Die Top Ten der Künker Berlin-Auktion
Die Künker Berlin-Auktion ist jedes Jahr ein Höhepunkt. Auch diesmal waren eine Fülle von interessanten, hochseltenen und historisch bedeutenden Stücken vertreten. Dies schlug sich in den Zuschlagpreisen nieder. Das Gesamtergebnis der 1.077 Lose summierte sich auf 10 Mio. Euro. Hier finden Sie die bemerkenswertesten davon. Wir beschränken uns in diesem Nachbericht auf eine ausführliche Darstellung der „Top Nine“, da Platz 10 mit einem Zuschlag von 80.000 Euro gleich von drei Losen erreicht wurde:
Nr. 1 – Brandenburg-Preußen, Georg Wilhelm. 5 Dukaten 1627, Königsberg.
Nr. 375 – Mecklenburg, Johann Albrecht II. Doppelter Reichstaler 1616, Gnoien.
Nr. 784 – Frankreich, Louis XII. Ecu d’or au porc-épic o. J. (1507), Paris.
Platz 9:
85.000 Euro brachte der 40fache Dukat aus Brandenburg-Ansbach, den Karl Wilhelm Friedrich im Jahr 1754 auf die Vermählung seines Sohnes mit Friederike Caroline von Sachsen-Coburg-Saalfeld prägen ließ. Wahrscheinlich spielte das ungewöhnliche Nominal für den Preis eine entscheidende Rolle, genauso wie die Tatsache, dass es sich bei der Münze um ein Unikum handelt, das von NGC mit MS62 bewertet wurde. Nicht zu verachten aber ist auch der historische Hintergrund zu dieser Gedenkmünze: Sie erinnert an eine Heirat, die den Anfang vom Ende der Markgraftümer Brandenburg-Ansbach und Brandenburg-Bayreuth einläutete. Die Ehe zwischen Karl Alexander und Friederike wurde derart unglücklich, dass es nie zu dem erhofften Erben kam. Nach Friederikes Tod weigerte sich der Witwer, noch einmal eine dynastische Ehe einzugehen. Er verkaufte seine Herrschaft gegen eine Leibrente an Preußen, heiratete seine langjährige (und unstandesgemäße) Geliebte und zog sich nach Großbritannien zurück, wo er sich den Rest seines Lebens der Pferdezucht widmete.
Platz 7 (zweimal vergeben):
Mit einem Preissprung von 50.000 auf 95.000 Euro liegen zwei Stücke gleichauf und bekleiden so gemeinsam den 7. Platz.
Beim ersten Beispiel handelt es sich um eine der frühesten Medaillen der Numismatik, die ein zeitgenössisches Ereignis aufgreifen. Der französische König Charles VII. ließ 1455 eine silberne Prägung im Gewicht von gut 30 g herstellen, die an die Vertreibung der Engländer aus seinem Königreich erinnerte: Der 100jährige Krieg, der beinahe Frankreich und England unter einem König vereinigt hätte, hatte nämlich 1453 mit der Vertreibung der Engländer aus Bordeaux geendet. Lediglich Calais blieb noch bis 1558 unter englischer Kontrolle.
Und damit hätten wir eine perfekte Überleitung zu der zweiten Münze, die mit einem Zuschlag von 95.000 Euro den 7. Platz bekleidet, diese stammt nämlich vom großen Gegner aus dem 100jährigen Krieg, von den Engländern.
Es handelt sich um eines der derzeit so beliebten englischen 5 Guinea-Stücke aus dem Jahr 1686. Sammler und Anleger aus aller Welt lieben derzeit diese schweren Goldmünzen und sorgen so für ein gleichbleibend hohes Preisniveau. Künker konnte ein Prachtexemplar in der Erhaltung fast Stempelglanz anbieten, das Jakob II. zwei Jahre vor seiner Absetzung in der Glorious Revolution hatte prägen lassen. Dass viele das gerne in ihrer Sammlung gehabt hätten, dafür zeugt das Ergebnis.
Platz 6:
Und gleich noch einmal erreichten zwei Stücke dasselbe Ergebnis, nämlich 110.000 Euro. Wir vergeben die Plätze 6 und 5 hier getrennt, und zwar nach der Höhe des Sprunges von der Schätzung zum Zuschlag. Und damit kommt der auf 60.000 Euro geschätzte Doppeltaler des Georg von Braunschweig als Erzbischof von Bremen auf Platz 6.
Georg, der uns auf seiner Münze trotz seines Amts als Bremer Bischof ganz in weltlicher Kleidung gegenübertritt, gehörte zu der ersten Generation der Kleriker, die sich mit dem Gedankengut der Reformation auseinandersetzen mussten.
Als viertältester Sohn hatte er in der Kirche Karriere gemacht, übrigens, wie damals durchaus noch möglich, ohne jemals zum Priester geweiht worden zu sein. Er war einer der großen Pragmatiker der Reformation: Er gestattete seinen Bistümern Bremen und Verden die Einführung der Reformation, während er in dem von ihm seit 1554 verwalteten Minden die katholische Mehrheit tolerierte. Er selbst neigte dem protestantischen Glauben zu. Das wissen wir aber nicht, weil er lautstark zum Protestantismus konvertierte, sondern weil er sich auf seinem Totenbett das Abendmahl in beiderlei Gestalten reichen ließ.
Platz 5:
Von einer Schätzung mit 50.000 Euro kletterte der portugiesische Dobra Pé Terra des Fernando I. auf 110.000 Euro und damit auf Platz 5. Kein Wunder, die Münze ist äußerst selten und von großem numismatischem Interesse. Sie stammt aus einer umfassenden Münzreform, die Fernando I. für nötig hielt, um seine kostspieligen Kriege mit dem benachbarten Königreich Kastilien zu finanzieren.
Er behauptete, über die mütterliche Linie engere Verbindungen zur königlichen Dynastie von Kastilien zu haben. Deshalb kämpfte er gegen Heinrich von Trastámara, einen illegitimen Sohn des verstorbenen kastilischen Herrschers, der sich durch einen Brudermord an die Spitze Kastiliens katapultiert hatte. Fernando hatte zwar keinen Erfolg im Kampf um Kastilien, aber seine Münzreform prägte das portugiesische Münzwesen ein knappes Jahrhundert.
Die höchste Münze im gesamten System war der heute äußerst seltene Dobra Pé Terra zu 120 Soldos, dessen Münzbild in Anlehnung an französische Prägungen gestaltet wurde. Künker konnte ein Exemplar davon in herausragender Erhaltung anbieten. PCGS hatte das Stück mit MS63 gegradet. Darüber hinaus besaß die Münze eine hervorragende Provenienz: Sie stammt aus der Huntington Collection, die 2012 bei Sotheby’s versteigert worden war. Damit war sie Teil des wohl spektakulärsten Ensembles von Münzen der iberischen Halbinsel, das jemals auf den Markt kam. Die Hispanic Society of America hatte die Sammlung, die Jahrzehntelang von der ANS aufbewahrt worden war, versteigert, um andere Projekte zu finanzieren.
Platz 4:
Völlig überraschend kletterte eine Rarität aus der Anfangszeit der Herrschaft Napoleons von ihrer Schätzung mit 25.000 Euro auf 120.000 Euro! Wobei, so überraschend hätte es nicht sein sollen, denn von dieser Münze wissen wir mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, dass der kleine Korse sie persönlich in der Hand hielt.
Am 20. Ventôse des Jahres 11 – nach unserer Zeitrechnung dem 12. März 1803 – besuchte Napoleon die Pariser Münzstätte. Es war ein Überraschungsbesuch: Die Verwaltung erfuhr erst um 6.00 morgens, dass Napoleon plante, um 8.30 zu kommen. Nichtsdestotrotz scheint man dort mit dem Besuch gerechnet zu haben. Denn es dürfte auch in die Monnaie de Paris durchgesickert sein, dass eine Änderung des Münzgesetzes in Vorbereitung war, was einen Motivwechsel einschloss: Statt dem bisher üblichen Hercules zwischen zwei weiblichen Personifikationen sollte nun das Porträt des ersten Konsuls zu sehen sein.
Tatsächlich hatte einer der Stempelschneider, Pierre-Joseph Tiolier bereits den Vorderseitenstempel mit dem Porträt vorbereitet, während sein Konkurrent, der Chef-Graveur der Monnaie de Paris Jean-Pierre Droz, es vorzog, an diesem Tag zu hause zu bleiben. Ob es daran lag, dass Napoleon Tiolier anstelle von Droz zum Chef-Graveur machte? Jedenfalls wurden mit dessen Vorderseitenstempel vor den Augen Napoleons Medaillen geprägt. Napoleon erhielt das einzige goldene Stück, während die anderen Anwesenden wohl ein Exemplar in Silber geschenkt bekamen, das an diesen historischen Besuch erinnern sollte.
Der Stempel für das Porträt jedenfalls wurde, nachdem am 28. März 1803 das neue Münzgesetz erlassen worden war, für die reguläre Prägung weiterverwendet. Damit hat der Käufer des bei Künker angebotenen Stücks ein Objekt erworben, das auf einzigartige Weise mit der Geschichte der französischen Münzprägung verbunden ist.
Platz 3:
Das in der Auktion gleich darauf folgende Stück ist ebenfalls mit Napoleon verbunden. Es sprang von einer Schätzung mit 75.000 Euro auf 130.000 Euro. Ausschlaggebend waren dafür nicht nur die perfekte Erhaltung und die hohe historische Bedeutung, sondern auch die Tatsache, dass diese Medaille aus Napoleons Privatsammlung stammt.
1975 wurden nämlich unter dem Titel „Monnaie et Medailles Napoleoniennes“ die Münzen und Medaillen aus dem Besitz von Victor Bonaparte angeboten, der seinerseits die Sammlung Napoleons geerbt hatte, die aus den Belegstücken in Gold bestand, die dieser für seinen persönlichen Gebrauch erhalten hatte. Darunter befand sich unter Nr. 249 die Medaille, die nun bei Künker angeboten wurde. Wir dürfen also davon ausgehen, dass Napoleon Bonaparte sie im Jahr 1807 bewundernd in seiner Hand hielt.
Platz 2:
Und damit kommen wir in das ehemalige Habsburger Reich. Prägungen der Habsburger Erblande erleben zur Zeit einen Höhenflug, vor allem wenn sie aus seltenen Münzstätten stammen. Besonders beliebt sind Prägungen aus Siebenbürgen; deshalb war der 10fache Dukat mit dem Porträt Leopolds I., der 1695 in Klausenburg (Cluj-Napoca, heute die zweitgrößte Stadt Rumäniens) geprägt wurde, bereits mit 80.000 Euro geschätzt. Das war immer noch zu wenig. Der Zuschlag lautete 140.000 Euro!
Platz 1:
Nur ein einziges Stück wurde noch teurer, und erlebte gleichzeitig die größte Steigerung aller in der Auktion angebotenen Münzen: Von 25.000 Euro Schätzung auf einen Zuschlag von 220.000 Euro! Und das, obwohl die Erhaltung dieser Rarität lediglich ein gutes sehr schön war.
Doch die historische Bedeutung dieser Münze für die Geschichte des römisch-deutschen Reichs kann gar nicht mehr übertroffen werden: Es handelt sich um einen 10fachen Dukaten, den der Winterkönig Friedrich von der Pfalz im Jahr 1620 in Prag in Auftrag gab.
Und damit befinden wir uns historisch gesehen in der Anfangsphase des 30jährigen Krieges, der Europa nachhaltig veränderte. Die Auseinandersetzung um das Königreich Böhmen mit seiner Hauptstadt Prag stand an seinem Beginn. Nach dem Prager Fenstersturz sahen nämlich die protestantischen Kräfte in Böhmen die Möglichkeit, den katholischen Habsburger König durch einen Protestanten abzulösen – schließlich war Böhmen rein theoretisch eine Wahlmonarchie. Mit einem Protestanten auf dem böhmischen Thron hätten sich die Mehrheitsverhältnisse im Kurfürstenkolleg, das den deutschen Herrscher wählte, nachhaltig verschoben. Erstmals wäre eine Mehrheit für einen protestantischen Kaiser möglich gewesen.
Als aber Friedrich V. von der Pfalz am 26. August 1619 zum Böhmischen König gewählt wurde, stand bereits fest, dass ihn die protestantischen Reichsfürsten nicht unterstützen würden. Trotzdem ließ er sich am 4. November 1619 im Prager Veitsdom krönen. In den Monaten, die darauf folgten, muss das 10 Dukaten-Stück entstanden sein, das nun für 220.000 Euro den Besitzer wechselte.
Seinen zweiten Winter erlebte der König nämlich nicht mehr in Prag: Seine Truppen wurden in der Schlacht am Weißen Berg am 8. November 1620 vernichtend geschlagen. Der König musste fliehen. Seine Nachkommen wurden während des 30jährigen Kriegs geradezu zu Parias und hätten auf dem europäischen Parkett wohl keine Rolle mehr gespielt, hätte nicht eine der Töchter einen nachgeborenen, aber energischen Herzog von Braunschweig geheiratet…
Aber das ist eine andere Geschichte: Diese äußerst seltene Münze erinnert an die großen Hoffnungen, die Friedrich von der Pfalz hegte, als er in Prag ankam und der Ausgang des 30jährigen Krieges noch nicht feststand.
Wer Münzen kauft, erhält die Geschichte dahinter gratis. Und deshalb sind Münzen immer noch das beliebteste Sammelobjekt von allen.
Alle Ergebnisse finden Sie auf der Künker-Website: entweder im Onlinekatalog oder als PDF.
Die Künker Frühjahrs-Auktionen finden vom 16. bis 20. März 2020 statt. Der Katalog dazu kann bestellt werden bei Künker, Nobbenburgerstr. 4a, 49 076 Osnabrück; Tel: 0541 / 96 20 20; Fax: 0541 / 96 20 222; oder über E-Mail. Unter dieser Telefonnummer können Sie auch einen Termin vereinbaren, wenn Sie an einer Einlieferung interessiert sind.
Hier lesen Sie einen ausführlichen Vorbericht zu den Frühjahrsauktionen.