Hellenistische Porträts

Andreas Pangerl (Hrsg.), Portraits. 400 Years of Hellenistic Portraits / 400 Jahre hellenistische Portraits. Staatliche Münzsammlung München, München 2020. 464 S. mit farbigen Abbildungen. 69 Euro.
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Was kann es Schöneres geben, als ein prächtiges Bilderbuch durchzublättern? Andreas Pangerl, der vielen schon von seiner Porträtgalerie römischer Kaiser bekannt sein dürfte, hat sich darangemacht, den Imperatoren Roms die Könige und Herrscher des Hellenismus an die Seite zu stellen und dabei seine Meisterschaft im Fotografieren erneut vorzuführen.

Da es in deutscher Sprache bisher kein Buch wie Davis – Kraay, The Hellenistic Kingdoms. Portrait coins and history, 1973 gibt, das vielleicht manchen als zu wissenschaftlich erscheinen mag, füllt Pangerls Buch geradezu eine Lücke. Es ist allerdings nicht ganz einsichtig, warum unter diesem Aspekt einige Beiträge auf Englisch verfasst wurden – auf Englisch, das nicht immer den sprachlichen Gepflogenheiten von Oxford und Cambridge entspricht und oftmals einen sehr individuellen Umgang mit dieser Sprache zeigt.

Hervorgehoben sei, dass das Buch sich nicht auf die Kernzeit des Hellenismus, die man gewöhnlich zwischen 323 v. Chr., dem Todesjahr Alexanders des Großen ansetzt, beschränkt, sondern den Zeitraum hellenistischer Porträts um ca. 100 Jahre vorher und 100 Jahre nachher erweitert, was nicht unbedingt 400 Jahre ergibt, wie es der Titel des Buches suggeriert. Vielleicht wird diese zeitliche Zugabe – die den Leser mit zahlreichen persischen Satrapen einerseits und mit den recht unbekannten Nachkommen des Herodes andererseits konfrontiert – mögliche Interessenten für dieses Buch dazu bewegen, es für den nicht gerade unbedeutenden Preis von 69 Euro zu erwerben.

Die Fotos sind gut fotografiert und von den Druckern prachtvoll wiedergegeben; das Layout ist äußerst ansprechend. Die Bilder erwecken Lust, mehr über die auf den Münzen Dargestellten zu erfahren, doch konnte der Autor sich nicht entschließen, uns mit deren aufregenden und oft auch kriminellen Lebensläufen zu konfrontieren. Er stellt sich damit in die Reihe von Literaturprofessoren, die heutzutage ihren Studenten die schrecklichen Ereignisse von Shakespeare-Dramen nicht mehr zumuten wollen. Anders zu verfahren wäre auch allzusehr in die Richtung des Buches von Davis und Kraay gegangen. Um diese Beschränkung erst gar nicht zum Manko werden zu lassen, konnte der Herausgeber eine Reihe von Wissenschaftlern gewinnen, Aufsätze über das hellenistische Porträt beizusteuern. Viele dieser Beiträge haben nur wenig mit den so schön fotografierten Münzen zu tun. Sie erweitern damit das Spektrum des Buches, und einige dieser Beiträge haben durchaus wissenschaftliche Qualitäten, so dass in diesem Buch für jeden etwas zu finden ist. Vielleicht ist das der Grund, warum die Staatliche Münzsammlung München dieses Buch dadurch geadelt hat, dass sie es in ihre Publikationsreihe aufgenommen hat.

Pangerls Buch ist ein weiterer Beweis dafür, was oftmals interessierte Laien und auch Sammler – von denen nicht wenige hervorragende Connaisseure sind – zu der Palette numismatischer Bücher beisteuern können. Der Bogen spannt sich von Friedrich Imhoof-Blumer über Hans von Aulock und Rudolf Hilbert, der vor kurzem ein sehr gelehrtes Corpus der milesischen Elektronmünzen vorgelegt hat, bis hin zu Andreas Pangerl, der uns mit diesem Coffee table book erfreuen möchte. Floreat diversitas!

 

Bestellen können Sie Publikationen der Staatlichen Münzsammlung München über deren Shop.

Solange das Museum und der Shop geschlossen sind, können Sie das Buch auch direkt über den Autor beziehen, schreiben Sie ihm einfach eine E-Mail.

Natürlich haben wir auch Andreas Pangerls Buch zur römischen Porträtkunst vorgestellt.

Und wenn Sie mehr über den Rezensenten erfahren möchten, finden Sie in unserem Who’s who das Porträt von Johannes Nollé.