Sammlungen und Raritäten bei der Heidelberger Münzhandlung
4.285 Lose enthält die Auktion 76 der Heidelberger Münzhandlung. Herbert Grün ist es einmal mehr gelungen, ein umfangreiches Angebot zusammenstellen, das ihm eine große Zahl treuer Sammler eingeliefert hat. Denn der Fokus der Heidelberger Münzhandlung liegt auf dem Kunden, der mit Begeisterung sammelt, auf beste Qualität achtet, aber nicht unbedingt ein Vermögen besitzt, das er in Münzen investieren kann. So reichen denn auch die Schätzungen von zweistelligen bis zu fünfstelligen Summen, und in dem vielfältigen Angebot ist für jeden etwas dabei. Wie immer kann Herbert Grün einige umfangreiche Spezialsammlungen offerieren, diesmal mit antiken Goldmünzen, Frankreich, Luxemburg, altdeutschen Talern, Münzen aus Braunschweig, Notgeld der Jahre 1914/5 und numismatischer Literatur. Dass es daneben viel Material aus Altdeutschland, dem Deutschland des 19. Jahrhunderts und des Deutschen Kaiserreichs gibt, ist bei der Heidelberger Münzhandlung geradezu selbstverständlich.
Antike
Eine umfangreiche Sammlung antiker Goldmünzen wird in Auktion 76 der Heidelberger Münzsammlung aufgelöst. Vom Regenbogenschüsselchen, über seltene syrakusanische Prägungen bis hin zur Oktodrachme des Ptolemaios Philadelphos ist alles dabei.
Geradezu spektakulär ist die Fülle an Aurei, die in dieser Sammlung enthalten waren. Sie sind zumeist sehr schön erhalten, und bieten deshalb die Möglichkeit, die großen Raritäten der römischen Münzprägung zu erschwinglichen Preisen zu erwerben. Es sind darunter eine Vielzahl seltener Münztypen vorhanden: Ob das Doppelporträt von Caligula und Germanicus oder von Vitellius und seinem Vater, ob die Reiseserie Hadrians, ob Sabina, Aelius, Trebonianus Gallus, Valerianus I. oder Gallienus, ob Constantius Chlorus oder Constantius Gallus – der Kenner findet eine reiche Auswahl von Münzen, teilweise mit exquisiten Provenienzen.
Spezialsammler werden sich an der kleinen Serie von Münzen des Postumus mit teilweise seltenen Rückseiten freuen. Ein Aureus, der auf der Rückseite das ewige Rom zeigt, ragt aus dem Angebot heraus.
Nicht vergessen sei die Tatsache, dass neben der Sammlung von antiken Goldmünzen eine Vielzahl attraktiver Münzen mit günstiger Schätzung angeboten werden, darunter zum Beispiel ein fast voll zentrierter Stater aus Aigina mit einer Wechslermarke im Feld links neben der Seeschildkröte. Das Stück ist mit bescheidenen 500 Euro geschätzt.
Enthalten sind in Auktion 76 insgesamt 31 Lose mit keltischen, 67 Lose mit griechischen, 364 Lose mit römischen, 4 Lose mit byzantinischen und 2 Lose mit orientalischen Münzen.
Spezialsammlung Frankreich
Rund 90 Lose mit Münzen aus Frankreich werden in Auktion 76 angeboten. Auch hier überwiegen die Goldmünzen, dazu gibt es eine Fülle von Medaillen in Gold, Silber und Bronze.
Wofür die Heidelberger Münzhandlung steht, wird besonders deutlich, wenn man sich das Angebot an Straßburger Münzen ansieht. Unter dieser Überschrift wird eine vorzüglich erhaltene halbe Pistole des Bischofs Ludwig Constantin von Rohan-Guéménée von 1759, geprägt in Oberkirch, versteigert, genauso wie ein bis jetzt unedierter Vierer ohne Jahr in der Erhaltung „sehr schön“. Das erste Stück mit 15.000 Euro geschätzt, das zweite mit 60. Numismatisch und historisch interessant sind sie beide.
Spezialsammlung Luxemburg
Von der Herrschaft Ermesindes (1196-1247) bis zu der des Großfürsten Jean (1964-2000) reicht das zeitliche Spektrum einer Sammlung von Münzen aus Luxemburg, die ca. 90 Lose umfasst. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Mittelalter, als Herrscher wie Johann der Blinde, Vater des großen Kaisers Karl IV., und Wenzel I., dessen Halbbruder, Weltgeschichte schrieben.
Neben diesen beiden Spezialsammlungen werden selbstverständlich Münzen aus ganz Europa, Übersee und dem Römisch-Deutschen Reich angeboten.
Altdeutschland
Der größte Teil des Katalogs 76 der Heidelberger Münzhandlung ist – wie nicht anders zu erwarten – den altdeutschen Münzen und Medaillen gewidmet. Unter dieser Überschrift wird auf die verschiedenen Gebiete verteilt eine umfangreiche Talersammlung aufgelöst, die zahlreiche Stücke in feinster Erhaltung auch aus dem 19. Jahrhundert enthält. Als Beispiel sei ein Vereinsdoppeltaler des bayerischen Königs Ludwig II. aus dem Jahr 1869 genannt. Es handelt sich um einen außergewöhnlich fein erhaltenen Erstabschlag, der mit 10.000 Euro taxiert ist.
Zwei weitere Seltenheiten sind der so genannte Jagdtaler der Stadt Lüneburg, geprägt um 1620, der weder im Davenport zu finden ist, noch in der Sammlung des Freiherrn Wilhelm Knigge lag, die 1929 bei Sally Rosenberg versteigert wurde, (Taxe: 20.000 Euro) und der äußerst seltene Taler Johanns I. von Pfalz-Zweibrücken-Veldenz mit dem Linksporträt. Das mit 20.000 Euro geschätzte, prachtvoll erhaltene Kabinettstück aus der Auktion Leu 73 ist noch wesentlich seltener als der in Auktion Heidelberger Münzhandlung 75 verkaufte Taler desselben Fürsten mit Frontalporträt. Das damals mit 10.000 Euro geschätzte Stück brachte 34.000 Euro. Wie viel der wesentlich seltenere Taler mit Linksporträt bringt, wird die kommende Auktion zeigen.
Wilde Männer
273 Lose mit Münzen der verschiedenen Braunschweiger Linien werden in Auktion 76 angeboten. Die meisten von ihnen zeigen auf der Rückseite einen Wilden Mann mit Baumstamm und einer Bekleidung aus Laub. Damit beziehen sie sich auf die Bergwerksstadt „Wildemann“ und ihre Gründungslegende. 1529 sollen nämlich Bergleute, die ausgesandt worden waren, neue Erzvorkommen zu finden, einen Wilden Mann entdeckt haben, der mit einer Wilden Frau zusammenlebte. Sie fingen ihn mit Waffengewalt, so dass er an seinen Verletzungen starb. Am Ort seiner Behausung fanden sich große Silbererzvorkommen.
Wahrscheinlich nimmt diese Sage Bezug auf die weit verbreitete Idee, dass ein großer Schatz seinen Hüter hat, der getötet werden muss, ehe man ihm seinen Besitz abnehmen kann. Sie fand ihren numismatischen Niederschlag in den unzähligen Talern und Goldmünzen, die in unterschiedlicher Art und Weise den wilden Mann abbilden.
Frankfurt am Main
Rund 140 Lose von Münzen und Medaillen bilden eine kleine Serie Frankfurt am Main. Neben Auswurfsmünzen und -jetons anlässlich der Krönung der römisch-deutschen Könige entdeckt der Kenner zahlreiche Taler mit dem Stadtwappen sowie eine Vielfalt von seltenen Kleinmünzen und Münzen mit Stadtansicht. Besonders die Münzen des 19. Jahrhunderts werden reichlich in ausgezeichneten Erhaltungen angeboten.
Schließen wir unseren Bericht über die Münzen aus Altdeutschland mit einem perfekten Taler des Sylvius Friedrich von Württemberg-Oels aus dem Jahr 1675. Das Kabinettstück, das den Herzog mit barocker Allongeperücke zeigt, ist mit 10.000 Euro geschätzt.
Münzen des Deutschen Kaiserreichs
Natürlich bietet Auktion 76 auch die Spezialität der Heidelberger Münzhandlung: Münzen des Deutschen Kaiserreichs in perfekter Erhaltung. Gute Beispiele dafür sind:
- Württemberg. 3 Mark 1916 zum 25jährigen Regierungsjubiläum. Übliche winzige Randfehler, mattiert, PP (Taxe: 5.500 Euro)
- Mecklenburg-Strelitz. 20 Mark 1874. Stempelglanz (Taxe: 30.000 Euro)
- und Reuss, Jüngere Linie. 10 Mark 1882. Stempelglanz (Taxe: 30.000 Euro)
Spezialsammlung: Notgeld der Jahre 1914/15
In Auktion 76 bietet die Heidelberger Münzhandlung eine mit 188 Losen umfangreiche Serie von Notgeldscheinen der Jahre 1914 und 1915 an. Bei allen angebotenen Stücken handelt es sich um große Seltenheiten, um die Toppstücke einer weit umfangreicheren Sammlung. Wenn man wissen will, wie selten diese Raritäten sind, genügt der Hinweis, dass um die 70 Ausgaben nicht einmal in dem unter dem Namen „Keller / Dießner“ bekannten Standardkatalog für Notgeldscheine 1914/5 gelistet sind.
Wenn man wissen will, warum die Stücke geldhistorisch interessant sind, muss man nur genau hinsehen. „Gutschein für 20 Mark, zahlbar nach Eintritt normaler Verhältnisse“: diese Botschaft liest man auf einem Notgeld-Schein der Spar- und Darlehenskasse der elsässischen 1.600 Seelen-Gemeinde Felleringen. Der kleine Ort, der seine Geschichte bis in die Zeit Karls des Großen zurückverfolgen kann, litt während der ersten Kriegsmonate genauso wie viele andere Städte und Gemeinden im Deutschen Reich an einem erheblichen Bargeldmangel.
Schuld daran war die Mobilmachung. Das Elsass gehörte genauso wie die der deutsche Osten zu den primären Aufmarschgebieten des Heeres. Es versammelte sich also dort an den zu erwartenden Fronten eine große Zahl von Männern, die in ihrer Freizeit durchaus als Konsumenten auftraten. Damit vermehrte sich in diesen Gebieten der Kreis derer, die Münzen für ihre alltäglichen Einkäufe brauchten, in einem Tempo, bei dem die regionale Geldversorgung nicht mithalten konnte. Kein Wunder, dass besonders viele dieser frühen Notgeldscheine aus dem Elsass und dem Osten stammen.
Da die aus wertvollen Edel- und Buntmetallen geprägten Münzen bald als kriegswichtiges Material in ganz Deutschland eingezogen wurden, kam der Mangel vor allem an Kleingeld bald auch in den anderen Bundesländern an. Dort behalfen sich private Firmen, Läden, Vereine und Gemeinden ebenfalls mit der Ausgabe von Wertschriften, wie dieses hübsche Beispiel von 50 Pfennigen der Löwen-Apotheke in Flensburg, die der Eigentümer mit einem aufwändigen Siegel und seiner Unterschrift gegen Fälschung absicherte.
Diese Gutscheine und Wertschriften hatte keinerlei rechtliche Grundlage. Dennoch wurden sie weithin akzeptiert, war es doch die einzige Möglichkeit, den geregelten Zahlungsverkehr aufrecht zu erhalten.
Dass bald ganz andere Mengen an deutschem Notgeld mit ganz anderen Werten ausgegeben werden mussten, werden sich wohl die wenigsten Nutzer der ersten Scheine haben vorstellen können. Sie sind deshalb ein wichtiger Bestandteil der deutschen Wirtschaftsgeschichte und ein Zeugnis für die Auswirkungen, die der Erste Weltkrieg auf die Zivilbevölkerung hatte.
Die Auktion Heidelberger Münzhandlung 76 schließt mit einem umfangreichen Angebot an Literatur zur antiken Numismatik. Es handelt sich fast ausschließlich um Bücher, die für die Münzbestimmung wichtig sind.
Der Katalog kann zum Schutzpreis von 12,50 Euro bezogen werden bei Heidelberger Münzhandlung Herbert Grün, Gaisbergstr. 40, 69115 Heidelberg; Tel: ++49 / 6221 / 65 2970; Fax: ++49 / 6221 / 65 297-29; E-mail: oder über http://www.hdmhg.de/pgs/Katalog/online/Katalog%2075/Kat75.html
Unter dieser Adresse ist der Katalog auch im Internet einsehbar, genauso wie unter Sixbid (Teil 1 und Teil 2) und Numisbids.