen Seite. Die Umschrift lautet in Übersetzung: Der heiß ersehnte göttliche Frieden kommt als ein Geschenk des Himmels.
Man bringt diese Inschrift traditionell mit der Jahrfeier des Friedens von Rijswijk zusammen, mit dem 1697 der Pfälzische Erbfolgekrieg endete. Nun darf man sich durchaus fragen, welche Bedeutung dieser internationale Konflikt um das Erbe des kinderlos verstorbenen Pfalzgrafen für die Reichsstadt Nürnberg hatte. Schließlich lagen die Schauplätze des Krieges vor allem in den Niederlanden, Italien, Spanien und der deutschen Pfalz – das Schloss von Heidelberg wurde damals zerstört. Natürlich war Nürnberg als Teil des Reichs, der mit Truppen und Steuern zur kaiserlichen Kriegsführung beitragen musste, betroffen, aber man darf bezweifeln, dass der durch diesen Krieg hervorgerufene Eindruck so groß war, dass man bereits ein Jahr nach dem Friedensschluss eine Gedenkprägung herausgab. Deshalb ist es viel wahrscheinlicher, dass diese Münze an einen anderen Frieden erinnert, der genau 50 Jahre vor Prägung der Münze geschlossen wurde, an den Westfälischen Frieden von 1648, der den 30jährigen Krieg beendete.
Dieser schreckliche Glaubensstreit hatte Nürnberg beinahe an den Rand des Untergangs gebracht. Selbst ein halbes Jahrhundert später waren seine Folgen spürbar. Man könnte diese Münze vielleicht als den Appell einer inzwischen machtlosen Reichsstadt verstehen, an die schrecklichen Folgen des 30jährigen Krieges zu denken. Schließlich waren es auch in der frühen Neuzeit immer die Bürger, die das Machtstreben der Herrscher auszubaden hatten. Die kümmerte das allerdings wenig. Nur vier Jahre nach dem Ende des Pfälzischen Erbfolgekriegs begann der Spanische Erbfolgekrieg.
Platz 3
Mit einem Zuschlag von 95.000 Euro bekleidet der unike Reichstaler des Grafen Adolf von Bentheim-Tecklenburg-Rheda, geprägt 1618 in Freudenberg, gemeinsam mit dem Goldabschlag Platz 3.
Taler dieses Herrschers sind extrem selten. Er übernahm 1606 die Herrschaft. Adolf von Bentheim-Tecklenburg-Rheda ist wegen seines großen Interesses an der Architektur bekannt geworden. Wir kennen das Tagebuch seiner Kavalierstour, in der er ausführlich die von ihm besuchten Bauten schilderte. Gleich nach der Herrschaftsübernahme begann er mit dem Bau eines zusätzlichen Flügels für seine Residenz in Rheda. Ferner ließ er dort die evangelische Stadtkirche errichten. Adolf starb am 25. November 1623 und wurde in eben dieser Stadtkirche begraben. Besonders interessant ist die Tatsache, dass mit diesem Taler aus Bentheim-Tecklenburg-Rheda schon wieder ein Taler ein ungewohnt hohes Ergebnis erzielte. In unserem Nachbericht zur Juni-Auktion konnten wir ihnen mit dem für 180.000 Euro verkauften Lippischen Köterbergtaler den teuersten jemals verkauften deutschen Taler vorstellen. Das jetzt versteigerte Stück liegt in den MünzenWoche-Allzeit-Top-Ten immerhin auf Platz 7. Die Häufung so vieler Rekorde in diesem Jahr ist ein weiteres Zeugnis dafür, dass Covid-19 sich auf die im Münzhandel erzielten Preise auswirkt: Sie sind erheblich gestiegen.
Platz 2
Ein breiter doppelter Reichstaler von 1611 aus der Stadt Stralsund wurde mit einem Zuschlag von 110.000 Euro das zweitteuerste Stück der Auktion und damit gleichzeitig die teuerste je verkaufte Münze der Stadt Stralsund.
Nun sind Münzen von Stralsund sowieso nicht allzu häufig, doch von diesem Münztyp kennt das CoinArchive seit 2004 kein einziges weiteres Exemplar, während der Reichstaler von 1628 zwar nicht häufig ist, aber immer wieder einmal auftaucht. Ein dreifacher Reichstaler aus den Stempeln vom Reichstaler 1628 brachte bereits 2019 70.000 Euro, so dass es nicht überraschen darf, dass dieses Stück nun auf 110.000 Euro kletterte.
Platz 1
Das teuerste Stück der Auktion wurde mit 180.000 Euro Zuschlag die Goldene Ehrenmedaille des US-Kongresses, die Präsident Madison Alexander Macomb verlieh. Der Held der Schlacht von Plattsburgh war einer von nur 27 Männern, die für ihre Leistungen im so genannten Zweiten Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg (1812-1815) mit dieser Ehrung bedacht wurden.
Solche Medaillen werden bis heute vom amerikanischen Kongress verliehen, um bedeutende Personen zu ehren. Erstmals geschah dies im Jahr 1776, als General George Washington diese Ehrung empfing. Seitdem haben viele bedeutende Militärs und Zivilisten diese Medaille erhalten. Unter ihnen waren Neil Armstrong, Winston Churchill, Walt Disney, Thomas Edison, George Gershwin, Ulysses Grant, Martin Luther King, Charles Lindbergh, John Pershing, Frank Sinatra, Mutter Theresa, John Wayne und die Gebrüder Wright. Wer also eine dieser Medaillen kauft, hat damit ein authentisches Zeugnis der Geschichte – und der Werte – der Vereinigten Staaten in der Hand.
Überraschung der Auktion
Am Ende der Auktionswoche wurde der zweite Teil der Sammlung Samel versteigert. Er brachte das Siebenfache seiner ursprünglichen Schätzung, was sogar die Auktionatoren völlig überraschte. Der hauptsächliche Grund dafür dürfte gewesen sein, dass sich in diesem Teil der Sammlung Samel eine kleine Partie von Siegelsteinen befand, wie sie eigentlich kaum auf dem Markt angeboten werden. Mit anderen Worten: Man kannte keine Vergleichspreise, und in so einem Fall bleibt einem nichts Anderes übrig, als eine niedrige Schätzung anzusetzen. Die Taxen der Siegelsteine reichten deshalb von 150 bis 500 Euro, was für vergleichbar kunstlos gestaltete Gemmen aus dem römischen Bereich absolut korrekt gewesen wäre. Für Siegelsteine aus Palästina war das viel zu niedrig, vor allem sobald ägyptische Symbole ins Spiel kamen. Und so explodierten die Preise, besonders für drei Skarabäoide, also für Siegelsteine in Form des Mistkäfers, der den Ägyptern als heiliges Tier des ägyptischen Gottes Re für die Wiedergeburt der Morgensonne verantwortlich galt.
Der erste Skarabäoid aus Grünschiefer zeigte den Falken des Horus mit dem Ankh-Zeichen. Er kletterte von 500 auf 28.000 Euro. Der zweite aus grau-weißem Chalzedon gehörte einem Gamryahu, Sohn des Natan. Er stieg von der Schätzung mit 300 Euro auf 26.000 Euro. Das dritte Stück, dessen Zuschlag es zum teuersten Objekt des gesamten Katalogs 341 machte, war ein Siegelstein aus rotem Karneol, der einst einer Frau namens Saada gehörte und sowohl Ankh-Zeichen als auch Uräusschlage mit Doppelflügelpaar und der geflügelten Sonnenscheibe zeigte. Er realisierte statt seiner Taxe von 500 Euro beeindruckende 55.000 Euro.
Außer Konkurrenz
Zugegeben, wer kein Problem hat, Hunderttausende von Euro auszugeben, tut sich leicht, eine interessante Sammlung aufzubauen. Aber Münzensammeln kann man auch mit weniger Geld. Man muss allerdings nicht zwingend Millionär sein, um interessante Sammelobjekte zu kaufen. Für 130 Euro hätte ein Sammler in Auktion 339 diese Marke kaufen können. Sie ist ein Zeugnis dafür, wie man früher mit den Schwächsten der Gesellschaft umging und dass sich eigentlich gar nicht so viel geändert hat.
Der Krieg zwischen den Niederlanden und Spanien (1568-1648), den wir heute als Niederländischen Befreiungskrieg bezeichnen, brachte viel Elend für seine Opfer, gleich ob protestantisch oder katholisch. Viele Existenzen wurden vernichtet, und die Menschen taten, was sie auch heute noch tun: Sie verließen ihr Land, um andernorts ihren Lebensunterhalt zu finden. Münster lag damals nahe dem Kriegsgebiet und hatte mit den vielen Flüchtlingen zu kämpfen, die nach Arbeit fragten oder um Nahrung bettelten. Nun fühlten sich schon zu Beginn der frühen Neuzeit die Menschen überfordert, wenn allzu viele Flüchtlinge in ihren Alltag einbrachen und mit ihrem sichtbaren Elend das bürgerliche Wohlbehagen in Frage stellten.
Die Stadt Münster entschied sich deswegen im Jahr 1584/5, eine Armenordnung zu erlassen. Diese verbot es den stadtfremden Bedürftigen, in Münster zu betteln. Damit sollte sichergestellt werden, dass ausschließlich die Einheimischen in den Genuss der Almosen ihrer wohlhabenderen Mitbürger kämen. Gleichzeitig sollte es den Flüchtlingen den Grund entziehen, nach Münster zu kommen. Wer in der Stadt geboren war, konnte sich um ein Bettlerzeichen bewerben. Der Armenaufseher prüfte dann die Bedürftigkeit und übergab nach bestandener Prüfung dem erfolgreichen Bettler eine amtliche Marke. Sie erlaubte dem, der sie vorweisen konnte, in dem darauf genannten Kirchenspiel um milde Gaben zu betteln.
Leider machten die Kriege des 17. Jahrhunderts die Situation nicht besser, sondern schlechter. Münster blieb für auswärtige Bettler Sperrgebiet. Um die berechtigten Almosenempfänger von den Illegalen zu unterscheiden, gab es immer noch Marken. Unser Beispiel stammt aus dem Jahr 1699 und wurde für den Bezirk um die Kirche St. Ludgeri ausgegeben.
Dieses kleine Objekt steht dafür, dass die Sorgen der Menschen sich in all den vielen Jahrhunderten nicht entscheidend verändert haben. Dieser Einblick ist doch wirklich wesentlich mehr wert als die 130 Euro, die ihr neuer Besitzer für diese Marke geboten hat.
Alle Ergebnisse der Herbstauktionen finden Sie auf der Website von Künker.
Wenn Sie an einer Einlieferung interessiert sind, wenden Sie sich an die Kundenbetreuung von Künker, Nobbenburger Straße 4a, 49076 Osnabrück; Tel: 0541 / 962020; Fax: 0541 / 9620222; oder via E-Mail.