Fälschern auf der Spur

Aus einem irakischen Fernsehbericht: Die archäologische Polizei der irakischen Antikenverwaltung in Bagdad beschlagnahmt Antiquitäten.
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Gemeinsam arbeiten das British Museum und die britische Border Force an einem Fall, der das Augenmerk auf einen nur selten diskutierten Aspekt des Antiquitätenhandels wirft: Fälschungen.

Alles begann, als am 1. Juli 2019 am Londoner Flughafen Heathrow zwei Metallkoffer aus Bahrain als verdächtig eingestuft und geöffnet wurden. Zum Vorschein kamen 190 sauber verpackte Keilschrifttafeln und andere Artefakte aus dem Nahen Osten. Die zugeschalteten Experten für vorderasiatische Kunst des British Museum waren gleich skeptisch: Die Sammlung umfasste praktisch alle bekannten Typen von Keilschrifttafeln des antiken Mesopotamiens.

Gefälschte Keilschrifttafeln in ihren Verpackungen. © Trustees of the British Museum 2020.

Es war, als wäre das gesamte mesopotamische Schriftgut zu einer Lieferung zusammengetragen worden, um an einen schlecht informierten Käufer gebracht zu werden. Schnell wurde klar: Kein einziges Objekt war wirklich antik. Während einige Stücke recht authentisch wirkende Inschriftenanfänge und Schriftzeichen aufwiesen, waren die Reste der Texte ein Mischmasch aus zusammenhangslosen, verkehrtherum ausgeführten oder komplett erfundenen Schriftzeichen. Auch der verwendete Ton war für die Experten ausschlaggebend: Sämtliche Tafeln waren aus sehr ähnlichem Ton gefertigt, was bei den Objekten, die laut ihren Inschriften in einer riesigen Zeitspanne und an ganz unterschiedlichen Orten gefertigt wurden, schlicht nicht sein konnte. Dazu war der Ton nicht durch lange Hitze ausgetrocknet, sondern durch eine kurze Behandlung mit extremer Hitze, wie sie ein moderner Brennofen erzeugt. Schließlich stimmte auch die Größe und Dicke der Tontafeln nicht mit der von authentischen Stücken überein – ein häufiger Fehler von Fälschern, die mit Fotografien aus Büchern arbeiten.

Gefälschte Tontafeln, zur Bewertung ausgepackt. © Trustees of the British Museum 2020.

Es ist heute einfacher und billiger, solche Kopien anzufertigen, als mit dutzenden Arbeitern Raubgrabungen nach originalen Stücken zu unternehmen. Dazu sind Originale oft durch den Lauf der Zeiten beschädigt oder zerbrochen, was den Marktwert schmälert.

Angebot und Nachfrage bestimmen die Preise. Und das Angebot wird immer weniger: Heutzutage ist es extrem riskant geworden, in Ländern wie Irak oder Iran Raubgrabungen durchzuführen, denn in beiden Ländern wird dies als schweres Verbrechen geahndet, auf das die Todesstrafe steht. Lang vorbei sind die goldenen Tage des Raubgräbers, als im Nachgang des Irakkrieges 2003 in den chaotischen Verhältnissen im Südirak im großen Stil geraubt und geplündert wurde. Heute hat gerade der Irak eine hocheffiziente und bewaffnete archäologische Polizei, die Museen und Grabungsstätten rund um die Uhr bewacht.

Eine Auswahl an gefälschten Figuren. © Trustees of the British Museum 2020.

In diesem Fall hat jemand beschlossen, die Nachfrage des Schwarzmarktes mit Fälschungen zu bedienen, die als Originale ausgegeben wurden. Der Standort der Fälscherwerkstatt ist unbekannt, wird aber im Nahen Osten vermutet. Die Tonfälschungen an sich haben keinerlei Geldwert, doch wenn sie einem unvorsichtigen Käufer als authentische Sammlung angeboten worden wären, hätten sie für abertausende Pfund den Besitzer gewechselt.

Fälschungen von Keilschrifttafeln gibt es schon seit 200 Jahren, doch die Experten sehen hier eine neuen Typ von Fälschungen, die an einen neuen, leichtgläubigen Markt gerichtet sind. Dank der Bemühungen der Border Force und der Fachleute des British Museums sind die Täter damit nicht weit gekommen. Die beschlagnahmten Stücke werden stattdessen im British Museum zum Zwecke des Unterrichts verwendet. Sobald das British Museum wieder öffnet, werden einige Stücke zudem für eine kurze Zeit ausgestellt.

 

Eine ausführlichere Version dieses Berichtes ist in englischer Sprache verfügbar.

Der illegale Handel mit Kulturgütern macht tatsächlich nur einen verschwindend geringen Teil des weltweiten illegalen Handels aus, wie der Bericht der World Customs Organisation von 2018 zeigt. (Artikel in englischer Sprache).

Entgegen häufiger Behauptungen aus der Politik gab es bisher keinen Beweis für die Finanzierung des IS durch den Antikenhandel.

Lesen Sie auch, wie der internationale Kunstmarkt zum Buhmann des Kultursektors gemacht wurde (Artikel in englischer Sprache).