Fritz Rudolf Künker zum 70. Geburtstag: Eine Würdigung

Fritz Rudolf Künker bei der Einweihung des neuen Firmensitzes an der Nobbenburger Straße. Foto: UK.
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Angefangen haben sie eigentlich alle gleich, all diese Studenten, die in den 70er Jahren ihre Liebe zu den Münzen zu ihrem Beruf machten. Es war eine glorreiche Epoche! Nur das Wissen zählte! Es gab weder Preiskataloge noch das Internet. Wenn man vor den Tablaren anderer Münzhändler stand, um zu entscheiden, welcher Kauf einen gewissen Profit versprach, musste man ganz genau im Kopf haben, was wer wann für eine bestimmte Münze gezahlt hatte. Und es waren große Profite möglich in einer Zeit, als der Münzhandel noch lokal und nicht international war, in der die befürchtete Inflation die Münzpreise von Woche zu Woche in die Höhe trieb. Jeder, der damals über ausreichendes Wissen verfügte, konnte ein kleines Vermögen einfach damit machen, an einem Ort eine Münze zu kaufen, um sie an einem anderen Ort für einen deutlich höheren Preis zu verkaufen.

Wie gesagt, Fritz Rudolf Künker war Anfang der 70er Jahre einer von vielen. Doch während der größte Teil der anderen Münzhändler, die damals einstiegen, nicht über ihren Ein-Mann-Betrieb hinauskam (und vielleicht auch nicht hinauskommen wollte), gelang es ihm, eine Münzhandlung zu gründen, die den Münzhandel in Deutschland, ja sogar den internationalen Münzhandel nachhaltig geprägt hat.

Man darf sich durchaus fragen, warum das so ist. Zufall war es sicher nicht. Vielmehr besitzt „K1“, wie er liebevoll genannt wird, wenn Insider untereinander über ihn sprechen, eine seltene Kombination von Tugenden und Fähigkeiten, die ihn zu einer beherrschenden Gestalt des internationalen Münzhandels gemacht hat, auch wenn er selbst viel zu bescheiden ist, um das irgendeinen seiner Gesprächspartner spüren zu lassen.

 

Manfred Olding (l.) war fast zwei Jahrzehnte für Fritz Rudolf Künker (r.) tätig, ehe er seine eigene Münzhandlung gründete. Das Foto entstand anlässlich der IAPN Tagung in München im Jahr 2003. Foto: UK

Fritz Rudolf Künker – Der Teamplayer

Eine der größten Fähigkeiten von Fritz Rudolf Künker ist es, Talente zu erkennen, sie zu fördern und sie für seinen Zweck zu nutzen, und zwar durchaus im gegenseitigen Interesse. Es dürfte nicht viele Münzhändler geben, die gleich zu Beginn ihrer Karriere den eigenen Bruder ins Geschäft holen, um ihm einen Teil der Aufgaben zu übertragen…

Während viele Münzhändler die Kosten und die Verantwortung scheuen, das Unternehmen zu vergrößern und Mitarbeiter einzustellen, setzte „K1“ systematisch darauf, mit anderen zusammenzuarbeiten, die Dinge konnten, die er nicht konnte, die er selbst nicht tun wollte, oder für die er keine Zeit hatte. Natürlich hat das den Betrieb vergrößert und ihm diese unglaubliche Marktbeherrschung verschafft. Aber daneben hat Fritz Rudolf Künker eine ganze Reihe von Talenten entdeckt, die bei ihm den Münzhandel von der Pike auf gelernt haben. Etliche heute selbstständige Münzhändler haben ihre ersten Erfahrungen in der Firma Künker gemacht.

Wer außer Fritz Rudolf Künker hätte nach der Wende 1989 einer Leipziger Münzhändlerin das eigene Geschäft geöffnet, um ihr einen Einblick zu geben, wie der „westliche“ Münzhandel funktioniert? Die leider viel zu früh verstorbene Heidrun Höhn bekam im Hause Künker einen Crash-Kurs in westdeutscher Unternehmensführung, ehe sie in Leipzig ihre heute florierende Leipziger Münzhandlung aufmachte.

Es ist typisch, dass Fritz Rudolf Künker Konkurrenz nicht fürchtet, sondern mit ihr, wann immer es geht, zusammenarbeitet. Keine andere Münzhandlung, die ich kenne, hat so viele Kooperationen und Partner wie das Auktionshaus Künker.

Und natürlich trug Fritz Rudolf Künker auch bei den Verbänden seinen Teil bei, um die Sache der Numismatik zu fördern. Zwischen 1977 und 1986 war er der Präsident des VddM. Auch in der internationalen IAPN übernahm er immer wieder arbeitsaufwändige Ehrenfunktionen wie das Amt des Schatzmeisters oder – zusammen mit Alain Poinsignon – das Antifälschungskomitee. Und damit sind wir bei seiner nächsten Tugend angelangt.

 

Fritz Rudolf Künker – Der Diplomat

Der Münzhandel ist ein Geschäftszweig, der fast mehr noch wie die Banken von der Vertraulichkeit lebt. Sich in einer solchen Branche den Ruf der völligen Vertrauenswürdigkeit zu erarbeiten, ist eine Kunst, ein Glück und ein großes Verdienst. Fritz Rudolf Künker ist vertrauenswürdig. Jeder weiß, dass man ihm Interna anvertrauen kann, ohne dass sie weitergetragen oder gar ausgenutzt werden. Nur so war es Fritz Rudolf Künker möglich, eine Gruppe von Konkurrenten zu überzeugen, offen mit ihm über ihren besten Lieferanten zu sprechen. Durch das Abgleichen der dabei erhaltenen Informationen gelang es, den Münzfälscher Otto Wetzlaff zu entlarven, der mit seinen hervorragenden Fälschungen den seriösen Münzhandel um gewaltige Summen betrogen hatte.

Fritz Rudolf Künker ist aber nicht nur vertrauenswürdig, er ist auch diplomatisch. In einem Komitee, in dem er Mitglied ist, werden weniger Streitigkeiten entstehen, als in einem, dem er nicht angehört. Er schafft es immer wieder, Menschen dazu zu bringen, sich die Standpunkte des anderen anzuhören und darüber nachzudenken. Und er findet die richtigen Worte, um die im Streit gesträubten Federn zu glätten.

In einer Branche, in der so viele Egos aufeinanderstoßen, ist es eine Wohltat, mit jemandem zu verhandeln, bei dem nicht das Ego, sondern die Sache im Mittelpunkt steht. Ich habe Fritz Rudolf immer als einen Menschen kennengelernt, den man mit sachlichen Argumenten überzeugen konnte, wenn sie denn gut waren. Der zugab, wenn er sich geirrt hatte, und der die höchste Kunst von allen beherrschte, die Kunst sich zu entschuldigen, wenn er einem Unrecht getan hatte – und das auch bei Menschen, die für ihn geschäftlich nicht wichtig waren.

 

Der sprachgewandte Fritz Rudolf Künker

Eine ganz simple Fähigkeit gab Fritz Rudolf Künker in den ersten Jahren seiner Firmengründung einen unglaublichen Vorteil. Er hatte Romanistik studiert und sprach perfekt Französisch, was damals – außerhalb von Frankreich – nicht einmal eine Handvoll deutscher Münzhändler beherrschten. Natürlich hatte er damit einen besseren Zugang zum französischen Markt, wo in den 70er und 80er Jahren immer wieder alte und renommierte Sammlungen aufgelöst wurden.

Er fuhr regelmäßig in die Pariser Rue Richelieu und entwickelte ein freundschaftliches Verhältnis zu vielen französischen Münzhändlern, was – und so funktioniert der Münzmarkt nun einmal – dazu führte, dass er zu einem beliebten Geschäftspartner wurde, und das auf einem Markt, der vielen anderen, nicht französisch sprechenden Münzhändlern verschlossen blieb.

 

Der ehrliche Fritz Rudolf Künker

Als ich „K1“ das erste Mal bei einer Auktion sah, dachte ich: „Der hat den Erfolg in seinem Gesicht eingebaut. Wie kann ein Mensch nur so ehrlich dreinschauen?“ Es hat lange Jahre gedauert, bis ich verstanden habe, dass diese Ehrlichkeit, oder sagen wir besser Integrität, ein Teil von Fritz Rudolfs Persönlichkeit ist. Sein Wort gilt. Egal, was geschieht. Und das macht ihn zu einem berechenbaren Geschäftspartner, mit dem jeder gerne zusammenarbeitet.

Diese Integrität bedeutet aber auf keinen Fall das, was man am besten mit Arglosigkeit beschreiben könnte. Er ist nicht arglos. Im Gegenteil. Er kennt die Menschen und weiß, wie jeder einzelne seiner Geschäftspartner tickt. Er weiß, wo er vorsichtig sein muss, und auf wen er sich rückhaltlos verlassen kann.

Dass Fritz Rudolf Künker seine Pappenheimer kennt, und sie trotzdem mag, das dürfte wohl seine größte Tugend sein.

 

Fritz Rudolf Künker – Der Menschenfreund

Gehen Sie zu einer beliebigen Künker-Auktion. Dort, wo sich die Traube von Menschen gebildet hat, dort steht „K1“. Jeder Sammler fühlt sich geehrt, wenn er mit ihm sprechen darf. Kollegen suchen seine Aufmerksamkeit für ein Problem, Mitarbeiter für eine Entscheidung. Es ist anstrengend, immer im Mittelpunkt zu stehen. Fritz Rudolf Künker nimmt das mit einer stoischen Freundlichkeit hin.

Aufpassen muss man eigentlich nur dann, wenn er das über die Firma Künker hinaus bekannte „Jackett des Grauens“ trägt, eine Jacke, die er immer dann anhat, wenn er signalisieren will, dass er heute nicht so gut drauf ist, dass er mit Marginalitäten belästigt werden will. Aber auch das ist ein Zeichen der Menschenfreundlichkeit: Schlecht drauf ist schließlich jeder einmal. Und mit dieser kleinen Geste schützt „K1“ die anderen davor, eine potentiell grobe Reaktion von seiner Seite zu persönlich zu nehmen.

 

Bernd Kluge (l.), damals Direktor des Berliner Münzkabinetts, zusammen mit Fritz Rudolf Künker. Foto: UK.

Fritz Rudolf Künker – Der Mäzen

Es dürfte wohl keinen Autor, keinen Münzverein, kein Museum geben, das nicht wüsste, dass man sich vertrauensvoll an Fritz Rudolf Künker wenden kann, wenn man für eine numismatische Unternehmung Förderung braucht. Die Liste der Projekte, die mit Geld der Firma Künker mitfinanziert wurden, ist endlos. Das numismatische Leben im deutschsprachigen Raum käme zwar nicht zum Erliegen ohne die Firma Künker, aber es gäbe größere finanzielle Engpässe, und das bei zahlreichen Institutionen.

 

Leben und leben lassen

Daneben ist Künker ein nicht zu unterschätzender, zuverlässiger und großzügiger Kunde zahlreicher kleinerer Münzhandlungen, Auktionshäuser und Dienstleistungsunternehmen im numismatischen Bereich. Leben und leben lassen, das ist hier die Devise. Wer mit Künker zusammenarbeitet, weiß, dass man gute Leistung für gutes Geld bieten muss. Auf der anderen Seite wird die Laus nicht um den Balg geschunden. Die Firma Künker nutzt ihre Größe und Allgegenwärtigkeit nicht dazu aus, ruinöse Preise und Konditionen von ihren Geschäftspartnern zu verlangen.

 

Fritz Rudolf Künker – Der Spirit

2014 übergab Fritz Rudolf Künker die Geschäftsführung des von ihm aufgebauten Auktionshauses an seine Nachfolger Ulrich Künker und Dr. Andreas Kaiser. Sie sind jetzt zwar im juristischen Sinne für Künker verantwortlich, aber durch seine häufige Gegenwart sorgt „K1“ durchaus noch dafür, dass die Firma in seinem Sinne weitergeführt wird. Was wahrscheinlich gar nicht notwendig wäre. Seine Vorstellungen von Integrität, Kompetenz und Einsatz für das numismatische Allgemeinwohl sind so eng mit dem Hause verbunden, dass die Außenwelt Künker als einen monolithischen Block wahrnimmt, der diese Tugenden lebt.

Wenn sich die Welt der wissenschaftlichen Numismatik während des internationalen numismatischen Kongresses in Taormina im Jahr 2015 – mitten im Streit um das deutsche Kulturgüterschutzgesetz – so wortgewaltig hinter die Sammler gestellt hat, um der Politik zu signalisieren, dass Wissenschaft, Handel und Sammeln in der Numismatik eine Einheit bilden, dann ist das auch ein Verdienst von Fritz Rudolf Künker, der immer die Nähe zur wissenschaftlichen Welt gesucht hat.

Wenn die Politik im Streit um das Kulturgüterschutzgesetz so genau darauf hörte, was der Münzhandel zu sagen hatte, dann hat hier Fritz Rudolf Künker die Weichen gestellt. Es ist ein Geschenk, dass sein Sohn Ulrich das politisch-diplomatische Gen von seinem Vater geerbt hat.

Alle Kinder von Fritz Rudolf Künker sind in der Welt der Münzen tätig oder tätig gewesen. Und sie alle haben und werden weiterhin dazu beigetragen, die Welt der Münzen zu internationalisieren, zu gestalten und voranzubringen.

Fritz Rudolf, ich wünsche Dir alles Gute zum Geburtstag. Ich darf dies mit den Zeilen eines deutschen Kinderliedes tun: Wie schön, dass Du geboren bist. Wir hätten dich sonst sehr vermisst.

Die numismatische Welt wäre ohne Dich wesentlich ärmer.

Wenn Sie statt einer Würdigung lieber etwas über den Lebenslauf von Fritz Rudolf Künker gelesen hätten, dann schauen Sie doch in unserem numismatischen Who’s who nach.